Tipps

Gegen die Langeweile

Alte einfache Spiele kommen während der Corona-Krise wieder in Mode. Foto: imago images / Westend61

Langeweile habe er manchmal schon, gibt Julian Deterding zu, »aber es gibt Zeit, sich auch einmal mehr mit sich selbst zu beschäftigen, zu erörtern, wer man ist, wo man im Leben steht und was einem wichtig ist. Gerade vor Pessach finde ich das erfrischend.«

Kontakte Natürlich fehlten die sozialen Kontakte, die zum Feiern nötig seien, aber dafür bleibt mehr Zeit für den gründlichen Pessach-Putz – »und vielleicht ist Pessach auch der Beginn einer Befreiung von uns, wenn sich jetzt konsequent alle an die Beschränkungen halten und zu Hause bleiben«.

Umso schneller »bekommen wir dann hoffentlich Stück für Stück wieder alte Freiheiten zurück«. Er freut sich darüber, mehr Zeit auf die Doktorarbeit verwenden zu können. »Der Vorteil: Ich spare die Zeit im Semester und kann dadurch effizienter arbeiten. Das finde ich eigentlich ziemlich unverhofft genial«, sagt der Student der Zahnmedizin.

Einkaufshilfe Langeweile komme nicht auf, »wenn man dazu beiträgt, die aktuelle Krise solidarisch zu bewältigen«, sagt der Frankfurter Igor Schwarzmann. Und das sei nun wirklich nicht schwierig. »Auf einen Aufruf der Jüdischen Gemeinde Frankfurt hin habe ich mich als Einkaufshilfe für hochbetagte Menschen zur Verfügung gestellt.«

Im Übrigen habe Corona auch einen positiven Aspekt: »Ich finde, dass jede Krise auch die Chance bietet, als Gesellschaft zusammenzurücken. Nicht umsonst verlieren Parteien, die unsere Gesellschaft spalten wollen, in diesen Tagen dramatisch an Zuspruch.«

David Seldner vom BtJ erzählt jeden Tag in seiner WhatsApp-Gruppe einen jüdischen Witz.

David Seldner vom Bund traditioneller Juden (BtJ) versucht mit Humor, anderen die Corona-bedingte Isolation zu erleichtern. Jeden Tag postet er in seiner WhatsApp-Gruppe einen jüdischen Witz. »Ich liebe jüdische Witze und finde es schön, wenn ich andere zum Lachen bringen kann«, sagt er.

Virus Die Gruppe gab es schon, bevor das Virus das öffentliche Leben lahmlegte. »Dort sind wir unter uns. Ich achte darauf, dass ich meist nur einen Witz pro Tag schicke. Man will ja nicht langweilig werden, und ich möchte, dass man auch lacht. Sprich: Qualität statt Quantität.«

Witze über Corona habe er noch nicht verschickt, weil im Internet ohnehin genügend kursieren. Aber natürlich hat er trotzdem einen Lieblingswitz über das Virus: »Ein Mann fragt den Rabbiner, was man Leuten zu essen geben soll, die Corona haben. Der Rabbiner antwortet prompt: ›Mazza natürlich.‹ ›Oh‹, wundert sich der Mann, ›und das hilft?‹ ›Nein‹, sagt der Rabbiner, ›aber sie passt gut unter der Tür durch.‹«

Homeoffice Wiebke Rasumny und ihr Mann gehören zu den vielen Eltern, die derzeit im Homeoffice arbeiten. Die Kinder, ein und fünf Jahre alt, »finden die derzeitige Situation eigentlich ganz schön«, erzählt sie. »Es ist immer jemand bei ihnen, wie normalerweise an den Wochenenden.« Und familiär sei es ziemlich entspannt, »keine morgendliche Hektik, kein: Schnell, schnell, wir kommen zu spät.«

Der Fünfjährige vermisst allerdings seine Freunde, »aber sie skypen schon miteinander, gerade gestern haben sie via Skype miteinander gespielt, sich zuerst ihre Spielsachen gezeigt, und dann entwickelte sich daraus ein Rollenspiel, nach zwei Stunden war dann aber leider der Akku leer«.

Waldspaziergang Über »Zoom« mache die Erzieherin aus dem Kindergarten täglich den Morgenkreis, sie schickt den Eltern vorher, »was dazu gebraucht wird, wie zum Beispiel ein Apfel, Walnüsse und eine Reibe für die Pessachvorbereitungen«.

Dem Bewegungsbedürfnis der Kinder wird mit Waldspaziergängen Rechnung getragen, »dabei lernen sie ja auch viel«. Alle sagten derzeit, sie hätten so viel freie Zeit, »ich arbeite oder versorge die Kinder, und abends bin ich völlig erledigt«, erzählt Wiebke Rasumny.

Die Kinder von Andrea Livnat finden Spiele von früher ganz toll.

Andrea Livnat lebt in Tel Aviv, sie hat ihren drei Jungs gerade Gummitwist beigebracht. »Spiele von früher finden sie ganz toll«, erzählt sie lachend. Der Große, 14 Jahre alt, sei meistens beschäftigt. »Er spielt Klavier, hat Projekte für die Schule. Und der Kleine, sechs Jahre alt, spielt alles durch, was verfügbar ist. Das Problem ist der Elfjährige, er ist zu groß für Playmobil und Lego, aber zu klein, sich selbst zu beschäftigen, ihm fehlt es, draußen mit den Freunden herumzutoben.«

Youtube Zum Glück hat die Familie einen Garten. »Wer nun mit den neuen Ausgangsbeschränkungen mit Kindern in einer kleinen Wohnung sitzt, hat es echt schwer«, sagt Andrea Livnat. Schön sei aber, wie viel kommuniziert werde. »Man hat gar keine Zeit mehr vor lauter ›social distance contact‹«, lacht sie.

Sich fit zu halten, sei im Übrigen kein Problem. »Ich habe auf YouTube den Kanal von Gabi Fastner entdeckt, sie bietet viele kostenlose Fitness-Videos zum Mitmachen an, sowohl für Geübte als auch für Anfänger.«

Wer dennoch fürchtet, dass er seine Fitness verliert, der kann sich von Makkabi Deutschland auf Facebook Work-outs für Erwachsene hochladen, Übungsvorschläge für Jugendliche gibt es auf Instagram. »Jeder, der seine eigenen vier Wände als erdrückend empfindet, kann da mitmachen«, sagt Mike Delberg von Makkabi Deutschland.

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