Redezeit

»Integrationsprobleme empfinden wir nicht«

Rabbiner Reuven Konnik Foto: Alex Janetzko

Redezeit

»Integrationsprobleme empfinden wir nicht«

Rabbiner Reuven Konnik über die Hohen Feiertage, Gemeindealltag und neue Aufgaben

von Olaf Glöckner  28.09.2012 12:28 Uhr

Herr Konnik, vor wenigen Wochen sind Sie in Köln zum Rabbiner ordiniert worden. Nun betreuen Sie die Jüdische Gemeinde in Potsdam. Wie haben Sie dort das erste Jom Kippur erlebt?
Es war für mich eine große Herausforderung und zugleich eine Mut machende Erfahrung. Ich fühle mich in der Gemeinde sehr wohl, die Menschen sind positiv eingestellt, humorvoll, arbeiten gut zusammen und engagieren sich sehr. In den vergangenen Jahren gab es aber auch viele Verunsicherungen und innerhalb Potsdams eben auch Spaltungen in der jüdischen Gemeinschaft. So etwas kann die Menschen lähmen und ermüden. Umso größer war die Freude, dass zu allen Gebetszeiten ein Minjan zustande kam.

Konnten die verschiedenen Gruppierungen an Jom Kippur wieder direkt aufeinander zugehen?
Die ersten Schritte aufeinander zu hat es schon an Rosch Haschana gegeben. Wir haben einen gemeinsamen Gottesdienst mit der Synagogengemeinde Potsdam gefeiert, die von Chabad Lubawitsch unterstützt wird. Ich habe die Hoffnung, dass das der Anfang für viele weitere Gemeinsamkeiten sein wird. Das ist auch deshalb so wichtig, weil nach zwei Jahren der Stagnation nun der Bau der Synagoge in der Stadt wirklich vorankommen sollte. Viele Potsdamer Juden sehnen sich sehr nach ihrem Gotteshaus.

Wo wollen Sie als Rabbiner im Gemeindealltag besondere Prioritäten setzen?
In den meisten jüdischen Gemeinden in Ostdeutschland fehlt es außer am Tora-Wissen vor allem auch an gesunder Infrastruktur. Hier will ich zusammen mit meiner Familie viel einbringen. Der Unterricht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene soll identitätsbildend sein. Für wichtige Veranstaltungen wie beispielsweise Familientage fehlen uns aber noch geeignete Räume, und das ist natürlich ein ganz objektives Problem.

Sie sind in der Ukraine geboren. Ihre Familie ist im Zuge der Kontingentflüchtlingsregelung für Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Empfinden Sie und Ihre Familie sich als »angekommen« in diesem Land?
Wir haben schon an verschiedenen Orten in Deutschland gewohnt, unter anderem in Bremen und in Heidelberg. Seit Jahren ist nun Berlin-Brandenburg unser Lebensmittelpunkt, und wir fühlen uns an Spree und Havel sehr wohl. Zu Hause sprechen meine Frau Julia und ich mit den Kindern Deutsch. Integrationsprobleme, im herkömmlichen Sinne, empfinden wir nicht.

Die neuen Aufgaben werden viel Kraft und Konzentration einfordern. Haben Sie Vorbilder, an denen Sie sich gern orientieren?
Meine Ausbildung am Rabbinerseminar zu Berlin war eine ganz prägende Erfahrung. Die heimische Atmosphäre in der Yeshiva und dann im Rabbinerseminar hat sehr viel mit Rabbiner Joshua Spinner zu tun, aber natürlich auch mit Ronald Lauder und Roman Skoblo, die die Voraussetzungen für so eine Einrichtung in der Hauptstadt erst geschaffen haben. Alle drei besitzen ein Maß an Optimismus und Weitsicht, das ich mir auch gern aneignen will.

Mit dem Rabbiner sprach Olaf Glöckner.

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025