Feiertag

Familienfeste

Chanukkafreuden: Kerzen, Trendl, Sufganiot, in Öl Gebackenes und Schokomünzen Foto: Thinkstock

Chanukka! Ich freue mich riesig. Die ganze Familie endlich beisammen, wir schmettern Maos Zur, zünden Kerzen, was das Zeug hält, futtern in Öl Gebackenes en masse, spielen Trendl um Schokoladengeld, und die Welt ist in Ordnung. Ach, wäre doch immer Chanukka! Dieses Jahr ist alles gut, vor allem viel besser als letztes Jahr! So leicht ist das nämlich nicht mit dem Feiern, mit der Familie und dem Glücklichsein generell. Oh nein! Dazu braucht es Organisation, eine 1A-Logistik, Nerven wie Drahtseile und eine dehnbare Frustrationsschwelle.

Gäste Meine Tante, 96-jährig, ist als Erste angereist. Sie hat Linsen aus Italien mitgebracht. Denn nur, wenn man zu Chanukka Linsen isst, vermehrt sich im folgenden Jahr das Geld. Aus welchem Schtetl genau dieser Brauch stammt, war ihr entfallen. Die Tüte krachte im Flur, wir lagen alle stundenlang auf dem Bauch, um die Linsen einzusammeln. Denn es dürfen nur diese italienischen Linsen sein, mit deutschen Linsen funktioniert das Ganze auf keinen Fall. Warum die italienische Regierung mit ihrem Schuldenberg ihr Problem nicht durch Linsen löst, das erkläre mir mal einer.

Als Nächster kam David an, unser großer Sohn. Er brachte seine neue Freundin mit, die allerdings nur Englisch spricht und Vegetarierin ist. Sie scheint keine funktionierende Familie zu haben, weshalb die jungen Leute ab jetzt bis zum neuen Jahr, also vier Wochen, bleiben werden. Sie werden im Wohnzimmer campieren – denn Davids Zimmer hat die Tante belegt.

Syrer Sammy wiederum, unser kleiner Sohn, besteht darauf, eine oder mehrere syrische Familien zum Kerzenzünden einzuladen: Das würde zu direkter Völkerverständigung führen und alle kleineren Missverständnisse, wie zum Beispiel Antisemitismus, bei interkonfessionellem Ölgebäck ausräumen. Ich bin mir da nicht ganz so sicher, aber einen Versuch wär’s wert.

Dieses Jahr wird mich nichts aus meiner Familienfeierlaune kicken, nichts. Letztes Jahr ... tja, letztes Jahr nämlich gab es einen Eklat. Mein Mann, eine Seele von Mensch, ist fatalerweise aus Westfalen – und Katholik. Zwar ist er schon vor ewigen Zeiten aus der Kirche ausgetreten, aber bei Weihnachten hört der Spaß für ihn auf. Er möchte michelinmützenmäßig gut essen, viel singen und die Bescherung, natürlich.

Wir aber hatten letztes Jahr, knapp vor Weihnachten, gerade acht Tage lang brav die Kerzen gezündet, aus voller Brust die jedes Jahr siegreichen Makkabäer gepriesen, viel und fettig gespeist. Die Kinder hatten einen Haufen Geschenke bekommen. Nach diesen acht Tagen Feiern, Singen, schwer verdaulichem Essen waren wir so ziemlich erledigt und wollten uns nur erholen oder zumindest eine Diät beginnen.

Weihnachtsstress Und dann kam mein Mann mit Weihnachten an. Er kochte den ganzen Tag vor sich hin, ein heiliges Lied auf den Lippen. Als er aufgetischt hatte, rief er uns zu Tisch. Doch so schön die Ente im mediterranen Gemüsering glänzte, sie konnte uns nicht mehr in feierliche Stimmung bringen; das Chanukkafest hatte auch den letzten Tropfen Feierlaune aus uns herausgepresst.

So sah sie also aus, die berühmte Weihnachtsdepression, von der ich so viel gehört hatte! Der Zustand, in dem sich Familien alles, was sie sich schon immer mal sagen wollten, an den Kopf werfen, sich für ewig entzweien und nie wieder ein Wort miteinander wechseln. Jetzt hatte sie auch unsere jüdische Familie erreicht.

Monopoly Dieses Jahr aber wird es nicht so weit kommen. Wenn wir uns an Chanukka den Magen mit schrecklich fettem Gebäck verdorben haben, werden wir nach einer Erholungsphase inbrünstig Weihnachtslieder jubilieren und Monopoly spielen – wenn’s sein muss, auch Blockflöte. Die Gänse und Enten werden wir den Syrern spenden, weil wir ja dieses Jahr vegetarisch feiern. Ich werde alles tun für ein friedliches Chanukka, ein gesegnetes Weihnachtsfest und den vegetarischen Weltfrieden!

Reisen

Die schönste Zeit

Rom, Balkonien, Tel Aviv: Hier erzählen Gemeindemitglieder, an welche Urlaube sie sich besonders gern erinnern

von Christine Schmitt, Katrin Richter  13.07.2025

Solidarität

»Israel kann auf uns zählen«

Wie die Israelitische Kultusgemeinde mit Spenden den Menschen vor Ort konkret helfen will

von Vivian Rosen  13.07.2025

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Frankfurt am Main

Rabbinerin: Zentralrat hat Öffnung des Judentums begleitet

Elisa Klapheck spricht in Zusammenhang mit der jüdischen Dachorganisation von einer »Stimme, die auf höchster politischer Ebene ernst genommen wird«

 11.07.2025

Maccabiah

Zusammen sportlich

Trotz der Verschiebung der Spiele auf 2026 überwog auf dem Pre-Camp in Berlin Optimismus

von Frank Toebs  10.07.2025

Street Food Festival

Sich einmal um die Welt essen

Tausende besuchten das Fest im Hof der Synagoge Oranienburger Straße in Berlin

von Helmut Kuhn  10.07.2025

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Engagement

Verantwortung übernehmen

Erstmals wurde der Fritz-Neuland-Gedächtnispreis verliehen. Die Auszeichnung erhielten der Jurist Andreas Franck und die AG PRIOX der bayerischen Polizei

von Luis Gruhler  09.07.2025

Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

»Wir müssen gewachsene Strukturen erhalten«

ZWST-Projektleiter Erik Erenbourg über ein besonderes Jubiläum, fehlende Freiwillige aus Deutschland und einen neuen Jahrgang

von Christine Schmitt  09.07.2025