Die verrückte israelische Mentalität mit der strukturierten Vorgehensweise der Deutschen zusammenbringen», so beschreibt Ram Shoham einen Effekt von «Accelerator Frankfurt».
Das von dem gebürtigen Israeli und der Finnin Maria Pennanen gegründete Unternehmen unterstützt internationale Start-ups unter anderem aus den Bereichen Finanztechnologie (FinTech) und IT-Sicherheit (Cybersecurity) beim Aufbau eines Kunden- und Investorennetzwerks in Frankfurt und Deutschland. Zweimal jährlich wählen Shoham und Pennanen aus mehreren Hundert Kandidaten fünf Start-ups für ein viermonatiges Förderprogramm aus.
20 bis 30 Prozent der von «Accelerator Frankfurt» geförderten Start-ups kommen aus Israel. Vor allem in Tel Aviv hat sich eine vitale Gründerszene herausgebildet. «In keinem anderen Staat der Welt gibt es – gemessen an der Einwohnerzahl – so viele Start-ups wie in Israel», meldete der Radiosender Deutschlandfunk kürzlich. Schon 2011 beschrieb ein Buch den jüdischen Staat als wirtschaftlich erfolgreiche «Start-up-Nation».
«FinTech und Cybersecurity boomen in Israel», sagt Shoham. Viel Innovation komme aus der israelischen Armee und den dortigen Finanzinstitutionen, erklärt er. Auch sei Israel nicht allzu stark von der Finanzkrise 2008/09 betroffen gewesen.
Kommunikation Der Israeli trifft sich mit seinen Gesprächspartnern gern im Frankfurter «TechQuartier», einer von jungen FinTech-Unternehmen genutzten Büroetage eines Hochhauses in der Nähe der Messe. Das Großraumbüro mit Blick auf die Skyline der Mainmetropole wirkt einladend. Für Besprechungen und Telefonate kann man sich in abgeschlossene Räume zurückziehen, ansonsten herrscht eine kommunikative Atmosphäre.
Der junge Unternehmer wirkt unkompliziert, umgänglich und freundlich. Er spricht auch Deutsch, die komplexen Zusammenhänge der Start-up-Wirtschaft erklärt er indes lieber auf Englisch. Nach Frankfurt kam er 2013. Zuvor arbeitete er mehrere Jahre in Hongkong als Investmentbanker. Während der Finanzkrise fing er an, Start-ups zu fördern.
Für Frankfurt entschieden sich Ram Shoham und Maria Pennanen unter anderem wegen des internationalen Flughafens. Pennanen sprach zudem schon Deutsch und war in Frankfurt vernetzt. 2013 habe es in Frankfurt noch keine einheimische Start-up-Szene gegeben, erinnert er sich. Auch ausländische Gründer hatten die Mainmetropole nicht im Blick. «Niemand dachte daran, nach Frankfurt zu kommen», erzählt der Unternehmer. Dabei sind in der 740.000-Einwohner-Stadt am Main zahlreiche bedeutende Banken und Finanzinstitutionen ansässig. «Das war perfekt für uns», fasst er zusammen.
Brexit Er begann, auch israelische Start-ups anzusprechen. Die meisten seien bislang nach London gegangen, weil sie dort schon andere Landsleute kannten. «Jetzt habt ihr einen Israeli in Frankfurt», lautete fortan seine Botschaft. 2016 kam die überraschende Brexit-Entscheidung der Briten hinzu. Es gebe schon Start-ups, die von London nach Frankfurt umziehen, berichtet Shoham, andere warteten erst einmal ab.
Gründer, die von «Accelerator Frankfurt» gefördert werden, profitieren von der Vernetzung ihrer beiden Unterstützer innerhalb der Frankfurter Finanz- und Bankenwelt. Die jeweils aktuellen Bedürfnisse der Banken seien sehr wichtig bei der Auswahl, sagt der Insider. Eine Gruppe von Unternehmern und Investoren betreut die ausgewählten Start-ups als Mentoren.
Erfolgsquote Ziel des Förderprogramms sei es, entweder ein Projekt bei einer Finanzinstitution anzuwerben oder einen Investor zu finden. Die Erfolgsquote liege bei 70 Prozent, beteuert der ehemalige Banker. «Als Gründer musst du mehrmals scheitern, bevor sich der Erfolg einstellt», sagt er auch aus eigener Erfahrung. Es komme darauf an, aus vergangenen Fehlern zu lernen.
Im aktuellen, nunmehr vierten Förderzyklus betreut seine Firma zwei israelische Start-ups. «EasySend» ist ein junges FinTech-Unternehmen, das digitale Organisationsprozesse vereinfachen möchte. «Shield Financial Compliance» spezialisiert sich auf die Unterstützung von Firmenkunden bei der Umsetzung von Finanzmarktrichtlinien.
Es sei schwer, in den deutschen Markt einzusteigen, sagt der Mentor. Er weiß: «Man kann in Deutschland nicht auf die israelische Art verkaufen.» Durch den Kontakt zu einheimischen Start-ups versucht er, israelischen Gründern die deutsche Unternehmenskultur nahezubringen.
Lernen Dass viele Start-ups aus Israel kommen, habe auch mit der jüdischen Kultur zu tun, betont Shoham. Schließlich seien zahlreiche erfolgreiche Gründer, wie zum Beispiel Facebook-Chef Mark Zuckerberg, jüdisch. Er verweist auf die Bedeutung des Lernens im Judentum. «Auch ich wuchs lernend auf», erzählt er. Als Minderheit müssten Juden überdies «out of the box», also unkonventionell denken und härter arbeiten als andere.
Dieses Denken hat auch mit seiner persönlichen Lebensgeschichte zu tun. Einst wollte er professioneller Surfer werden. Aber auf der Suche nach der perfekten Welle brauche man viel Glück, weiß er. Meist jedoch komme das nicht von alleine. Ram Shohams Motto lautet daher: «Harte Arbeit bringt dich dorthin, wo Glück dich finden kann.»
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