Interview

»Freudentränen werden kullern«

Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland Foto: Gregor Zielke / Zentralrat der Juden in Deutschland

Interview

»Freudentränen werden kullern«

Daniel Botmann über Vorfreude, Vorbereitung und gelebte Jüdischkeit bei der Jewrovision

von Heide Sobotka  25.05.2022 15:57 Uhr

Herr Botmann, jetzt geht es endlich los. Wie fühlen Sie sich kurz vor dem Start der Jewrovision?
Ich bin voller Vorfreude und neugierig! Drei Jahre nach der letzten Jewrovision sind alle hungrig nach Gemeinschaft, Wiedersehen und gemeinsam gelebter Jüdischkeit. Darauf freue ich mich auch persönlich. Und ich bin neugierig, weil ich sehr auf die Auftritte der Jugendzentren gespannt bin.

Die Teilnehmerzahl hat sich von 15 auf zwölf Jugendzentren verringert, die Altersgrenze nach oben aber hat sich von 18 auf 20 Jahre erhöht. Warum?
Die lange Ungewissheit, ob und wann die nächste Jewrovision stattfinden wird, führte zu einer nur kurzen Vorbereitungszeit. Um diese Herausforderung besser zu meistern, haben sich einige Städte zu einem gemeinsamen Act zusammengeschlossen. Leider konnten aber, auch aufgrund der lange Zeit noch geltenden Corona-Bestimmungen, einige Gruppen keinen Auftritt mit den dazugehörigen Proben mehr bewerkstelligen. Damit hat sich die Anzahl der Auftritte etwas reduziert. Mit der einmaligen Erweiterung des Teilnehmeralters wollten wir all denen die Teilnahme an der Jewrovision ermöglichen, die vor zwei Jahren letztmalig hätten teilnehmen können. Dass die Jewrovision ausgefallen ist, ist nicht ihre Schuld.

Alle Corona-Maßnahmen sind ausgesetzt, werden Sie dennoch Tests anbieten oder andere Hygiene-Vorkehrungen treffen?
Wir halten uns an die rechtlichen Vorgaben und gehen vorsichtshalber an vielen Stellen darüber hinaus. Alle Jugendlichen sind angehalten, sich vor der Anreise nach Berlin zu testen. Dies wird von den Jugendzentren kontrolliert. Im Estrel Hotel ist eine öffentliche Teststelle eingerichtet. Für die Veranstaltung gilt eine Maskenempfehlung. Für die Gäste der Jewrovision Show gilt die 3G-Regel.

Haben Sie schon etwas aus den Jugendzentren gehört? Wie groß ist die Vorfreude oder Anspannung?
Aus den Gemeinden wissen wir, dass die Jugendlichen, aber auch die Madrichim, es kaum erwarten können! Die Menge und Intensität der Posts vorwiegend auf Instagram zeigt, wie sehr sich die Jugendlichen auf diese Jewrovision freuen. Viele sind aufgeregt vor dem Auftritt. Es ist schön zu sehen, wie sehr auch Eltern, Geschwister, Freunde, ehemalige Teilnehmer und viele andere mitfiebern.

Die Vorbereitungszeit war in diesem Jahr ja sehr kurz, weil nicht wirklich absehbar war, wie sich das Infektionsgeschehen entwickeln würde. Was erwarten Sie persönlich von den vier Tagen in Berlin?
Vor allem Freude. Viele Jugendliche haben sich seit über zwei Jahren nicht mehr gesehen. Sie werden sich in die Arme fallen, und die eine oder andere Freudenträne wird kullern. Die Jewrovision ist aber auch identitätsstiftend für die Jugendlichen. Sie kehren nach diesen vier Tagen mit aufgefüllten Akkus zurück in ihre Städte und haben die Gewissheit, Teil einer starken, vitalen und selbstbewussten jüdischen Gemeinschaft zu sein.

Sind Sie und Ihr Team gut vorbereitet? Werden Sie persönlich die ganze Zeit dabei sein?
Unsere Mitarbeiter und viele Freiwillige sind seit Wochen und Monaten mit den Vorbereitungen für die Jewrovision befasst. Eine Veranstaltung mit weit mehr als 1200 Teilnehmern ist ein großer Kraftakt, den die Mitarbeiter des Zentralrats stemmen. Wir sind gut vorbereitet, und ich freue mich auf die vier Tage, bei denen ich selbstverständlich dabei sein werde.

Die Fragen an den Geschäftsführer des Zentralrats der Juden stellte Heide Sobotka.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

München

Das Schweigen brechen

Stephan Lebert und Louis Lewitan stellten ihr neues Buch »Der blinde Fleck« über ein deutsches Tabu und seine Folgen vor

von Helen Richter  03.07.2025

Sport

Fit mit Makkabi

Schmerzt der Rücken? Fehlt die Kraft? Wir haben vier Übungen für alle, die fit im Alltag werden wollen. Gezeigt hat sie uns Noah von Makkabi

von Katrin Richter  03.07.2025

Berlin

»Wie vorm Berghain«

Avi Toubiana über das Kosher Street Food Festival, organisatorische Herausforderungen und Warteschlangen

von Helmut Kuhn  03.07.2025

Lesung

Familiengeschichten

Der Autor Daniel Zylbersztajn-Lewandowski stellte im »taz-Café« zwei Bücher über seine Vorfahren vor – und lernte bislang unbekannte Verwandte kennen

von Alicia Rust  03.07.2025

Chemnitz

Marx und Mikwe

Die Jüdische Gemeinde präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr zwischen Baustelle, Geschichte und Begegnung. Ein Ortsbesuch

von Anett Böttger  02.07.2025

Meinung

Nicht ohne meine Klimaanlage!

Warum sich Deutschland im Sommer an Israel ein Beispiel nehmen sollte

von David Harnasch  02.07.2025 Aktualisiert

Interview

Das hilft wirklich gegen zu viel Hitze und Sonne

Yael Adler über die Frage, wie wir uns am besten schützen können und was wir im Sommer von den Israelis lernen können

von Philipp Peyman Engel  02.07.2025 Aktualisiert

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025