Interview

Fünf Minuten mit …

»Wir sind optimistisch und öffnen die Schule einfach schon einmal«: Rabbiner Naftoly Surovtsev sammelte per Crowdfunding Geld für sein Projekt. Foto: Alex Janetzko

Herr Rabbiner Surovtsev, Sie wollen in Potsdam eine Sonntagsschule einrichten. Warum ist sie Ihnen so wichtig?
Wenn jüdische Kinder keine jüdische Identität entwickeln, hat Gemeindeleben keine Zukunft. Die meisten Mitglieder unserer Potsdamer Gemeinde sind älter als 50 Jahre, und es ist sehr schwierig, die jüngere Generation in die Synagoge zu bringen. Deshalb benötigen wir, zusätzlich zum Jugendzentrum »Lifroach«, eine Sonntagsschule für Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahren.

Das Konzept für die Sonntagsschule liegt vor, Knackpunkt ist jetzt noch die Finanzierung. Sie haben das Projekt schon durch eine Crowdfunding-Aktion im Internet beworben. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Ich benutze oft Facebook, schreibe und poste dort kleinere Artikel und Notizen. Bei Facebook habe ich auch entdeckt, dass manche meiner israelischen und amerikanischen Kollegen Crowdfunding für ihre Projekte aktiv betreiben. Und offenbar funktioniert das sehr erfolgreich.

Wie muss man sich das Ganze praktisch vorstellen?

Wichtig ist, eine wirklich lebendige Projektbeschreibung zu haben, und dazu noch ein anspruchsvolles Video. Danach sucht man sich online eine passende Crowdfunding-Plattform. Ich selbst habe mich für jewcer.com entschieden, eine Plattform, die nur für jüdische Crowdfunding-Aktionen angelegt ist. Dann aber geht es in die schwierigste und aufwendigste Phase: die Werbung. Man ist eigentlich darauf angewiesen, alle Freunde und Bekannten um Unterstützung zu bitten – über Facebook, E-Mails, Twitter und andere Netzwerke.

Ihre Aktion ist gerade zu Ende gegangen. Hat sie das erbracht, was Sie sich vorgestellt haben?

Ich bin allen meinen Freunden und Bekannten sehr dankbar, die schon für die Sonntagsschule gespendet haben. Knapp die Hälfte der benötigten Finanzierung ist durch die Aktion hereingekommen. Wer will, kann unsere Potsdamer Gemeinde auch direkt unterstützen. Wir sind optimistisch und öffnen die Schule einfach schon einmal.

Kennen Sie solche Aktionen schon aus anderen jüdischen Gemeinden in Deutschland? Ursprünglich kennen wir dieses Prinzip der Finanzierung ja eher aus dem Bereich des Kulturmanagements …
Zwei Tage vor Beginn meiner Crowdfunding-Aktion habe ich bemerkt, dass die jüdische Gemeinde in Lodz (Polen) auf die gleiche Weise Spenden für ihren Kindergarten gesammelt hat. Aber in Deutschland scheint dies wohl die erste Aktion dieser Art für ein jüdisches Bildungsprojekt zu sein.

Mit dem Potsdamer Rabbiner sprach Olaf Glöckner.

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025