Berlin

Eine Erfolgsgeschichte

Nirit Zuckermann war eine der ersten Schülerinnen der Jüdischen Traditionsschule Berlin. Das war 2005. Sie ist inzwischen 28 Jahre alt und selbst Lehrerin. Zuckermann unterrichtet Judaistik an der Schule, die sie einst als junges Mädchen besuchte. An die Zeit als Schülerin erinnert sie sich gern zurück: »Es war damals wie eine kleine Familie. Wir waren ganz wenige Kinder. Und die Atmosphäre in der Villa im Park, umgeben von einer schönen grünen Wiese und einem Spielplatz, war wunderschön.

Vor zwei Jahren ist die Schule der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin vom Spandauer Damm an die Westfälische Straße in Wilmersdorf umgezogen. Dort, im »Pears Jüdischer Campus«, finden sich auf fünf Etagen und 8000 Quadratmetern verteilt moderne Klassenzimmer und Fachräume. Auch eine Sporthalle steht zur Verfügung. »Ich durfte diese ganze Entwicklung Schritt für Schritt miterleben. Das ist etwas ganz Besonderes«, berichtet Zuckermann. Zusammen mit weiteren Lehrkräften, Kindern und Eltern konnte sie am Sonntagnachmittag bei der Feier des 20-jährigen Bestehens der Schule einen Blick auf »Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft« werfen. Im Festsaal des Campus führten die Schüler Hadassah und Ezra durch ein Programm mit Videos aus der Schulgeschichte, mit 3-D-Film, Schülerchor und Bühnenfeuerwerk.

Schulische Bildung sei ein tragender Pfeiler der demokratischen Gesellschaft

Zum Jubiläum erklärte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin, Rabbiner Yehuda Teichtal: »Die Feier des 20-jährigen Bestehens der Jüdischen Traditionsschule steht sinnbildlich für das, was heute mehr denn je gebraucht wird: Orte, an denen Wissen vermittelt, Werte gelebt und junge Menschen in einem Geist von Respekt, Verantwortung und Zusammenhalt geprägt werden.« Gerade in Zeiten, in denen Toleranz und Miteinander gestärkt werden müssen, sei schulische Bildung ein tragender Pfeiler der demokratischen Gesellschaft.

In seiner Rede forderte Teichtal auf, »gemeinsam für eine positive, lebendige, wunderbare, fantastische Zukunft und ein jüdisches Leben und Miteinander in Berlin« zu wirken. Auch verwies er auf die aktuelle Kriegssituation in Israel und sprach gemeinsam mit den Schulkindern einen Psalm als Gebet für den jüdischen Staat. »Unser Herz und unsere Seele sind mit unseren Brüdern und Schwestern in Israel«, so der Rabbiner.

Den Campus bezeichnete die Senatorin für Kultur und Gesellschaft als »Leuchtturmprojekt«.

Die Senatorin für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Sarah Wedl-Wilson, freute sich über ein Fest »mit so viel Enthusiasmus, Energie und Zukunft«. Den Campus bezeichnete sie als »Leuchtturmprojekt«. Die Jüdische Traditionsschule sei »eine Erfolgsgeschichte und ein wichtiges Zeichen für ein lebendiges jüdisches Leben in Berlin«.

Die Kultursenatorin erzählte auch von ihrer eigenen Schulzeit in London im ältesten Mädchengymnasium Großbritanniens. Etwa die Hälfte der Mitschülerinnen sei jüdisch gewesen. Sie wünsche sich für jedes Kind das Wissen um andere Traditionen und Religionen. Die Bedeutung von Vielfalt in der Gesellschaft sei die Basis für Toleranz. »Und Toleranz ist das, was wir so dringend brauchen für die Ausgestaltung unseres demokratischen Lebens miteinander«, so Wedl-Wilson.

