Trauma

Familienforschung

Blick in die Ausstellung Foto: Eva Jünger/Jüdisches Museum München

»Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis« lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Jüdischen Museum am Jakobsplatz. An die Stelle der Überlebenden ist ein neues Erinnerungsmodell, das der Zeugen der Zeitzeugen, getreten. Es wird einer Idee von Elie Wiesel zugeschrieben. Ein anderer Weg ist die Erforschung transgenerationaler Traumata, ausgehend von den Folgen der physischen und psychischen Verletzungen der Ersten Generation für deren Kinder, die sogenannte Zweite Generation, der inzwischen schon die dritte der Enkelkinder folgt. Menschen haben ein tradiertes Wissen durch Familienerzählungen, Briefe, Memoiren, Geschichtsbücher, sie haben aber – was durch aktuelle Forschung deutlich wird – auch ein Körpergedächtnis.

Einer, der dieses verborgene Wissen auf überwältigende Weise sichtbar machte, ist der kanadische Fotograf Rafael Goldchain. Er hatte von seiner Mutter ein Briefkonvolut seiner Großmutter aus den Jahren 1939 bis 1941 aus Ostrowiec erhalten. Dann brach die Korrespondenz ab. Alle Juden aus dem Ort waren nach Treblinka deportiert worden. Anhand erhaltener Fotografien fielen Goldchain physiognomische, das heißt genetische Familienähnlichkeiten auf. Über ihre Leben als Tischler, Buchhalter, Hausfrau konnte er nichts mehr finden. Doch er konnte sich mit Kostümen, Perücken und Make-up in ihr Äußeres hineinversetzen.

»I Am My Family«

So entstand unter dem Titel »I Am My Family« eine Serie von 36 Selbstporträts seiner Vorfahren. Etliche hatten dank Emigration nach Süd- und Nordamerika sowie Israel überlebt. Bei anderen brach das Leben in Polen ab. Goldchain schlüpfte in ihr Aussehen, wie es sich aus Fotos, Erzählungen und seiner Vorstellung ableiten ließ. In den Selbstporträts fand die Auferstehung von Bräuten und Rabbinern, Matronen und Musikern, Gelehrten und Schülern statt, die einmal Teil seiner Familie gewesen waren.

Allein schon diese eine ganze Wand ausfüllende Installation lohnt den Besuch. Hinzu kommen weitere Leihgaben aus Wien, ergänzt durch Arbeiten in München ansässiger Kunstschaffender wie Ilana Lewitan und Georg Soanca-Pollak.

Die Ausstellung ist bis zum 1. März 2026, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, zu sehen.

Weimar

Akkordeon und Drums

Seit 25 Jahren veranstaltet der Komponist Alan Bern den Yiddish Summer – auch diesmal mit vielen Bands und Workshop

von Blanka Weber  19.08.2025

Tu beAw

»Es war Liebe auf den ersten Blick«

Barbara und Reinhard Schramm sind seit fast 60 Jahren verheiratet. Ein Gespräch über lange Ehen, Glück und Engagement

von Blanka Weber  19.08.2025

Geburtstag

Holocaustüberlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 18.08.2025

Projekt

Erhalten und sichtbar machen

Die ErinnerungsWerkstatt erforscht auf dem Neuen Israelitischen Friedhof jüdische Schicksale und bewahrt sie vor dem Vergessen

von Ellen Presser  18.08.2025

Münster

Wenn Musik tatsächlich verbindet

Wie ein Konzert die seit der Schoa getrennte Familie des berühmten Komponisten Alexander Olshanetsky wiedervereinte

von Alicia Rust  18.08.2025

Sachsen-Anhalt

Szenische Lesung zu jüdischer Familie Cohn in Wörlitz

Während der szenischen Lesung werde die Historie der beiden jüdischen Persönlichkeiten Moritz von Cohn und Julie von Cohn-Oppenheim mit einer Zeitreise ins 18., 19. und 20. Jahrhundert dargestellt

 18.08.2025

Leer

Besuch vom Bundespräsidenten

Albrecht Weinberg empfing Frank-Walter Steinmeier und kündigt an, nicht mehr als Zeitzeuge Schulen zu besuchen

 18.08.2025

Porträt der Woche

Körper, Kopf, Gemeinschaft

Paz Lavie ist Israelin, Fitnesscoachin und Mamanet-Pionierin

von Gerhard Haase-Hindenberg  17.08.2025

Provenienz

Die kleine Mendelssohn

Lange Zeit galt sie als verschollen, nun ist die Stradivari-Geige wieder aufgetaucht. Doch die Restitution gestaltet sich problematisch

von Christine Schmitt  15.08.2025