Dresden

Jüdisches Museum an der Elbe

Einigkeit herrschte am 11. Mai unter den anwesenden Stadträten von SPD, CDU, Linkspartei, FDP und Bündnis 90/ Die Grünen, dass in Dresden ein jüdisches Museum gegründet und der »Alte Leipziger Bahnhof« als Gedenkort für die Opfer der Schoa erhalten werden solle. Ob aber das Museum einmal in dem klassizistischen Baudenkmal beheimatet sein wird, darüber gehen die Meinungen noch auseinander.

Das etwa neun Hektar umfassende Areal des ehemaligen Güterbahnhofs »Dresden Neustadt«, auf dem das Baudenkmal steht, gehört nach wie vor einem privaten Investor. Dieser wollte hier ein großes Einkaufszentrum errichten. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen hat das Dresdner Stadtparlament diesen Plan jedoch gestoppt. Verhandlungen mit dem Eigentümer über alternatives Bauland laufen noch.

Klar ist bisher nur, dass in der Leipziger Vorstadt ein attraktives Wohngebiet mit Gewerbe und Kultur entstehen soll. Dafür gibt es derzeit jedoch noch nicht einmal einen Masterplan.

Die Außenmauern der zentralen Empfangshalle und der Seitenflügel des »Leipziger Bahnhofs« sind noch erhalten.

Auch wenn Corona-Krise und Haushaltssperre der Stadt eine Finanzierung des Museums noch ungewisser erscheinen lassen, geht es jetzt darum, die richtigen Weichen zu stellen. Zwar ist das einzigartige Denkmal deutscher Eisenbahngeschichte im Laufe der letzten 30 Jahre zur Ruine verfallen, doch sind die Außenmauern der zentralen Empfangshalle und der Seitenflügel zumindest substanziell erhalten. Und immerhin hat der Investor kürzlich ein Notdach errichten lassen.

Ein vor Jahren im Glockentürmchen über den Eingangsportalen angebrachter Davidstern verweist auf die Geschichte dieses Ortes als Ausgangs- und Durchgangsbahnhof der Deportation von Juden in die Vernichtungslager; 1942 zunächst nach Riga, ab 1943 nach Auschwitz.

Dass die Stadträte über das Projekt diskutierten, ist ein entscheidender Schritt hin zu einem Stadtratsbeschluss.

Dass die Stadträte erstmals gemeinsam über das Projekt diskutierten, ist ein entscheidender Schritt hin zu einem Stadtratsbeschluss. Der Oberbürgermeister solle beauftragt werden, zeitnah mit dem Freistaat Sachsen, der Deutschen Bahn sowie dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Sachsen Gespräche zu einem Jüdischen Museum zu führen, heißt es in dem Beschlussvorschlag.

MUSEUMSKONZEPT Dabei ginge es neben den Eigentumsverhältnissen des Geländes auch um ein mögliches Museumskonzept. Das in den Alten Leipziger Bahnhof zu integrierende Museum solle die Geschichte der Juden in Dresden, Sachsen, Mitteldeutschland und im Dreiländereck Tschechien-Polen-Deutschland dokumentieren und vermitteln. Es könne so einen wichtigen Beitrag zu politischer und kultureller Bildung leisten, hoffen die Stadträte.

Die Ausstellung soll Besucher gerade mit der Vielfalt jüdischen Lebens in Berührung bringen. Die düstere Vergangenheit des Ortes ist dabei nur ein Teil jener jahrhundertelangen Geschichte, in der unterschiedliche religiöse und weltliche Vorstellungen der Menschen aufeinandertrafen.

Während etwa im 19. Jahrhundert Gegner einer Gleichstellung der sächsischen Juden mit deren Befürwortern stritten, lebten in Dresden und Leipzig bereits zahlreiche Juden, die fest in die Gesellschaft integriert waren. Der Bau großer Synagogen in beiden Städten zeigte, wie selbstbewusst sie ihren Platz neben den Christen einnahmen, selbst wenn sie die vollen Bürgerrechte noch nicht erlangt hatten.

Die Bauarbeiten am Kopfbahnhof in der Leipziger Vorstadt begannen 1838 zeitgleich mit der Synagoge im Zentrum der Dresdner Altstadt. Vollendet wurde die auch mit jüdischem Kapital errichtete erste deutsche Fernbahnstrecke nach Leipzig im April 1839. Ein Jahr später, am 8. Mai 1840, weihten die Dresdner Juden ihr von Gottfried Semper erbautes Bethaus ein.

Geschichten, die in einem Museum genauso erzählt werden müssen, wie die der Neugründung der jüdischen Gemeinde nach 1945 oder die Ankunft der ersten Zuwanderer aus der Sowjetunion vor 30 Jahren.

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025