Schulleiterin Heike Michalak erinnerte bei der Feier an die Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie gemeinsam die Schule aufbauen durfte. »Und ich erinnere mich an eine freundliche alte Villa im Ruhwaldpark.« Viel habe sich verändert, anderes sei geblieben. »Damals wie heute haben wir ein Ziel: die Schülerinnen und Schüler zu Persönlichkeiten zu erziehen, die es verstehen, Wissen und Werte miteinander zu verknüpfen.«

Die Jüdische Traditionsschule ist eine staatlich genehmigte Ersatzschule

Schulrabbiner David Gewirtz blickte nicht nur auf die vergangenen 20 Jahre, sondern auf die lange Geschichte des jüdischen Lernens zurück. Dieses habe bereits vor mehr als 3300 Jahren nach dem Auszug aus Ägypten begonnen, als Mosche jeden Tag das jüdische Volk unterrichtete. »Bildung begleitet uns von Anfang an.«

2005 wurde die Jüdische Traditionsschule Or Avner eröffnet. Damals wurden zwölf Kinder in drei Klassen unterrichtet. Heute besuchen mehr als 120 Kinder die Harry-Schwarzer-Chabad-Grundschule und etwa 100 Jugendliche lernen im Gutman-Chabad-Gymnasium.

Als besondere Angebote werden unter anderem computergestützter Unterricht, Englischunterricht ab Klasse 1 und außerschulische Lernaktivitäten erwähnt. Zudem wird Unterricht in Hebräisch und Judaistik erteilt. Nach Angaben der Schule sollen die Kinder und Jugendlichen mit einem pädagogischen Konzept begleitet werden, das Bildung, Wertevermittlung und jüdische Identität vom Grundschulalter bis zum Abitur auf einzigartige Weise miteinander verbindet.

Die Jüdische Traditionsschule ist eine staatlich genehmigte Ersatzschule. Sie bietet die gleichen Schulabschlüsse wie öffentliche Schulen. Unterrichtet wird nach den Rahmenlehrplänen, die von der Senatsverwaltung herausgegeben wurden.

Bereits 2018 belegte die Schule mit einem Notendurchschnitt von 1,37 den ersten Platz im Abitur-Noten-Ranking der Hauptstadt. Dieser Erfolg wurde später nochmals wiederholt. Auch bei anderen Wettbewerben wurden Preise und Auszeichnungen geholt. Die Berliner Zeitung titelte damals: »Die schlaueste Schule Berlins: Was ist das Erfolgsgeheimnis?« Die Antwort von Heike Michalak lautet: »Dass wir jeden Schüler individuell betrachten, auf seiner Ausgangslage aufbauen und in kleinen Klassen sowie mit guten Ansprechpartnern eine gute Lernumgebung bieten können.« Das ganze Kollegium, einschließlich Sekretärinnen und Erzieherinnen, umfasst 46 Kolleginnen und Kollegen.

Noch weitere Alumnis waren zum Schulfest gekommen

Und was wünscht sich die Schulleiterin für die nächsten 20 Jahre? »Dass wir alle gemeinsam positiv nach vorne schauen, dass wir unsere Kinder im Auge behalten, dass wir unseren Schülerinnen und Schülern mit Engagement, Mut und Zeit das Beste geben können.« Übrigens waren neben Nirit Zuckermann noch weitere Alumnis zum Schulfest gekommen.

Mit dabei war auch David Abaew. Er war 2008 Schüler der Traditionsschule. Inzwischen ist der 27-Jährige als Unternehmer tätig. Gemeinsam mit seiner Schwester Ramona unterstützte er als Sponsor die Jubiläumsfeier. Dabei berichtete er, was ihm die Schule in einer besonders herausfordernden persönlichen Situation alles gegeben habe. Abaew sprach von der Hoffnung in der kleinen Villa, die heute Realität im Jüdischen Campus geworden sei. Sein Fazit: »Genau in diesen Zeiten zeigt dieser Campus vor allem eins: Wir bleiben für immer. Die jüdische Zukunft Berlins beginnt genau hier.«

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