27. Januar

Gegen Hetze und Rassismus

Für den Bayerischen Landtag und die Stiftung Bayerische Gedenkstätten ist der »Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus« am 27. Januar alljährlich ein verpflichtender Termin.

»Die Erinnerung an das, was war, muss über die Zeitzeugen hinaus weiterleben. Das Geschehene soll und darf sich nicht wiederholen«, mahnte Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und zugleich Landtagsvizepräsident, beim offiziellen Gedenkakt, der diesmal wegen der Corona-Krise nur im kleinen Kreis und ohne Publikum stattfinden konnte.

schlussstrich Eröffnet wurde die virtuelle Feierstunde, die vom Bayerischen Fernsehen live übertragen wurde und bereits am Montag, zwei Tage vor dem eigentlichen Termin, stattfand, durch Landtagspräsidentin Ilse Aigner. Sie erinnerte in ihrer Rede daran, dass die Nachkriegsgenerationen zwar keine Schuld tragen würden, aber die Verantwortung übernehmen müssten. »Einen Schlussstrich«, sagte die Landtagspräsidentin, »darf und wird es nicht geben.«

Im Zusammenhang mit dem Holocaust ging Aigner auch auf gesellschaftliche Aspekte während des verbrecherischen Regimes des Nationalsozialismus ein. Die Deportationen, die für Millionen Frauen, Kinder und Männer eine Reise in den Tod bedeuteten, seien für jeden sichtbar gewesen. »Manche nahmen es hin«, beschrieb sie die Vorstufe des Holocaust, »manche waren gelähmt, manche trauten sich keinen Widerspruch zu, und viele fanden es gut.« Daraus müsse ihrer Überzeugung nach vor allem die junge Generation, die in unserer Gesellschaft die Zukunft gestalte, ihre Lehren ziehen und derartige Tendenzen niemals zulassen.

Zentralratspräsident Josef Schuster sprach über die Geschichte seiner Familie.

Stiftungsdirektor Karl Freller, der die Gedenkrede hielt, nannte mehrere Gründe, warum die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus gerade jetzt besonders wichtig sei. »Seit dem Zweiten Weltkrieg wurden wir nicht mehr so sehr herausgefordert, unsere Werte zu verteidigen, wie in der heutigen Zeit, in der unsere Demokratie von innen und außen angegriffen wird.«

werte Diese Werte nicht zu vergessen und gerade während der weltweiten Pandemie zusammenzustehen, sei eine niemals zur Diskussion stehende Notwendigkeit. Er sprach in diesem Zusammenhang auch die in der Corona-Krise aufkommenden Vergleiche mit dem Nationalsozialismus und die zunehmend grassierenden Verschwörungsmythen an. »Diesen Vergleichen dürfen wir keine Aufmerksamkeit schenken. Sie stellen eine Gefährdung der Demokratie dar. Wir müssen stärker gegen Hetze, Antisemitismus und Rassismus vorgehen«, sagte Freller.

Er sprach in seiner Rede auch an, dass jedes Land eine Gedenkkultur, eine Erinnerung an die Vergangenheit brauche: »Sie ist die Basis für die Gestaltung der Zukunft. Gibt es sie nicht, wird die Geschichte, ob bewusst oder unbewusst, falsch interpretiert oder irreführend ausgelegt. Heute gibt es keine Denkverbote, und es gibt keine Deportationen in deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager in Mittel- und Osteuropa.«

Die gemeinsame Gedenkveranstaltung des Landtags und der Stiftung Gedenkstätten fand an dem im vergangenen Jahr eröffneten »DenkOrt Deportationen« in Würzburg statt. Er liegt neben dem Hauptbahnhof, der zusammen mit dem »Aumühl-Ladehof« das Zentrum der Verschleppungen aus Würzburg und Unterfranken bildete. 2069 Juden aus Unterfranken wurden in den Jahren von 1941 bis 1944 von dort aus in die Konzentrations
lager in Osteuropa deportiert und größtenteils ermordet. Letztlich überlebten nur 63 von ihnen.

programm An dem coronabedingt reduzierten Gedenkprogramm, an dem ursprünglich zahlreiche Repräsentanten des öffentlichen Lebens teilnehmen wollten, um ihre Verbundenheit zum Ausdruck zu bringen, beteiligten sich auch Schüler und Schülerinnen der Gustav-Walle-Mittelschule. Sie berichteten eindrucksvoll vom Schicksal einer jüdischen Familie aus Würzburg.

Schüler und Schülerinnen berichteten eindrucksvoll vom Schicksal einer jüdischen Familie aus Würzburg.

Einem der Teilnehmer am Gedenkakt mussten die Ereignisse von damals nicht eigens vor Augen geführt werden, denn für ihn sind sie stets präsent: Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Väterlicherseits war seine Familie seit dem 16. Jahrhundert in Unterfranken angesiedelt und dort tief verwurzelt. In seiner Rede über die eigene Familiengeschichte schilderte er die Spuren und tiefen Narben, die Nationalsozialismus und Holocaust hinterlassen haben.

Mit Blick auf den erkennbar zunehmenden Antisemitismus und rechte Entwicklungen, besonders in der Mitte der Gesellschaft, zeigte er sich besorgt über die oft geringen Kenntnisse junger Menschen über die Zeit des Nationalsozialismus. Das lange Schweigen nach dem Krieg habe dazu beigetragen. »Die Frage, wie ehrlich mit der Vergangenheit umgegangen wird«, so Schuster, »stellt sich bis heute. Aber klar muss sein, dass wir vor der eigenen Vergangenheit nicht davonlaufen und in der Gegenwart nicht wegschauen können.«

ehrenbürgerin Zu Wort kamen bei der Gedenkstunde auch der Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, Christian Schuchardt, und die frühere langjährige Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Die Würzburger Ehrenbürgerin war maßgeblich an der Einführung der alljährlichen Gedenkstunde am 27. Januar beteiligt.

Die musikalische Begleitung des Staatsaktes übernahmen Musiker des Matthias-Grünewald-Gymnasiums und der Musikhochschule Würzburg. Vorgetragen wurden »Largo« aus der Sonate op. 8 Nr. 12 von Willem de Fesch und »Notturno« von Nikolai Rimsky-Korsakov. Die Veranstaltung endete mit einer Kranzniederlegung am DenkOrt Deportationen.

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 05.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Ein Gemälde an der bekannten East Side Gallery ist Ziel einer antisemitischen Schmiererei geworden. Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025

Auswärtiges Amt

Deutschland entschärft Reisehinweise für Israel

Nach Beginn des Gaza-Krieges hatte das Auswärtige Amt vor Reisen in Teile Israels gewarnt. Dies gilt so nicht mehr. Der Außenminister begründet das mit gewachsenem Vertrauen in den Friedensprozess

 04.11.2025

Würdigung

Margot Friedländer wird mit Sonderbriefmarke geehrt

Wie das Finanzministerium mitteilte, war die Sonderbriefmarke für Friedländer ein »besonderes Anliegen« von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil

 04.11.2025

B’nai B’rith

»Wie eine große Familie«

Delegierte aus 20 Ländern kamen zusammen, um sich eine neue Organisationsstruktur zu geben

von Ralf Balke  03.11.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an November-Pogrome

Zum 87. Jahrestag der NS-November-Pogrome von 1938 werden am Sonntag ganztägig die Namen der im Holocaust ermordeten Berliner Jüdinnen und Juden vorgelesen. Bei einem Gedenken am Abend wird Berlins Regierender Bürgermeister sprechen

 03.11.2025