Nachruf

Einer der Guten

Chaim Jellinek sel. A. (1956–2017) Foto: William Glucroft

Er war nicht zu übersehen. Knapp zwei Meter groß, langer Bart und freundliche Augen, die zeigten, dass er über Humor verfügt. »Unser großer Mann«, heißt es in der Traueranzeige seiner Familie. Chaim Jellinek ist am Samstag in Berlin an einem Herzinfarkt gestorben und wurde am heutigen Dienstag auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beerdigt.

»Er war ein ›Mentsch‹, einer der Guten. Er half denen, die Hilfe bedurften. Viel zu früh ist er gegangen«, hat »sein« Re’ut Chor, in dem Chaim Jellinek seit sieben Jahren mitwirkte, auf seiner Facebook-Seite geschrieben.

beruf Chaim Jellinek, 1956 in Wiesbaden geboren, kam als 21-Jähriger nach Berlin. In den 90er-Jahren konvertierte er zum Judentum. In den vergangenen 15 Jahren hat er als stadtweit bekannter Suchtmediziner in Neukölln gearbeitet. In der Praxis in der Karl-Marx-Straße behandelte er diejenigen, die als Schwerstabhängige woanders nicht willkommen waren.

Als einer der ersten Mediziner in Deutschland versorgte er heroinabhängige Patienten mit Methadon. Schwerpunkt war für ihn, neben der medizinischen auch eine psychologische Versorgung und eine soziale Betreuung zu ermöglichen, wie er einmal in einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen betonte.

engagement Für ihn war es immer wichtig, sich politisch zu engagieren. Als die Flüchtlingskrise in Berlin ankam, nahm er einen Syrer in seine Familie auf. Der älteste Sohn zog aus, und der Syrer zog ein. Ferner rief er mithilfe der Eltern und Schüler des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn, der Beter der Synagoge Oranienburger Straße und anderer Institutionen eine Initiative ins Leben, um eine Flüchtlingsunterkunft in der Nähe der Schule einzurichten.

Ebenso organisierte er anlässlich des Mitzvah Day eine Kennenlern-Tour – eine Stadtrundfahrt durch Berlin – für muslimische Flüchtlinge zu Orten jüdischen Lebens vor und nach der Schoa. »Wir haben hier eine echte Chance, zu zeigen, was es bedeutet, ein Einwanderungsland zu sein. Jeder kann helfen«, begründete er sein Engagement.

Jeden Montagabend widmete er sich seinem Hobby, der Synagogalmusik, und sang im Re’ut-Chor – obwohl er am liebsten Musik von Jimi Hendrix hörte. Singen mache gute Laune, pflegte er zu sagen. Seine Stimme ist nun verklungen.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025