Potsdam

Generation YouTube

Nahe der Schnellstraße Humboldt-Ring in Potsdam finden sich futuristisch gestaltete Zweistöcker aus Holz, Stahl und viel Glas. Seit vergangenem Sommer wohnt hier der 1987 im weißrussischen Minsk geborene Naftoli Surovtsev mit Ehefrau Naomi (25) und der sechs Monate alten Tochter Bracha.

Fast amüsiert erzählt der junge Rabbiner von dem spontanen Umzug von Köln nach Potsdam, wo er Rabbiner Reuven Konnik ablöste: »Wir hatten nur zwei Wochen Zeit, uns etwas Passendes zu suchen. Viele Gemeindemitglieder aus der ehemaligen Sowjetunion leben hier – warum nicht auch wir?«

Surovtsev kommt vom Rabbinerseminar zu Berlin. Doch schon lange bevor sich seine weißrussische Familie zur Emigration nach Deutschland entschloss, besuchte er eine jüdische Schule in Pinsk und interessierte sich für Theologie und Pädagogik. »Als wir nach Berlin kamen, habe ich sofort die Lauder Yeshiva in Berlin besucht«, erzählt der junge Mann. »Der Übergang zum Rabbinerseminar ergab sich dann fast von selbst.«

Musik
Naftoli ist sehr musikalisch, wird aber noch von Ehefrau Naomi übertroffen, die während ihrer zweijährigen Zwischenstation in Köln Mandoline studierte. Auch in Berlin-Brandenburg möchte sie ihr Musikstudium fortsetzen. Doch jetzt gehöre, wie die junge Rebbetzin betont, »die ganze Aufmerksamkeit erst einmal der Familie und unserem Sonnenschein Bracha«.

Die Jüdische Gemeinde Potsdam, die größte neben vier anderen in der Stadt, hat das junge Paar freundlich, aber zunächst durchaus vorsichtig aufgenommen. Allzu häufig gab es in den vergangenen Jahren kurzfristige Rabbinerwechsel. Das hat sich nun geändert, und die Gemeinde reagierte hocherfreut.

Familie Surovtsev hat ein sehr offenes Haus. »Unsere Leute wissen, dass sie bis zehn Uhr abends spontan vorbeischauen können. Für danach bitten wir aber um Voranmeldung«, sagt Surovtsev lächelnd. Vom ersten Tag an ist er auf die jungen Juden zugegangen. Man trifft sich im Jugendzentrum »Lifroach« oder bei ihm zu Hause, bevorzugt an Feier- und Festtagen.

Gottesdienste »Es ist erfrischend zu sehen, wie selbstbewusst und kreativ sich die Kinder der Immigranten entwickeln«, freut sich Surovtsev. Auch von der Minjan-Gemeinschaft der Gemeinde, die stärker von den Älteren getragen wird, ist er beeindruckt. »Ich staune immer wieder, mit welcher Hingabe sich die Menschen hier zusammenfinden, und dann macht der gemeinsame Gottesdienst umso mehr Freude.«

In seiner Freizeit geht der junge Rabbiner ganz mit der Zeit. Regelmäßig erstellt er Videoclips auf YouTube, wo er einen eigenen Kanal hat. »Meine Clips in russischer Sprache basieren häufig auf kleineren Lerneinheiten, die ich ohnehin für Online-Kurse zur jüdischen Tradition ins Netz stelle. Ich bringe sie mit der Kamera in verbesserte Qualität und lade sie dann für den allgemeinen Gebrauch herunter.«

Auch im sonstigen Umfeld hat man den neuen Rabbiner mit freundlichem Interesse begrüßt. Bei der örtlichen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit hat er schon einen Vortrag gehalten und will den Kontakt ausbauen.

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025