WIZO

Kinderklo und Kacheln

Im Grunde», sagt Diana Schnabel, «ist die WIZO doch vor allem ein lebendiger Beweis dafür, was Frauen gemeinsam auf die Beine stellen können.» Und die Betonung liegt bei der amtierenden Präsidentin der Women’s International Zionist Organization (WIZO) Deutschland ganz deutlich auf dem Wort «gemeinsam». «Man kann noch so tolle Ideen haben. Was nützt es, wenn sich keine Helferinnen finden, um sie zu verwirklichen?», sagt Schnabel mit Überzeugung.

Doch an Unterstützung fehlt es bei der WIZO wirklich nicht: 250.000 Frauen aus mehr als 50 Ländern haben sich weltweit in diesem 1920 gegründeten Netzwerk organisiert und finanzieren in Israel insgesamt 800 soziale Projekte, darunter 180 Kindertagesstätten. 16 Einrichtungen werden allein durch Spenden aus der Bundesrepublik unterhalten, damit steht die deutsche WIZO-Sektion weltweit auf Platz vier, hinter Großbritannien, der Schweiz und den USA. Und dieser Erfolg hat einen Grund: den unermüdlichen Einsatz vieler engagierter Frauen in den acht deutschen WIZO-Gruppen in Berlin, Darmstadt, Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Köln, München und Stuttgart.

Vollzeitjob Doch verbirgt sich hinter diesen beeindruckenden Zahlen, wie Diana Schnabel ganz uneitel sagt, auch «jede Menge Kleinkram». Und zwar so viel Kleinkram, dass er sich am Ende zu einem – natürlich ehrenamtlichen – Vollzeitjob addiert. Wöchentlich treffen bei Diana Schnabel Hunderte von E-Mails ein, von Sponsoren, von Spendern, vom Head Office in Israel. Sie alle wollen beantwortet sein, denn der Erfolg der zionistischen Frauenorganisation beruht vor allem auf Vertrauen, auf persönlichem Kontakt.

Aber: «Das geht nur mit Zeit. Das geht nur im Team», sagt sie. «Doch es funktioniert und es macht auch Spaß, weil wir uns aufeinander verlassen können.» Immer finden sich Freiwillige, die zum Beispiel den Saal für ein Kinderfest dekorieren, Thekendienst am Falafel-Stand oder Kuchenbuffet übernehmen und Lotterielose verkaufen. «Über Nachwuchsprobleme können wir uns nicht beschweren», erzählt die Präsidentin.

So haben sich in der «Young WIZO» ganz aktuell die 25- bis 40-Jährigen zusammengeschlossen, mittlerweile wurde außerdem an der Frankfurter Lichtigfeld-Schule eine Schul-WIZO für Mädchen der achten und neunten Klasse gegründet. Zusätzlich unterstützen in der WIZO-Deutschland-Zentrale im Frankfurter Westend eine Vollzeit- und eine Halbtagskraft die Präsidentin bei der Bewältigung der vielen Büroarbeit. Zwei Tage in der Woche arbeitet sie selbst von morgens bis abends dort. Viele Stunden verbringt sie aber auch an ihrem Schreibtisch daheim, verfasst Grußworte, telefoniert. Oder sie besucht die Veranstaltungen der WIZO-Gruppen in anderen Städten. Ohne einen verständnisvollen Partner ginge das alles nicht.

Warum tut sie sich das an? Sie könnte sich doch entspannen, mit ihrem Mann auf Reisen gehen oder lange Spaziergänge mit ihrer Hündin unternehmen. Die Antwort fällt der 58-Jährigen leicht: Es ist das «Z» im Namen. «Ich war schon als Kind Mitglied in zionistischen Organisationen. Israel ist Teil meiner jüdischen Identität.»

Anfangs war es vor allem ihre langjährige Freundin und Vorgängerin im Amt, Rachel Singer, die sie motiviert habe, sich bei der WIZO zu engagieren. «1982 bin ich eingetreten. Hochschwanger stand ich auf dem WIZO-Ball und durfte Programmhefte verteilen.» Doch es ist auch das «Z» im Namen, das es andererseits immer schwieriger macht, außerhalb der jüdischen Gemeinschaft Geld für Israel zu sammeln.

Zionismus Denn in den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland eine kritische bis ablehnende Haltung gegenüber diesem Land fest etabliert, «Zionismus» gilt vielerorts als Schimpfwort, wie die Aussagen des türkischen Ministerpräsidenten gerade erst vor wenigen Tagen gezeigt haben, der diese Bewegung mit dem Faschismus gleichsetzen wollte.

Vor allem aber: Spendenbereitschaft kommt nicht von selbst. Es sind die vielen Kinderfeste, Lesungen, Konzerte, Galas und Bälle, die den Rahmen und die Atmosphäre schaffen, in der Großzügigkeit gedeiht. Und das Geld wird dringend benötigt. Wie zum Beispiel für die Kindertagesstätte in Bat Yam, einer aufstrebenden Kleinstadt in der Nähe von Tel Aviv, in der viele Neueinwanderer leben. Bereits 1976 hat die WIZO hier eine Tagesstätte eröffnet, dank der Erbschaft, die die Berlinerin Marie Sternberg ihr hinterlassen hatte.

«Wenn wir so eine Einrichtung schaffen, dann fühlen wir uns für sie ein Leben lang in der Verantwortung», erklärt Schnabel. «Das ist keine juristische Verpflichtung, sondern eine des Herzens.» Doch mittlerweile ist die Küchenzeile verrottet, die Fenster schließen nicht mehr richtig, die Sanitäranlagen müssen dringend erneuert werden. 150.000 bis 200.000 Euro, so schätzt die WIZO-Deutschland-Chefin, werde man benötigen.

Sanierung Aber: «Verschrammte Waschbecken, kaputte Bodenfliesen, rostige Leitungen will niemand sehen. Sammeln Sie mal dafür Geld. Das ist nicht sexy», sagt sie ganz offen. Drei oder vier Jahre, so rechnet Schnabel, wird es dauern, bis die Sanierung abgeschlossen werden kann. Beharrlichkeit und grenzenloser Optimismus sind hier vor allem gefragt. Auf Ruhm und Anerkennung darf man kaum hoffen, wenn es um neue Kinderklos und Kacheln geht.

Doch Wohltätigkeit ist nicht alles, was die Frauen bei der WIZO miteinander verbindet: Auf Kongressen und Tagungen reflektieren sie ihre Stellung als jüdische Frauen in Deutschland, in Europa und praktizieren einen Feminismus, der ohne jede Männerfeindlichkeit auskommt. Aber wenn eben wieder einmal Kuchen für ein Kinderfest gebraucht werden – «dann», sagt Diana Schnabel, «machen wir natürlich auch das».

WIZO-Deutschland e.V., Konto: 0200 325 221, Frankfurter Sparkasse (BLZ 500 502 01)

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024

Essay

Steinchen für Steinchen

Wir müssen dem Tsunami des Hasses nach dem 7. Oktober ein Miteinander entgegensetzen

von Barbara Bišický-Ehrlich  16.04.2024

München

Die rappende Rebbetzin

Lea Kalisch gastierte mit ihrer Band »Šenster Gob« im Jüdischen Gemeindezentrum

von Nora Niemann  16.04.2024

Jewrovision

»Ein Quäntchen Glück ist nötig«

Igal Shamailov über den Sieg des Stuttgarter Jugendzentrums und Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  16.04.2024

Porträt der Woche

Heimat in der Gemeinschaft

Rachel Bendavid-Korsten wuchs in Marokko auf und wurde in Berlin Religionslehrerin

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.04.2024