9. November

Gemeinde erinnert an Schoa-Opfer

Gedenken an den 9. November 1938: Namenslesung in der Berliner Fasanenstraße Foto: Chris Hartung

Zum 76. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938 werden seit Montagmorgen vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße die Namen aller 55.696 ermordeten Berliner Juden verlesen. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hatte dazu aufgerufen, sich an der Namenslesung zu beteiligen.

Wolfgang Keller ist diesem Aufruf gefolgt. Zehn Minuten lang liest er Namen für Namen. Er betont dabei jede einzelne Silbe, so als wolle er die Opfer allein kraft ihres Namens dem Vergessen entreißen. Wenn eine S-Bahn vorbeirattert, hält er kurz inne, bevor er geduldig weiterliest – jeder Name soll gehört werden.

Symbol »Jeder einzelne Mensch hat einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte«, sagt der 44-jährige Charlottenburger. »Die Namenslesung ist eine symbolische Geste. Ich bin dabei, weil ich daran erinnern will, dass diese Geschichten niemals ausgelöscht werden können und dass die Ermordeten keine Zahlen waren, sondern Menschen.«

Inzwischen haben sich mehrere Passanten zu Wolfgang Keller gesellt. Viele sind es nicht, doch das ändere sich erfahrungsgemäß im Laufe des Tages, erzählen Avital Grinberg und Konstantin Shuxtelinsky vom Jüdischen Jugendzentrum. Beide nehmen schon zum zweiten Mal an der öffentlichen Namenslesung teil.

»Wir lesen ununterbrochen, vom ersten bis zum letzten Namen«, erklären die Jugendlichen. Gegen Mittag werden sie von Schülern des Moses-Mendelssohn-Gymnasiums in Berlin-Mitte abgelöst. Die Namenslesung soll bis weit nach Mitternacht andauern.

Präsenz Auch Natalja Krutjakowa geht heute später ins Büro. Sie ist extra aus Berlin-Mitte hierhergekommen, um sich an der Lesung zu beteiligen. Es sei ein wenig trist, dass an diesem Morgen erst so wenige Leute gekommen sind, befindet die Berlinerin – und stellt sich die Frage, ob die Feierlichkeiten zu 25 Jahren Mauerfall das Gedenken an die Pogromnacht in den Hintergrund treten lassen. Umso wichtiger ist es ihr, selbst vor dem Gemeindehaus Präsenz zu zeigen.

In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 gingen die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen Juden über. Etwa 1400 Synagogen wurden deutschlandweit angezündet, zudem Tausende jüdische Geschäfte zerstört und Wohnungen verwüstet. Etwa 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager deportiert, rund 400 bei den Pogromen ermordet.

Berlin

Tage im Mai

Am Wochenende beginnt mit »Youth4Peace« ein Treffen von 80 jungen Erwachsenen aus 26 Ländern. Sie wollen über Frieden und Demokratie sprechen. Auch Gali und Yuval aus Israel sind dabei

von Katrin Richter  01.05.2025

Frankfurt

Zwischen den Generationen

2020 führten Jugendliche gemeinsam mit Überlebenden der Schoa ein »Zeitzeugentheater« auf. Nathaniel Knops Dokumentarfilm »Jetzt?« zeigt dessen Entstehung und feierte nun Premiere

von Eugen El  01.05.2025

Berlin

Für mehr Sichtbarkeit

Wenzel Michalski wird Geschäftsführer des Freundeskreises Yad Vashem. Eine Begegnung

von Christine Schmitt  30.04.2025

Hanau

Das zarte Bäumchen, fest verwurzelt

Vor 20 Jahren gründete sich die jüdische Gemeinde – zum Jubiläum wurde eine neue Torarolle eingebracht

von Emil Kermann  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025