München

Helferinnen mit Herz

Ernste Gedanken kamen beim verregneten Sommerbrunch des Frauenvereins Ruth am Tag vor dem kalendarischen Sommeranfang. Das lag nicht nur am nasskalten Wetter. Im Hubert-Burda-Saal beim Buffet mit großer Auswahl und heiteren Stücken der Theatergruppe Lo-Minor war in einem entspannenden Rahmen auch für weniger heitere Themen gesorgt.

Mit dem traditionellen Treffen im Sommer hofft der Verein auf finanzielle Zuwendungen, um seine Aufgaben leisten zu können. Die Mitglieder widmen sich ehrenamtlich Menschen, die finanzieller Hilfe und vor allem auch menschlicher Wärme bedürfen, um nicht zu vereinsamen. In einer kurzen Ansprache berichtete Hanna Feiereisen als Vorsitzende von der Arbeit des Vereins. Jeden Dienstagnachmittag haben die Ruth-Frauen eine Sprechstunde für bedürftige aber auch einsame Menschen dieser Gemeinde. Dabei hören sie sich deren Nöte an, verteilen auch Geld – für Arztrechnungen oder Medikamente, die die Krankenkassen nicht oder nur teilweise bezahlen, für neue Brillengläser, Heizkostennachzahlungen, ein neues Bett, Winterschuhe, auch mal für einen Computer oder einen Rollstuhl. »Manchmal ermöglichen wir es einer Familie mit Kindern, dass sie auch einmal Urlaub machen oder für ihr Kind ein Geburtstagsgeschenk kaufen kann. Im Jüdischen würde man sagen: Bei uns geht das Geld weg wie Mazzewasser«, sagt Feiereisen.

Freiwillig Dabei sind längst nicht alle Probleme mit Geld zu beheben. Ruth fühlt sich auch zuständig für die Besuche von Kranken. Die wenigen Damen schaffen dies jedoch zeitlich nicht so, wie sie das gerne täten. Freiwillige Helfer sind da ein weiterer Wunsch der engagierten Frauen.

Hanna Feiereisen stellte bei der Zusammenkunft einmal mehr die Leistungen ihres Teams mit Henny Justmann, Felicia Schipper sowie Helene Muallem, Tonja Braun und Monica Langnas in den Vordergrund. Die drei Letzteren widmen sich ganz besonders den Krankenbesuchen. Hanna Feiereisen betonte: »Ich habe wirklich ein tolles Team, auf das man sich verlassen kann.« Ganz besonders hob sie das Engagement »unserer geschätzten Frau Rabbiner Langnas« hervor, »die ihr Möglichstes tut und ständig unterwegs ist, um Krankenbesuche zu machen«.

Dank für diesen unschätzbaren Einsatz zollte den Ruth-Frauen auch Präsidentin Charlotte Knobloch: »Der Frauenverein Ruth ist für unsere hier lebenden Menschen die wichtigste Organisation.« Wie notwendig der Einsatz für einsame und kranke Menschen ist, illustrierte sie am Beispiel eines über 90-jährigen Bewohners des Seniorenheims, der nun nach vielen Jahrzehnten in der ehemaligen Sowjetunion ohne einen einzigen Angehörigen in München lebt. Er hat keinen Menschen im familiären Umkreis, der ihn besucht. Für die Hilfestellung, die das Team des Frauenvereins für Menschen wie diesen leistet, könne gar nicht genug gedankt werden.

Kaffeenachmittag Es gibt aber auch Menschen, die komplexe Hilfe brauchen – auch hier appellierte die Präsidentin an die Hilfe der Gemeinschaft. Darüber hinaus gibt es Aufgaben auch innerhalb der IKG, so die Präsidentin weiter. Seit Langem gibt es keine Seniorengruppe mehr. »Es fehlt ein Seniorenclub, in dem man sich hin und wieder trifft, zum Beispiel bei einem Kaffeenachmittag, wie das auch in anderen Gemeinden üblich ist. Wir brauchen jemanden, der das in die Hand nimmt.«

Sorgen bereiten Charlotte Knobloch auch die Situation in Israel sowie die mangelnde Solidarität und die ungerechtfertigten Äußerungen mancher Politiker und Institutionen in Deutschland. Dass im Gasteig eine Veranstaltung des Palästina- Kommitees München mit der umstrittenen Menschenrechtsanwältin Felicia Langer im Rahmen der Palästina-Tage 2010 mit Unterstützung des Kulturreferates der Landeshauptstadt stattfindet, stieß auf das Unverständnis von Charlotte Knobloch. Sie werde, so betonte sie bei dem Sommer-brunch, in dieser Sache bei der Stadt vorsprechen. Es dürfe nicht sein, dass in der ehemaligen »Hauptstadt der Bewegung« judenfeindliche Veranstaltungen unterstützt werden.

Spendenbereitschaft Knobloch forderte Solidarität ein – Solidarität mit Israel und Unterstützung für den Frauenverein Ruth. Dass die Gäste diese teilten, zeigte sich an der Spendenbereitschaft für Ruth ebenso wie an einem kleinen Interview mit der Schauspieltruppe Lo-Minor. Diese umrahmte die Veranstaltung mit heiteren Sketchen auf der Bühne. Dazu gehörte eine Persiflage auf vermeintliche Kunstkenner ebenso wie im Tanz lebendig werdende Träume. Da mischte sich eine der jungen Schauspielerinnen unters Publikum und fragte nach den Träumen der Anwesenden. Eine der Antworten kam ganz spontan: »Frieden für Israel.«

Antisemitismusverdacht

Ermittlung wegen Plakat »Juden haben hier Hausverbot« läuft

Ein antisemitischer Aushang in einem Flensburger Geschäft sorgt für Entsetzen. Politiker und Bürger reagieren deutlich. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein

 18.09.2025

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Kommentar

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025