Berlin

»Judenhass verbreitet sich beängstigend schnell«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: ZR

Berlin

»Judenhass verbreitet sich beängstigend schnell«

Bei der feierlichen Ordination von Rabbinern und Kantoren warnt Zentralratspräsident Schuster vor Zunahme von Antisemitismus

 09.10.2018 11:53 Uhr

In einer feierlichen Zeremonie sind am Dienstag in der Berliner Synagoge Beth Zion drei Rabbiner und drei jüdische Kantoren in ihre Ämter eingeführt worden.

An der Ordination nahmen neben Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller, Bundesaußenminister Heiko Maas (beide SPD) und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und der Präsident des Jüdischen Weltkongresses und Gründer der Lauder-Stiftung, Ronald S. Lauder, teil.

Freiheit Schuster rief in seiner Ansprache die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft in Deutschland dazu auf, gegen den Judenhass aktiv zu werden, der sich wieder in »beängstigender Geschwindigkeit« im Land verbreite.

In Deutschland gehörten Religionsfreiheit und persönliche Freiheit zu den Grundrechten. Freiheit bedeute, Kippa und Davidstern offen tragen zu können, ohne angepöbelt, angestarrt oder geschlagen zu werden. Sie bedeute auch, offen als Jude leben zu können, ohne als Kindermörder, Spekulant oder Raffzahn diffamiert zu werden, sagte Schuster: »Doch so vehement wie lange nicht muss die jüdische Gemeinschaft derzeit für diese Grundrechte kämpfen.«

Berlins Regierender Bürgermeister Müller betonte, der Kampf gegen Antisemitismus sei nur zu gewinnen, wenn er nachhaltig und auf vielen Ebenen geführt werde. So gut es sei, dass Tausende nach antisemitischen Übergriffen gegen Juden auf die Straße gingen, so reiche es doch nicht, wenn darauf nur mit Empörung reagiert werde.

»Wir brauchen ein dauerhaftes und nachhaltiges Engagement gegen Antisemitismus«, sagte Müller. »Und wir dürfen den Mut nicht verlieren und müssen an unserem Ziel festhalten, auch wenn es Rückschläge gibt.«

Vertrauen Bundesaußenminister Maas sprach von einem Vertrauensvorschuss für Rechtsstaat und Demokratie, dass in Berlin als einem Ort, an dem Deportation und Vernichtung der Juden geplant wurden, heute wieder die größte jüdische Gemeinde Deutschlands lebt und Rabbiner ausgebildet und ordiniert werden. »Unsere Verantwortung, jüdisches Leben zu schützen, sie endet nie«, betonte Maas.

Die drei Absolventen des orthodoxen Berliner Rabbinerseminars sind in jüdischen Gemeinden in Berlin, Basel und Magdeburg tätig. Die drei jüdischen Kantoren wurden am Leipziger Institut für Traditionelle Jüdische Liturgie ausgebildet.

Es ist die erste Rabbinerordination von Absolventen des Berliner Rabbinerseminars in der Hauptstadt. Die Bildungseinrichtung wird vom Zentralrat der Juden in Deutschland und der Ronald S. Lauder Foundation getragen. epd

Mehr dazu in der am 11. Oktober erscheinenden Printausgabe

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