Hagenow

Großvaters Grabstein

Da steht’s: Samuel Meinungen Foto: Cornelius Kettler

Hagenow

Großvaters Grabstein

Zufallsfund und Familiengedenken

von Axel Seitz  16.11.2010 10:09 Uhr

Es war nicht das erste Mal, dass Gustav Gutmann den weiten Weg vom US-Bundesstaat Texas in die westmecklenburgische Provinz auf sich genommen hatte, doch diesmal sollte der Besuch in der Kleinstadt Hagenow ein ganz besonderer werden. Gustav Gutmann, vor 75 Jahren in Hildesheim geboren, kam mit seiner Familie zur Eröffnung eines Museums zu den Spuren jüdischen Lebens in Hagenow, stammen doch seine Mutter und seine Großeltern Meinungen aus dem Örtchen.

Überraschung Samuel Meinungen war bis zu seinem Tod 1937 Gemeindevorsteher. Sein Enkel Gustav, der zusammen mit der Mutter 1939 über Großbritannien in die USA emigrieren konnte, suchte bereits bei vorherigen Besuchen in Hagenow nach Spuren des Großvaters. Jetzt – mehr als sieben Jahrzehnte nach dem Tod von Samuel Meinungen – ist völlig unerwartet dessen Grabstein aufgetaucht. Bei Aufräumarbeiten auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof der Kleinstadt kam dieser Zufallsfund zum Vorschein. Gustav Gutmann traten Tränen in die Augen, als ihm Stadtmuseumsleiter Henry Gawlick die Stele erstmals zeigen konnte. »Ich bin überrascht. Wir hatten immer gehofft, einmal das Grab meines Großvaters zu finden, und jetzt entdecken wir sogar den Stein«, sagte Gutmann.

Der Friedhof hatte die Zeit des Nationalsozialismus weitgehend unbeschadet überstanden. 1949 existierten nach Angaben von Henry Gawlick noch 35 Grabsteine. Erst in der DDR wurde das Gelände dem Erdboden gleichgemacht. 1961 stimmte sogar die damalige Jüdische Landesgemeinde Mecklenburg dem Verkauf eines Teils des Friedhofs an eine Handwerkergenossenschaft zu.

Ausstellungsstück Der nun gefundene sehr gut erhaltene Grabstein hat mit Billigung von Landesrabbiner William Wolff einen neuen Platz gefunden – direkt vor der Alten Synagoge Hagenow, als Teil der neuen Ausstellung. Das Ausstellungsgebäude trägt den Namen Hanna Meinungen. Sie war die Cousine von Gustav Gutmann und wurde 1940 als letztes jüdisches Kind in Hagenow geboren. Zwei Jahre später ermordeten die Nationalsozialisten das Mädchen in Auschwitz.

Gustav Gutmann selbst ist auch Teil der Ausstellung – auf einem Foto steht er zusammen mit seiner Mutter vor dem Haus der Familie Meinungen, als Vierjähriger kurz vor der Ausreise aus Deutschland 1939.

Interview

»Berlin ist zu meiner Realität geworden«

Die Filmemacherin Shoshana Simons über ihre Arbeit, das Schtetl und die Jüdische Kunstschule

von Pascal Beck  11.09.2025

München

Ein Fundament der Gemeinde

Die Restaurierung der Synagoge an der Reichenbachstraße ist abgeschlossen. In den Erinnerungen der Mitglieder hat das Haus einen besonderen Platz

von Luis Gruhler  11.09.2025

Dialog

Brücken statt Brüche

Eine neue große Tagung der Denkfabrik Schalom Aleikum widmet sich der digitalen Kommunikation in Krisenzeiten

 11.09.2025

Dialog

Freunde wie Berge

Juden und Kurden verbindet eine jahrtausendealte Freundschaft. Um ein Zeichen der Gemeinsamkeit zu senden und sich des gegenseitigen Rückhalts zu versichern, kamen sie nun auf Einladung der WerteInitiative in Berlin zusammen

von Katrin Richter  10.09.2025

Literatur

»Es wird viel gelacht bei uns«

Der Historiker Philipp Lenhard und die Schriftstellerin Dana von Suffrin über den von ihnen gegründeten Jüdischen Buchklub, vergessene Klassiker und neue Impulse

von Luis Gruhler  09.09.2025

Ausstellung

Lesen, Schreiben, Sehen, Handeln, Überleben

Im Literaturhaus München wird das Leben der amerikanischen Denkerin und Publizistin Susan Sontag gezeigt

von Ellen Presser  09.09.2025

München

Spur der heiligen Steine

Es war ein Sensationsfund: Bei Baumaßnahmen am Isarwehr wurden Überreste der früheren Hauptsynagoge entdeckt. Der Schatz wird nun vom Jüdischen Museum erforscht

von Michael Schleicher  07.09.2025

Dialog

Gemeinsam stark

Fatma Keser ist Mitbegründerin von »Pêk Koach – Jewish-Kurdish Women’s Alliance«. Der Frauenverein will jüdische und kurdische Perspektiven vermitteln

von Pascal Beck  07.09.2025

Fürth

Ruth Weiss ist gestorben

Sie engagierte sich ihr Leben lang gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Nun ist die in Franken geborene Schriftstellerin mit 101 Jahren gestorben

 05.09.2025 Aktualisiert