Ehrung

Jugend erinnert

Mit dem Simon-Snopkowski-Preis werden junge Menschen ausgezeichnet, die sich bei der Erinnerungsarbeit für die Schoa besonders engagiert haben. In diesem Jahr wurde er zum dritten Mal verliehen. Zu den Preisträgern zählen die 4. Klasse der Grundschule St. Martin in Mallersdorf-Pfaffenberg und Schülerinnen der Maria-Ward-Realschule in Bamberg. Bei einem Festakt im Kaisersaal der Münchner Residenz wurden sie geehrt. Einen Ehrenpreis erhielt der Regisseur Michael Verhoeven.

»Unser Anliegen ist es, junge Leute zu motivieren, sich mit der Geschichte zu befassen. Sie müssen Eigenverantwortung lernen«, betonte die Initiatorin des Preises und Vorsitzende der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition, Ilse Ruth Snopkowski. Sie begrüßte die Gäste, darunter auch frühere Träger des nach ihrem Mann Simon Snopkowski sel. A. benannten Preises. Simon Snopkowski hatte stets den Dialog gesucht und wollte das Gedächtnis an die Schoa lebendig halten sowie Brücken zur Verständigung bauen.

Beispiele Wie gut das den Jugendlichen gelingt, bestätigen nicht nur die zahlreichen Bewerbungen für die alle zwei Jahre ausgelobte Auszeichnung. Ein beeindruckendes Beispiel dafür gaben auch die beiden Schulklassen, die ihre Arbeiten vorstellten. Diese würdigte Kultusminister Ludwig Spaenle: »Die Lehrkräfte und die Schüler dieser beiden Schulen tragen mit ihren Projekten dazu bei, dass ein Verbrechen vom Ausmaß der Schoa nie wieder stattfindet«, so der Minister. Sie hätten sich das Gründungsvermächtnis der Mütter und Väter des Grundgesetzes, dass ein solches menschenverachtendes Verbrechen wie der nationalsozialistische Terror nie wieder geschehen dürfe, zum eigenen Auftrag gemacht. Beide Schulen setzten mit ihrer pädagogischen Arbeit unmittelbar Bildungsziele um, die die Bayerische Verfassung vorgibt, nämlich die Achtung vor der Würde des Menschen sowie die Erziehung zu Demokratie und Völkerversöhnung.

Der 4. Klasse der Grundschule St. Martin hatte der jüdische Friedhof in Steinrain dazu gedient, kritische Fragen zum Schicksal von Juden in ihrer Heimat zu stellen, unter anderem zum Todesmarsch von KZ-Häftlingen aus Buchenwald. Bei der Moderation ihrer Arbeit stellte Armand Presser an Hand vieler Fotos die Recherchearbeit der Kinder vor.

Auf den Fotos von Häftlingen, die sich auf ihrem Todesmarsch in einer Scheune bei Mallersdorf versteckt hatten, erkannte eine Besucherin einen Verwandten. Klar, dass sie später den Zeitzeugen, der die Rettungsaktion miterlebt hatte, ansprach. Ein Besuch in Mallersdorf wurde gleich vereinbart. Der Zeitzeuge, wiewohl 1945 noch ein Kind, kann sich gut an das Geschehen von damals erinnern und auch daran, in welche gefährliche Situation sich Eltern und Großvater mit ihrer Hilfe für die Versteckten gebracht hatten.

Eindrücke Die Bamberger Realschülerinnen hatten sich im Wahlfach »Politik und Zeitgeschichte«, ausgehend von Tagebuchaufzeichnungen einer ehemaligen Schülerin ihrer Realschule, mit dem nationalsozialistischen Terrorregime auseinandergesetzt. Das Mädchen konnte dem sicheren Tod im KZ entkommen und über England in die Vereinigten Staaten flüchten.

Die Schüler waren nicht nur tief beeindruckt von der Atmosphäre im Kaisersaal und der Ehre, für ihr Engagement ausgezeichnet zu werden. Besonders die Grundschüler genossen auch die Begegnung mit großen Vorbildern wie dem Regisseur Michael Verhoeven und seiner Frau Senta Berger, von denen sie sich eifrig Autogramme geben ließen. Auch die Erwachsenen zeigten sich von der Anwesenheit Verhoevens beeindruckt. Sie sahen Ausschnitte aus seinen Filmen unter anderen vom Schrecklichen Mädchen und der Weißen Rose. Michael Verhoeven erhielt den Simon-Snopkowski-Ehrenpreis für sein filmisches Engagement. Der Filmemacher konfrontiere sein Publikum immer wieder mit der deutschen Geschichte und leiste so wertvolle Erinnerungsarbeit.

Als Laudator würdigte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude Verhoeven als einen historischen Erzähler mit »sensiblem zeitgeschichtlichem Gewissen für unser Land«. Er unterstütze vor allem die Zivilcourage.

Erfahrungen Verhoeven betonte in seiner Dankesrede, dass der Preis eigentlich für die Jugend ins Leben gerufen worden sei: »Ich hätte mir gewünscht, ich hätte als Kind ebensolche Erfahrungen gehabt.« Seine Kindheit verlebte er im zerbombten Nachkriegs-München. Damals spielte er in den Ruinen des Baus, in dessen Kaisersaal die festliche Preisverleihung stattfand. Der anschließende Empfang bot den Gästen des Abends noch lange Gelegenheit sich über Gestern und Heute, über Zivilcourage und Demokratie zu unterhalten.

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025