Rosch Haschana

Geballte Frauenpower zum neuen Jahr!

Zwei jüdische Frauen feiern Rosch Haschana. (Fotografie von 1905) Foto: picture-alliance / brandstaetter images/Austrian Archives

An Rosch Haschana feiern wir den Beginn eines neuen Jahres und gedenken der Erschaffung der Welt. Dies ist praktisch eine Steilvorlage für meine Kolumne zu den feministischen Größen im Judentum. Denn nichts steht mehr für das Hervorbringen von Leben als die Frau.

Zu Rosch Haschana möchte ich euch daher vier Frauen vorstellen, die sinnbildlich für den Beginn des Judentums, des Lebens und unserer Geschichte stehen: die vier Matriarchinnen Sarah, Rivka, Rachel und Lea. Was einigt sie und was können wir auch heute noch von ihnen lernen?

Sarah, unsere erste Matriarchin, war die Ehefrau von Abraham und Mutter von Yitzak. Sowohl Abraham, als auch Yitzak zählen zu den Patriarchen. Den Namen Sarah trug sie allerdings nicht von Beginn an, denn der Ewige änderte ihren vorherigen Namen Sarai (meine Prinzessin) zu Sarah (die Prinzessin). Dies ist bereits ein erster Hinweis auf die enorme Bedeutung, die Sarah eben nicht nur für spezifische Personen haben wird (meine Prinzessin), sondern für uns alle (die Prinzessin).

Nicht umsonst wird sie häufig auch als »Sarah Imeinu« bezeichnet, was übersetzt »Sarah unsere Mutter« bedeutet. Gemeinsam mit ihrem Ehemann verbrachte sie ihr langes Leben damit, über Haschem, den Ewigen, zu lehren, was in Zeiten der verbreiteten Götzenanbetung eine enorme Herausforderung war. Bekannt war sie für ihre innere und äußere Schönheit, ihre Gastfreundschaft sowie ihr Vertrauen auf den Ewigen. Dieses Vertrauen wurde belohnt: Noch im hohen Alter gebar sie ihren lang ersehnten Sohn Yitzak.

Rivka, unsere zweite Matriarchin, ist die Ehefrau von Yitzak. Ihr familiärer Hintergrund ist alles andere als harmonisch: Sowohl ihr Vater Bethuel, als auch ihr Bruder Laban werden in der Tora und im Midrasch als böse, durchtriebene und teils gierige Persönlichkeiten portraitiert.

Im Gegensatz dazu steht Rivka, die durch ihr gutes Herz und ihre selbstlose Hingabe auffällt. Die Tora beschreibt u.a. eine Begegnung mit Eliezar, dem Diener Abrahams, den sie aufopfernd versorgt und ihm zu trinken gibt. Auch Yitzak erkennt Rivkas Charakter sofort, heiratet, liebt und achtet sie sehr.

Das Ehepaar kämpfte jedoch mit Unfruchtbarkeit und wie schon Sarah, wandte sich Rivka mit Gebeten und Bitten an Haschem. Die unglaublich schwierige Schwangerschaft, die mit der Geburt der Zwillinge Jakov und Esau endete, war begleitet von Ängsten, (Selbst-)Zweifeln und wiederholenden Gesuchen bei Weisen.

Bekannt ist Rivka auch für die Unterstützung ihres Sohnes Jakov bezüglich des Segens, welcher Yitzak eigentlich an seinen Sohn Esau geben wollte. Durch einen Trick gelingt es ihnen, den Segen an Jakov zu übertragen, was jedoch die Rivalität zwischen den beiden Brüdern auf die Spitze trieb. Aus Angst vor der Rache Esaus, schickte Rivka Jakov letztendlich zu ihrer Familie, obwohl sie zu diesen kein gutes Verhältnis hatte.

Rachel würde man heute wahrscheinlich als »outdoor person« beschreiben. Sie liebte es in der Natur zu sein, war extrem anpassungsfähig und von Innen und Außen wunderschön. Auch Tiere, vor allem Schafe, hatten es ihr angetan. Dies findet sich auch als Hinweis in ihrem Namen wider, denn Rachel bedeutet übersetzt die Schafsmutter. Von Beginn gab es eine enge Beziehung zwischen ihr und Jakov und sie schien die perfekte Frau für ihn zu sein.

