Während in acht Bundesländern Kinder und Jugendliche noch die letzten Tage der Ferien genießen, klingelt bei den anderen schon wieder morgens der Wecker, da für sie die Schule bereits begonnen hat. Viele von ihnen hoffen aber auch darauf, sich weiterhin in ihrem Jugendzentrum treffen zu können.
Doch ob das möglich sein wird, wird wahrscheinlich am 7. Januar entschieden, wenn sich die Ministerpräsidenten austauschen, die Corona-Situation erneut bewerten und schließlich über Verordnungen entscheiden werden. Wegen der Gefahr durch die Omikron-Variante stellt sich erneut die Frage: Darf man sich dann noch in geschlossenen Räumen treffen? Wie geht man in den Jugendzentren mit der Situation um? Was erhoffen sich die Leiter und Leiterinnen? Die Jüdische Allgemeine hat nachgefragt.
Bühnenshow »Schön, dass wir die Show noch auf die Bühne bringen konnten.« Monika Feygin, Jugendzentrumsleiterin aus Bochum, freut sich. Enttäuschend war es aber schon, dass die Chanukka-Aufführung dann doch wegen steigender Zahl der Corona-Neuinfektionen ohne Publikum stattfinden musste.
Eltern und Großeltern konnten »ihre Kinder nicht begutachten«, sagt Moni, wie sie sie alle im Juze nennen. Für sie sei es hart und anstrengend, immer wieder die Absagen erleben zu müssen. Moni bringt es damit auf den Punkt: Die Kids müssen immer wieder Enttäuschungen hinnehmen.
Eine wichtige Frage für 2022: Findet die Jewrovision statt?
Ein weiteres Thema bewegt die Jugendlichen seit der Corona-Pandemie: Findet die Jewrovision wenigstens 2022 statt? Wird es Machanot geben? Können Ausflüge unternommen werden? Sieht man sich per Zoom oder tatsächlich in Präsenz? »Die Kids leiden unter den Absagen«, sagt die Studentin. Immerhin ist das Juze seit Juni wieder in Präsenz, den 3G-Regeln für die Jüngeren und den 2G-Regeln für die Älteren sei Dank.
kontakte Die Kinder und Jugendlichen sehnen sich sehr danach, ins Jugendzentrum kommen zu dürfen. Jura-Studentin Moni hat beobachtet, dass auch die, die vor Corona nicht mehr erschienen waren, nun wieder da sind. »Manche hatte ich einige Jahre nicht mehr gesehen.« Sie haben nun ein großes Bedürfnis nach Kontakten und einem Miteinander. Während der Lockdowns bot sie mit ihrem Team jeden Sonntag ein Online-Programm an, beispielsweise Wettkämpfe, Quiz-Veranstaltungen per Zoom, und sie haben Pakete mit T-Shirts mit einem neuen Logo verschickt.
Nun hat sie eine ganze Liste von Wünschen für das neue Jahr: Die Fahrten sollen wieder stattfinden, ebenso alle Aufführungen und Band-Konzerte. Klasse fänden es die Kids, auch mal eine Party – gerne mit anderen Jugendzentren zusammen – feiern zu können. Außerdem sollen auch die Madrichim eine Chance bekommen, sich bei Fahrten zu treffen und gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen.
»Dafür wäre natürlich Voraussetzung, dass die Pandemie uns nicht mehr beherrscht, sondern die Normalität zurückgekehrt ist«, sagt sie. Immerhin seien die Madrichim flexibler geworden. Was als Präsenz geplant wurde, kann ein paar Tage später – wenn die Infektionszahlen extrem steigen sollten – online umgesetzt werden.
Präsenz Karolina Becker pendelt derzeit regelmäßig zwischen Berlin und Osnabrück. In der Hauptstadt studiert sie Biophysik, in Osnabrück ist sie aufgewachsen und leitet das Jugendzentrum LevEchad. An der Uni findet nicht alles in Präsenz statt, sagt sie. »Ich habe gelernt, wie dankbar man sein sollte, sich treffen zu können.«
In diesen Tagen werden es zwei Jahre, seitdem sie das LevEchad leitet. Kurz nach ihrem »Amtsantritt« brach Corona aus. Davor war sie schon lange Madricha. »Jedes Kind, das kommt, ist ein Erfolg – auch bei Online-Veranstaltungen«, weiß Karolina. Es habe immer eine Möglichkeit gegeben, mit den Jugendlichen in Kontakt zu bleiben. Wenn sie sich zu Beginn der Pandemie vor dem Bildschirm trafen, fragte sie die Kids, womit sie sich beschäftigen wollten.
