Nachruf

Ein Zeitzeuge geht

Rolf Joseph (1920–2012) Foto: Margrit Schmidt

»Mein ganzes Überleben in der Schoa, das war nur Glück«, betonte Rolf Joseph immer wieder. Von 60 Familienmitgliedern haben nur sein Bruder Alfred und er den Holocaust überlebt. Nun ist der Träger des Bundesverdienstkreuzes wenige Tage vor seinem 92. Geburtstag gestorben. Am Dienstag wurde er auf dem Friedhof Heerstraße beigesetzt. Der Beter der Synagoge Pestalozzistraße war ein eleganter und freundlicher Mensch.

So beschrieben ihn die Schüler des Gymnasiums »Zum Grauen Kloster«, die sich vier Jahre lang mit seinem Leben auseinandergesetzt und es in dem Buch Ich muss weitermachen aufgeschrieben hatten. Es war Rolf Joseph immer wichtig, vor Schülern über seine Erlebnisse während der Schoa zu sprechen. Noch vor zwei Jahren engagierte er sich bei einem Projekt von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und unterhielt sich mit sogenannten Stadtteilmüttern aus Neukölln und Kreuzberg über Religionen. Diese Gespräche wurden in einem Film festgehalten.

Zwangsarbeit 14 Jahre alt war Joseph, als er die Schule beendete und eine Tischlerlehre anfing – trotz Nazi-Herrschaft bekam er eine Lehrstelle. Nach Zwangsarbeit bei der IG Farben in Lichtenberg konnte er mithilfe eines Tischlermeisters seinen Beruf wiederaufnehmen. 1942 wurden die Eltern vor den Augen der Brüder von der Gestapo abgeholt und ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.

»Plötzlich waren wir obdachlos«, sagte Joseph. Von diesem Moment an lebten die beiden jungen Männer auf der Flucht. Zwei Monate lang versteckten sie sich im Tegeler Forst, bis sie bei unterschiedlichen Menschen unterkamen. Ihr Überleben verdanken Rolf und Alfred Joseph einer Lumpensammlerin, die ihnen bis zum Kriegsende Unterschlupf gewährte. Bis zu seiner Rente 1981 war er Betriebsleiter der Deutschen Waggonmaschinenfabrik am Eichborndamm.

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025