Allerdings entschied ihr Vater Laban, dass zunächst Rachels ältere Schwester Lea verheiratet werden sollte. Dies setzte er durch einen Hinterhalt am geplanten Hochzeitsabend um. Obwohl Rachel die Chance geboten wurde, dies zu verhindern, entschied sie sich dagegen um ihrer Schwester eine Bloßstellung zu ersparen. Diese selbstlose Handlung führte dazu, dass sie Jakov zwar als zweite Frau heiraten durfte, jedoch von Beginn an Spannungen zwischen den beiden Schwestern herrschten.

Rachel kämpfte zunächst mit Unfruchtbarkeit, gebar jedoch später zwei Söhne. Bei der Geburt ihres Sohnes Benjamin verstarb sie jedoch. Ihre Magd Bilah gebar auf ihren Auftrag hin ebenfalls zwei Söhne. Alle vier wurden später Stammväter Israels.

Lea, die ältere Schwester Rachels und erste Frau Jakobs, stand von Beginn an im Schatten ihrer schönen Schwester Rachel. Während Rachel als aktiv, engagiert und positiv beschrieben wird, werden die Augen Leas, die als Tor zur Seele gelten, als müde und weich beschrieben. Ihr Vater verhalf ihr zur Heirat mit Jakov und sie gebar ihm sechs der zwölf Stammväter Israels sowie die Tochter Dina. Jedoch schien auch Jakov ihre Schwester Rachel stets zu bevorzugen, was Lea als verzweifelte und um seine Gunst kämpfende Frau zurückließ.

Gutmütig, stark, selbstlos und gottesfürchtig – nur eine Auswahl der Eigenschaften, die die Matriarchinnen Israels auszeichnen. Charakterlich so unterschiedlich und doch geeint in so vielem. Sie legten den Grundstein für das Volk Israel, gingen als Vorbilder voran und stellten sich Herausforderungen mit Stolz und unbändigem Willen. Sie beugten sich nicht vor ausweglos erscheinenden Lebenslagen und wussten stets, dass der Ewige an ihrer Seite stand und Großes mit ihnen vorhatte.

Vor allem in diesen Zeiten, in denen sich Statements wie »Mee too – unless you are Jewish!« zu bewahrheiten scheinen, dürfen wir nicht vergessen, wer wir sind und was uns auszeichnet! Von Beginn des jüdischen Volkes, über Generationen hinweg, bis heute reihen sich unzählige Frauen, die genau diese Eigenschaften verinnerlicht haben und sich nicht unterkriegen lassen.

Möge das neue Jahr für uns alle voll von Gesundheit, Kraft, Stäke und Zusammenhalt sein - Shana Tova!

Dieser Text ist zuerst bei »Eda« erschienen, dem Magazin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland. Mehr Informationen finden Sie auf der Website oder dem Instagram-Kanal von »Eda«.

Fachtagung

Jüdische Schüler geben sich oft nicht als solche zu erkennen

Diese Tendenz habe sich nach dem 7. Oktober verstärkt.

 15.10.2024

München

Von Stadtrundgang bis Synagoge

Der Europäische Tag der jüdischen Kultur in der IKG bot unter dem Motto »Familie« ein vielfältiges Programm

von Nora Niemann  14.10.2024

Berlin

Zu Besuch in Deutschlands einzigem koscheren Hotel

Ilan Oraizers King David Garden Hotel ist ein Unikum in der Bundesrepublik

von Nina Schmedding  13.10.2024

München

Vorträge, Bücher und Diskussionen

Meldungen aus der IKG

 13.10.2024

Berlin

Wo werde ich hingehen?

Vivian Kanner ist Sängerin und Schauspielerin – und denkt darüber nach, Deutschland zu verlassen

von Matthias Messmer  13.10.2024

Frankfurt

Ein Haus für alle

Der Zentralrat feierte mit vielen Gästen das Richtfest für die Jüdische Akademie in Frankfurt

von Eugen El  12.10.2024

Feiertage

Chatima towa, oder was?

Was von Rosch Haschana über Jom Kippur bis Sukkot die korrekte Grußformel ist

von Rabbiner Yaacov Zinvirt  11.10.2024 Aktualisiert

München

Eine starke Gemeinschaft

Israels früherer Ministerpräsident Naftali Bennett besuchte die IKG

von Luis Gruhler  11.10.2024

Frankfurt

»Jewrovision für den Kopf«

Anfang November rätseln junge Gemeindemitglieder bei »The Jewish Quiz« um die Wette. Ein Gespräch mit Marat Schlafstein und Nachumi Rosenblatt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.10.2024