Interview

Fünf Minuten mit ...

»Zuwanderer interessieren sich besonders für die regionale Geschichte und Kultur.«: Hans-Jürgen Schulze-Eggert Foto: Tobias Barniske

Herr Schulze-Eggert, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Potsdam hat vor Kurzem ihren 20. Geburtstag gefeiert. Herzlichen Glückwunsch!
Dankeschön. Was uns in dieser Stunde besonders freut: Die Mitgliederzahl wächst – ein Trend, der keineswegs selbstverständlich ist. Juden, Protestanten und Katholiken engagieren sich bei uns gleichermaßen.

Und das mitten in Ostdeutschland …
Ja, daran können Sie sehen, dass gängige Klischees eben auch ganz schnell versagen. In protestantischen Kreisen gab es schon zu DDR-Zeiten ein großes Interesse an der lokalen jüdischen Geschichte – obwohl in Potsdam nach 1945 keine jüdische Gemeinde mehr existierte. Der Pfarrer Dietmar Beuchel schaffte es, schon 1988 eine vielbeachtete historische Ausstellung über die jüdische Geschichte in Potsdam zu organisieren.

In der Landeshauptstadt leben heute viele Hundert jüdische Männer, Frauen und Kinder, es gibt mehrere jüdische Gemeinden. Wie werden die von Ihrer Gesellschaft erreicht?
Fast alle dieser Juden sind GUS-Zuwanderer. Es ist eine sehr bunte, vielseitig interessierte Gemeinschaft: Künstler, Intellektuelle, Ingenieure, Ärzte. Unsere Veranstaltungen geben häufig den Rahmen für Gespräche, Bekanntschaften und manchmal auch für entstehende Freundschaften. Das gegenseitige Interesse ist erfreulich.

Wird die Mitverantwortung der Kirchen an der Jahrhunderte währenden, offenen Judenfeindschaft in Europa und ihr Versagen im Dritten Reich thematisiert?
Das Thema ist durchaus von Interesse, zumal wir auch Historiker, Theologen und Religionswissenschaftler im Verein haben. Natürlich wird auch darüber diskutiert, was Christentum und Judentum an gemeinsamen Wurzeln haben und was beide Religionen trennt. Häufig kommen aber auch ganz andere Themen und Wünsche.

… die da wären?
Unter den jüdischen Zuwanderern haben viele ihr Herz für Potsdam entdeckt. Sie interessieren sich für die regionale Geschichte, hiesige Kunst, Musik und Literatur. Es ergeben sich häufig Berührungspunkte von christlicher und jüdischer Kultur. Wenn wir Stadtrundgänge, Friedhofsbegehungen oder auch Exkursionen – wie letztens zur alten Klaus-Synagoge in Halberstadt – unternehmen, dann ist die Resonanz meistens sehr groß.

Gibt es junge Menschen in größerer Zahl, die sich für die Arbeit der Gesellschaft interessieren?
In größerer Zahl leider nicht. Aber wir freuen uns über junge Katholiken, Protestanten und Juden in unserem Vorstand, und neuerdings gibt es auch Kontakte zur jüdischen Studentengemeinde Beth Hillel. Auch das Abraham-Geiger-Kolleg Potsdam unterstützt unsere Arbeit. Aber wie bei allen ehrenamtlichen Mitstreitern können sie nie genug sein.

Mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Potsdam sprach Olaf Glöckner.

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025

Vertrag

Jüdische Gemeinde Frankfurt erhält mehr Gelder

Die Zuwendungen durch die Mainmetropole sollen bis 2031 auf 8,2 Millionen Euro steigen

von Ralf Balke  11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Hannover

Ministerium erinnert an 1938 zerstörte Synagoge

Die 1938 zerstörte Neue Synagoge war einst mit 1.100 Plätzen das Zentrum des jüdischen Lebens in Hannover. Heute befindet sich an dem Ort das niedersächsische Wissenschaftsministerium, das nun mit Stelen an die Geschichte des Ortes erinnert

 10.11.2025

Chidon Hatanach

»Wie schreibt man noch mal ›Kikayon‹?«

Keren Lisowski hat die deutsche Runde des Bibelquiz gewonnen. Jetzt träumt sie vom Finale in Israel

von Mascha Malburg  10.11.2025

München

Gelebte Verbundenheit

Jugendliche engagieren sich im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes in den Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde

von Esther Martel  09.11.2025

Sport

»Die Welt spielt gerade verrückt«

Alon Meyer über seine Wiederwahl zum Makkabi-Präsidenten in ganz besonderen Zeiten, den enormen Mitgliederzuwachs und die Zukunft des jüdischen Sportvereins

von Helmut Kuhn  09.11.2025

Erlangen

Bald ein eigenes Zuhause

Nach jahrzehntelanger Suche erhält die Jüdische Kultusgemeinde ein Grundstück für den Bau einer Synagoge

von Christine Schmitt  09.11.2025

Erinnerung

Den alten und den neuen Nazis ein Schnippchen schlagen: Virtuelle Rundgänge durch Synagogen

Von den Nazis zerstörte Synagogen virtuell zum Leben erwecken, das ist ein Ziel von Marc Grellert. Eine Internetseite zeigt zum 9. November mehr als 40 zerstörte jüdische Gotteshäuser in alter Schönheit

von Christoph Arens  09.11.2025