Interview

Fünf Minuten mit

Herr Rabbiner, Sie haben das kürzlich auf Deutsch erschienene Buch »Hebräisch Lesenlernen und Verstehen« jetzt auch auf Russisch veröffentlicht. Warum?
Weil ich dadurch auch den russischsprachigen Gemeindemitgliedern die Möglichkeit geben möchte, im Selbststudium oder im Unterricht die Grundlagen der hebräischen Sprache zu erlernen. Die russischsprachigen Beter sollen den Synagogengottesdienst verfolgen und die Gebete und Segenssprüche in Hebräisch lesen können. Mit dem Lernprogramm in Deutsch und in Russisch können sie in beiden Sprachen lernen. Ich habe in meiner Gemeinde Kurse, die Großeltern zusammen mit ihren Enkeln besuchen. Jetzt können sie generationsübergreifend jeweils in der anderen Sprache mit dem gleichen Lehrbuch gemeinsam unterrichtet werden.

Aber es gibt doch Siddurim mit russischer Transkription für den Gottesdienst. Zudem heißt es, dass es beim Gebet weniger auf Sprache als auf die geistige Hingabe ankommt. Warum also Hebräisch?
Diese Frage wird schon im Talmud thematisiert. Wer Hebräisch nicht beherrscht, kann in Deutsch, Russisch oder jeder anderen Sprache beten. Doch über unsere heilige Sprache, Laschon Hakodesch, ergibt sich auch ein Bezug zum Judentum. Ohne das hebräische Original ist die tiefe Bedeutung der Buchstaben und Wörter der Tora nicht zu verstehen. Und wenn ein russischsprachiger Beter zur Tora aufgerufen wird, kann er zwar die Bracha in russischer Transkription vortragen. Doch wenn er den Segensspruch stattdessen auf Hebräisch lesen und sprechen kann, fühlt er sich viel besser. So kam eben von den Betern die Bitte, das Lernprogramm zu übersetzen. Identität kann man durch Lernen und Verstehen stärken, dafür sind die Bücher da.

Nimmt das Interesse an Hebräisch zu?
Auf jeden Fall, das kann ich zumindest von meiner Gemeinde behaupten. Wir versuchen, unsere Mitglieder dafür zu gewinnen. Zum Beispiel bemühen wir uns im Kindergarten, auch Eltern und Großeltern mit einzubeziehen, sie für religiöse Themen und eben darüber für Hebräisch zu unteressieren.

Gibt es nicht schon genug Lehrmaterial, auf das man dabei zurückgreifen kann?
Es gibt zwar bereits genügend Material über das Judentum. Auch existieren eigens für die Diaspora entwickelte Sprachprogramme. Aber die sind für Schulen gedacht, an denen die Kinder etwa zehn Wochenstunden Hebräisch lernen. Das funktioniert bei uns nicht. Für unsere Kinder und Jugendlichen und auch für die Erwachsenenbildung gibt es eindeutig zu wenig pädagogisch aufbereitetes Lehrmaterial.

Wie lange braucht jemand im Selbststudium, um anhand des Lernprogramms die Grundlagen zu erwerben?
Das geht relativ schnell. Ich schätze, innerhalb von drei bis vier Monaten sind Vokale und Konsonanten zu lernen, erste Sätze und eben Brachot zu lesen und zu verstehen.

Mit dem Rabbiner der Gemeinde Mülheim-Duisburg-Oberhausen sprach Detlef David Kauschke

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Porträt

Am richtigen Ort

Arie Oshri ist Koch, Dragqueen und lebt in seiner Wahlheimat Berlin

von Alicia Rust  20.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025