Karlsbad

Freiheit, Respekt und Toleranz

Barbara Traub (l.) und Walter Homolka (r.) Foto: Heinz-Peter Katlewski

Barbara Traub hatte allen Grund zur Freude, aber am meisten sah die IRGW-Vorstandsvorsitzende, die an der 24. Jahrestagung der Union progressiver Juden in Deutschland (UpJ) Ende Mai in Karlsbad teilnahm, den Schabbat-Gottesdiensten, den Tagungsangeboten für Kinder sowie den geplanten Gesprächsrunden entgegen.

Traub nahm an der Konferenz allerdings nicht nur als Besucherin teil, sondern auch als Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland. In ihrem Grußwort überbrachte sie den über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern daher auch die Grüße des Zentralrats sowie von dessen Präsident Josef Schuster.

Tora In ihrer mehrfach von Beifall unterbrochenen Rede wies Barbara Traub darauf hin, dass es ihre württembergische Landesgemeinde geschafft habe, liberale und orthodoxe Juden mit jeweils eigenen Gottesdiensten unter einem Dach zu vereinen. Mit den Fragen der innerjüdischen Pluralität und des Umgangs miteinander hätten die Delegierten den Finger am Puls der Zeit. Und schon die Tora liefere zahlreiche Beispiele für Auseinandersetzungen innerhalb der jüdischen Familie.

Wie einschneidend diese sein können, illustrierte Lea Mühlstein, Präsidentin von ARZENU, einer internationalen reformzionistischen Bewegung, anhand des Streits um den religiösen Pluralismus in Israel.

Die Überlegung, die Religion einzubinden, um sie in einem modernen Israel zu begrenzen, sei zwar nachvollziehbar. Auch sie wolle nicht die Trennung von Staat und Judentum analog zur Trennung von Staat und Kirche. Aber das Judentum habe nun einmal unterschiedliche Strömungen.

Kotel »Unsere Auslegung der Religion muss auch gültig sein«, betonte Mühlstein. Immerhin seien über 60 Prozent der Israelis nicht orthodox, die liberalen Bewegungen würden rasant wachsen, und hinzu komme, dass es Juden, wo immer sie lebten, möglich sein müsse, sich mit dem Staat Israel zu identifizieren. Wenn ihnen aber zum Beispiel ein Platz für das egalitäre Gebet an der Kotel verweigert werde, dann sei das ein Problem.

Barbara Traub erinnerte an die Schwierigkeiten im Alltag: den antisemitischen Al-Quds-Tag in Berlin am ersten Juni-Wochenende, den zunehmenden Judenhass, die Debatten darüber, ob Juden es riskieren sollten, öffentlich Kippa zu tragen, und die weltweit aufkeimenden neuen Ethno-Nationalismen.

Es gehe für alle Juden um nichts Geringeres als um die Durchsetzung der Grundrechtsordnung von Freiheit und Toleranz. »Wir müssen die Reihen schließen. Als Juden und gemeinsam mit allen rechtschaffenen Bürgerinnen, Bürgern und Freunden auch jenseits unserer Synagogen.«

Weg Im Umgang miteinander aber seien Freiheit, Respekt und Toleranz die Schlüsselworte für sämtliche Weichenstellungen. Dem schloss sich auch der UpJ-Vorsitzende Rabbiner Walter Homolka an. »Frau Traub, ihre Worte haben uns gutgetan. Lassen Sie uns auf diesem Weg gemeinsam weiter voranschreiten.« Barbara Traub dankte Andrea Pfeffer Ferklová, der Oberbürgermeisterin von Karlovy Vary, für die freundliche Aufnahme in der Stadt und lobte die UpJ dafür, den europäischen Gedanken mit Leben zu füllen.

Freundliche Worte für die Gäste aus Deutschland fanden nicht nur die Oberbürgermeisterin und der israelische Botschafter in Tschechien, Daniel Meron, sondern auch Pavel Rubin, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde von Karlovy Vary, sowie der stellvertretende Vorsitzende der Föderation der Jüdischen Gemeinden der tschechischen Republik, Michael Hron.

Aus Hrons Sicht biete das liberale Judentum die besten Voraussetzungen für eine Wiederbelebung der jüdischen Gemeinden in seinem Land, in dem gerade einmal zehn Prozent der Bevölkerung konfessionell gebunden seien.

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025