Aktion

Flashmob gegen Judenhass

Empörung», sagt Desiree, «dieses Wort gebraucht man so oft.» Hier aber sei es richtig gewählt gewesen: Empört, entsetzt und schockiert sei sie gewesen, als sie von dem Attentat im Jüdischen Museum Brüssel erfuhr, bei dem vier Menschen ermordet wurden.

«Weil die Fassade bröckelt, weil wir zugeben müssen, dass es wieder offenen Antisemitismus gibt», deshalb sei sie am Montagnachmittag auf die Zeil gekommen, erklärt Desiree, die der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt angehört. «Man muss politischer werden.»

zeichen Wie Desiree haben rund 100 Personen am Flashmob gegen Judenfeindlichkeit in der Frankfurter Fußgängerzone teilgenommen. Organisiert hatte die Aktion Elishewa Patterson, Vorsitzende des Jüdischen Kulturvereins Ostend. Über Facebook, E-Mail und Mundpropaganda hatte sie zu der öffentlichen Aktion unter dem Motto «Flagge zeigen gegen Antisemitismus» aufgerufen. «Damit wollen wir zeigen, dass wir da sind und dass wir keine Angst haben», so Patterson über die Idee ihrer Veranstaltung.

«Am Israel chai!» und «Antisemitismus raus!» riefen die Teilnehmer während des Flashmobs. Und: «So einen Anschlag darf es in Frankfurt, darf es in Deutschland niemals geben!» Doch nicht alle Passanten auf der Einkaufsmeile beachteten den ganz in Blau und Weiß gehaltenen Zug der Demonstranten.

Ganz anders Schirra, die aus Sardinien stammt und seit einem Jahr in Frankfurt lebt. Spontan nimmt die Italienerin ein Israel-Fähnchen in die Hand und schließt sich der singenden Gruppe an. Ihr Vater, erzählt sie, stammt aus einer bekannten genuesischen jüdischen Familie. Ihre Leidenschaft gilt der hebräischen Literatur.

solidarität
Norbert trägt einen dunklen Anzug und sieht aus, als sei er direkt vom Büro zum Flashmob geeilt. Seit anderthalb Jahren singt er in einem jüdischen Chor. Jetzt wolle er «Solidarität bekunden», betont er. Ein Zeichen setzen möchten auch Aslan und Orhan, die aus der Türkei und Aserbaidschan stammen. Sie sind mit ihren jüdischen Freunden auf die Zeil gekommen. «Dabei geht es uns nicht um Religion», sagt Orhan. «Wenn so etwas passiert wie in Brüssel, muss man als Mensch reagieren.»

«Dabei», sagt Rabbiner Julien Chaim Soussan, der zum ersten Mal an einem Flashmob teilnimmt, «sollten nicht wir auf die Straße gehen. Es ist doch vielmehr eine gesellschaftliche Verpflichtung, dem wachsenden Antisemitismus in Europa Einhalt zu gebieten.»

Soussan weiß, warum es die jüdischen Demonstranten nach einem so grausamen Anschlag wie dem im Brüssel auf die Straße treibt: «Es ist natürlich, dass Menschen, wenn sie Schmerz verspüren, laut aufschreien.»

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025