Interview

Fünf Minuten mit ...

Noemi Staszewski Foto: Rolf Walter

Frau Staszewski, am 27. Januar jährt sich die Befreiung des KZs Auschwitz zum 70. Mal. Seit zwölf Jahren gibt es den Frankfurter Treffpunkt für Schoa-Überlebende. Wie notwendig ist er heute noch?
Die Anzahl der älteren Überlebenden wird natürlich immer geringer, jetzt suchen immer mehr Child Survivors unsere Zentren auf. Viele dieser nach 1928 Geborenen, die während der Schoa noch Kinder waren, haben sich bisher nicht zu Wort gemeldet. Sie konnten sich mit der Thematik lange Zeit nicht auseinandersetzen. Erst mit dem Älterwerden und nach Ereignissen wie Krankheiten oder Tod des Partners kommen sie zu uns, um Hilfe oder Gleichgesinnte zu finden.

Sie haben auch Treffpunkte in anderen Städten, wie läuft die Arbeit dort?
Der Frankfurter Treffpunkt und auch die 15 übrigen Einrichtungen der Gemeinden in anderen Städten beschäftigen sich primär mit der ersten Generation, also mit den Überlebenden selbst. Diese Gruppe ist keineswegs homogen – es gibt Unterschiede in den Bedürfnissen und in der Art der Unterstützung. Überlebende der Ghettos, KZs, Arbeitslager oder aus der Illegalität sowie die Child Survivors haben sehr verschiedene traumatische Erfahrungen gemacht.

Welche Bedürfnisse sind das?
Die meisten Älteren brauchen Begleitung bei Behördengängen, Hilfe beim Organisieren von Sozial- und Pflegediensten, Unterstützung im Alltag und dann leider oft beim Übergang in Pflegeeinrichtungen. Zudem unterscheiden sich die Bedürfnisse der Alteingesessenen von denen der Zuwanderer, egal welcher Gruppe sie angehören. Und das hängt mit den sozialen Unterschieden sowie mit den unterschiedlichen Erfahrungen der Schoa in der ehemaligen Sowjetunion und Westeuropa zusammen; der größte Teil der Überlebenden, die aus der ehemaligen Sowjetunion stammen, lebt von der Grundsicherung und hat primär finanzielle, medizinische und andere Grundbedürfnisse. Sie kämpfen aber natürlich auch gegen die Vereinsamung. Bei den Child Survivors geht es viel stärker um psychologische Probleme, um Fragen nach Identität und Anerkennung des Schicksals.

Wie sind die Mitarbeiter auf diese Hilfestellungen vorbereitet?
In unserem Zentrum arbeiten Sozialarbeiter, Ehrenamtliche und Psychoanalytiker stundenweise beziehungsweise in Teilzeit und kümmern sich um etwa 250 Personen. Zu etwa 130 von ihnen haben wir regelmäßigen Kontakt. Mit den Angeboten auch in anderen Städten hat die ZWST bislang zusammen 10.000 Überlebende erreicht. Leider fehlen derzeit die finanziellen Mittel für mehr Personal für alle unsere Überlebenden-Programme. Wir würden uns gern verstärkt um die zweite und dritte Generation kümmern. Das ist dringend, weil der Bedarf unglaublich groß ist. Wir haben momentan personell leider nicht die Kapazitäten, um alle an uns herangetragenen Anfragen befriedigen zu können.

Gibt es eine besondere Ausbildung für die Mitarbeiter der Anlaufstellen?
Die ZWST bietet für die Sozialarbeiter, die Überlebende betreuen, Fortbildungen und Coaching an – und auch Beratung, wenn es Probleme in der Einzelfallbetreuung gibt.

Wer finanziert Ihre Arbeit?
Die Einrichtungen werden von der ZWST und mit Hilfe der Claims Conference, über Projektgelder der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und durch Spenden finanziert, die meist von der ZWST eingeworben werden. Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann hat uns bei seinem Besuch einen Scheck überreicht und zugesagt, den Treffpunkt weiter zu unterstützen.

Mit der Projektleiterin der Programme für Holocaust-Überlebende der ZWST sprach Canan Topçu.

Ratsversammlung

»Die Gemeinden sind das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft«

In Frankfurt kamen 90 Delegierte aus den Landesverbänden zusammen, um aktuelle Anliegen und Sorgen zu besprechen. Gastredner war Kulturstaatsminister Wolfram Weimer

von Katrin Richter  03.12.2025

Jewish Quiz

»Das ist fast wie bei den Samstagabend-Shows«

Am Wochenende raten in Frankfurt über 500 Jugendliche um die Wette. Dabei geht es um mehr als bloße Wissensabfrage, betonen die Organisatoren der Veranstaltung

von Helmut Kuhn  03.12.2025

Berlin

Ein Nachmittag voller Licht

Mitzwa Express lädt zum traditionellen Chanukka-Basar in die Synagoge Pestalozzistraße ein

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Trauer

Mit gebrochenem Herzen

Die Israelitische Kultusgemeinde nahm Abschied von Rebbetzin Shoshana Brodman sel. A., die Anfang November nach langer Krankheit starb

von Esther Martel  02.12.2025

Kulturtage

»Weitermachen ist die einzige Chance«

»Jüdisches Leben in Deutschland – Heute und Morgen«: Ein Podium stellte die Frage nach gesellschaftlichen Dynamiken und Konsequenzen nach dem 7. Oktober

von Esther Martel  02.12.2025

Planegg

Historische Sensation

Eine Ausstellung erzählt vom Schicksal Jakob Hirschs, der 1818 als erster Jude in Bayern geadelt wurde

von Ellen Presser  02.12.2025