Manchmal wollten sie nur reden, erzählt Karolina. An anderen Tagen war ihnen das Programm wichtiger. Die Madrichim und sie haben Pakete gepackt und verschickt, einmal sogar Popcorn für einen gemeinsamen Filmabend – auf Abstand. »Es gab Höhen und Tiefen«, resümiert die Studentin.
schnelltest Ab April wurde es dann wieder möglich, die Kids zu treffen, Eintrittskarte war allerdings ein negativer Schnelltest. Zu der Zeit waren etliche Sportveranstaltungen abgesagt worden, Turniere und Training fielen aus. Im Sommer war die Welt dann vorübergehend in Ordnung. Im Jugendzentrum wurden die Jüngeren getestet, während die Madrichim schon geimpft waren. »Wir konnten gemeinsam essen, über alles reden, Spiele spielen und Sukkot zusammen verbringen.«
»Die Kids sind erwachsener geworden«, hat die 20-Jährige festgestellt. Aber auch, dass viele schneller erschöpft seien. Dafür sei die Gruppe gut zusammengewachsen. Jetzt sei die Situation schwieriger geworden, sagt Karolina. Sie hofft, dass nicht wieder alles online stattfinden muss, dass die Jewrovision wirklich im Mai über die Bühne gehen kann, ebenso die Machanot und die geplanten Veranstaltungen. Genauso wichtig ist ihr, dass sich die Kids der verschiedenen Jugendzentren wieder treffen können.
Für das Jahr 2022 hält sie zwei Pläne parat. Plan B wäre wieder online. »Ich möchte aber Plan A – dass alles in Präsenz passieren kann«, sagt Karolina Becker.
Omikron Auch Elisabeth Friedler vom Jugendzentrum Chasak in Hamburg würde dem Plan A sofort zustimmen. »Ich wünsche mir normale Abläufe, dass viele Events und Veranstaltungen stattfinden und sich die Jugendlichen unbeschwert treffen können«, sagt sie. Vor einer Ausbreitung der neuen Omikron-Variante hat sie auch Respekt, hofft aber, dass sich alle im Juze Chasak weiter treffen dürfen. In der Hansestadt gilt für die Betreuer die 2G-plus-Regel, und auch alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrem Impfstatus, müssen sich vor dem Betreten des Jugendzentrums testen lassen. Da habe Hamburg rigide Vorschriften.
Sobald im Sommer wieder Treffen möglich waren, reagierte das Jugendzentrum Chasak sofort mit entsprechenden Angeboten.
Als im Sommer eine außerschulische Betreuung wieder erlaubt war, startete das Juze sofort. Noch im Juli/ August stellten die Mitarbeiter ein Day Camp auf die Beine, das von den Jugendlichen mit Begeisterung angenommen wurde. »Seitdem legen wir einen großen Schwerpunkt auf die Bewegung.« Fußball, Federball, Tischtennis und Schnitzeljagden mit vielen Aufgaben bieten sie gerne an, ebenso Backen und Basteln. Auch sie hat festgestellt, dass jetzt mehr Kinder als vor der Pandemie ins Jugendzentrum kommen.
Für die Hamburger sei der geplante Termin der Jewrovision 2022 nicht optimal, denn ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt sind die Mai-Ferien. »Viele Kinder haben schon mitgeteilt, dass sie dann mit ihrer Familie verreist sein werden.« Andererseits hätte sie gar nicht gewusst, wie gut sie unter den derzeitigen Bedingungen überhaupt ein Video hätten drehen können, geschweige denn für einen Auftritt proben, denn gerade das Tanzen auf Abstand ist schwierig.
Für die nächsten Monate gibt es keine Planungssicherheit, wie es für sie weitergeht. »Wir werden aber immer versuchen, das Beste für unser Jugendzentrum umzusetzen.«