1700 Jahre jüdisches Leben

»Gemeinsames Erleben«

Andrei Kovacs

Herr Kovacs, im Rahmen von »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« planen Sie mit Sukkot XXL das größte Laubhüttenfest Europas. Was möchten Sie erreichen?
Das Festjahr als Ganzes möchte jüdisches Leben sichtbar und erlebbar machen. Wir wollen Schwellenängste abbauen und dem erstarkenden Antisemitismus etwas entgegensetzen. Mit dem Projekt versuchen wir niedrigschwellig, eine breite Gesellschaft zu erreichen. Es soll vielen Menschen in Deutschland ermöglichen, ein jüdisches Fest und die damit verbundenen Traditionen kennenzulernen und vor allem zu erleben. Kennenlernen und gemeinsames Erleben bauen Vorurteile ab und sind wichtige Schritte im Kampf gegen Verschwörungsmythen und antisemitisches Gedankengut.

Warum gerade dieses Fest?
Es gibt zwei Dinge, die alle Menschen in Deutschland vereint: der Spaß am Bauen und die Freude am Dekorieren. Bei Sukkot XXL geht es genau darum: Wir bauen und dekorieren gemeinsam eine Laubhütte. Wir verbringen gemeinsam Zeit in der Sukka, essen und trinken miteinander.

Wer macht mit?
20 jüdische Gemeinden sowie Vereine, Sportverbände und 30 Städte haben sich beworben. Uns war wichtig, dass sich nichtjüdische Veranstalter immer mit einer jüdischen Gemeinde zusammentun. Die Bausätze für die Laubhütten konnten bei unserem Verein bestellt werden. Auf unserer Website www.sukkotxxl.de lässt sich eine Bauanleitung abrufen, dazu gibt es eine Einkaufsliste und ein Video, in dem Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky erklärt, wie die Sukka aufgebaut wird. Wir laden alle ein, mitzumachen!

Pandemie und schwere antisemitische Vorfälle kamen im Frühjahr dazwischen.
Ja, und wir können auch die Ängste einiger Gemeinden verstehen, die sich Sorgen um die Sicherheit machen. Andere sagten nach dem schrecklichen Frühjahr: Jetzt erst recht! Wir haben Formate entwickelt, die jene erreichen sollen, die nicht vor Ort sind. Es wird ein Sukkot-Video des Puppentheaters Bubales geben, das auf unserer Website und auch auf unseren sozialen Kanälen veröffentlicht wird. Zudem haben wir für Kinder ein Mal- und Mitmachbuch zu Sukkot veröffentlicht. Es wird vor Ort verteilt, kann aber auch auf unserer Website als PDF heruntergeladen werden.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir wollten mit Sukkot XXL auch einen Paradigmenwechsel herbeiführen, von der Lethargie nach 1945 hin zu einem jungen selbstbewussten Judentum. Wir wollen gegenseitige Ängste abbauen. Ängste von jüdischer Seite, aber auch von nichtjüdischer Seite, aufgrund von Unkenntnis ungewollt Grenzen zu überschreiten. Wir haben Netzwerke und neue Formate geschaffen. Meine Hoffnung ist, dass wir damit nachhaltig wirken konnten und dass viele der gemeinsamen Erlebnisse Bestand haben.

Mit dem Geschäftsführer des Vereins »321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« sprach Heide Sobotka.

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025