Herr Kurockin, am Sonntag findet das erste Treffen des Jüdischen Studierendenverbands Berlin statt – warum erst jetzt?
Auf Landesebene sind wir tatsächlich einer der letzten Verbände, die sich gegründet haben! Das liegt auch daran, dass jüdische Studierende in Berlin bereits auf viele Strukturen zurückgreifen können: In der Hauptstadt gibt es verschiedenste jüdische Projekte, Vereine und Gemeinden – und auch der Sitz der überregionalen Jüdischen Studierendenunion Deutschlands (JSUD), ist hier. Trotzdem gab es bisher keinen Verbund, der mit einer gemeinsamen Stimme für Studierende in Berlin sprechen konnte. Das wollen wir jetzt ändern.
Wer ist »wir«?
Unser Gründungsvorstand besteht zunächst aus fünf Engagierten: Nogah Wank Avdar, Sharon Frankfurt, Deborah Kogan, Daniela Levi und ich. Wir sind ein demokratischer Verbund aus jungen jüdischen Menschen für junge jüdische Menschen. Wir vertreten uns: Leute aus den verschiedensten Blasen, die alle 18 bis 35 Jahre alt und jüdisch sind, in Berlin studieren, eine Ausbildung machen oder bereits anfangen zu arbeiten. Zu unserem ersten Treffen haben sich Leute aus allen Richtungen angemeldet. Es ist natürlich nie möglich, eine so diverse Gruppe perfekt zu repräsentieren. Aber wir haben schon den Anspruch, für sie sprechen zu können. Jeder kann sich bei uns engagieren, Verantwortung übernehmen und mitdiskutieren, ob und wie wir uns zu bestimmten Dingen positionieren.
Wollen Sie auch eine politische Stimme sein?
Auf jeden Fall! Der Antisemitismus an Berliner Hochschulen hat in den vergangenen zwei Jahren ein Ausmaß angenommen, das es unbedingt erfordert, zu handeln. Wenn Studierende bedroht oder sogar, wie im Fall von Lahav Shapira, im Unikontext verprügelt werden, dann muss es eine jüdische Stimme geben, die sich dagegen auflehnt und selbstbewusst auf die Unileitungen und Asten zugeht. Wir wehren uns auch gegen Veranstaltungen auf dem Campus, die wir als antisemitisch verurteilen. Der Einzelne ist dagegen machtlos, als Verband aber haben wir Gewicht. Wir stärken jüdische Studis!
Was können Sie gegen Judenhass auf dem Campus konkret bewirken?
Eine Menge. Aus meiner Sicht war die JSUD mitverantwortlich für die Änderung des Hochschulgesetzes. Da haben die jüdischen Studierenden eine Menge Druck gemacht. Es ist wichtig, auch über die Hochschule hinaus mit Politikern im Austausch zu sein, zum Beispiel mit den Antisemitismusbeauftragten, die leider oft keinen besonders guten Job machen. Wie viel dabei letztlich herauskommt, wird man sehen. Aber ich denke, oft ist es schon wichtig, dass sich jüdische Studierende nicht allein fühlen, sondern wissen: Da ist jemand, der für mich aufsteht und mich und meine Rechte vertritt.
Mit dem Mitbegründer des Jüdischen Studierendenverbands Berlin sprach Mascha Malburg.