EMG

»Ein wichtiges Zeichen«

Ausgerechnet Ungarn, denkt man mit Blick auf die bevorstehenden jüdischen Europameisterschaften im Sport. Die alle vier Jahre stattfindenden European Maccabi Games werden von heute Abend an bis zum 7. August in Budapest ausgetragen – im Land von Viktor Orbán und seiner Fidesz-Partei. Ihm werfen Kritiker vor, Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen. Hinzu kommt die rechte Jobbik-Partei, über die sich nicht nur der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, im Zusammenhang mit Antisemitismus besorgt äußert.

Das ist den Sportlern von Makkabi Deutschland bewusst. »Auch außerhalb der Sportplätze ist Antisemitismus zum Teil der Realität der Juden Europas geworden – so auch in Ungarn«, sagt Makkabi-Deutschland-Präsident Alon Meyer – und fügt hinzu, dass die Maccabi Games in Budapest mit mehr als 3000 Teilnehmern aus über 40 Staaten die bisher größten der Nachkriegsgeschichte sind.

DELEGATION »Seit Beginn der Flüchtlingskrise betreibt Viktor Orbán eine Kampagne gegen den ungarisch-jüdischen Investor George Soros. Auch die Nähe Orbáns zur AfD betrachten wir als bedenklich«, kritisiert der Verband. Es sei jetzt »besonders wichtig, ein deutliches Zeichen gegen den auch in Ungarn erstarkten Rechtspopulismus zu setzen und nicht diesen Spielen fern zu bleiben, sondern erst recht mit der größten Delegation nach Ungarn zu reisen«. Deutschland nimmt mit 300 Sportlern teil.

Ein Boykott der Spiele kommt für die Sportler nicht in Frage: »Natürlich haben wir uns gefragt: Sollen, dürfen und wollen wir in Ungarn teilnehmen?«, betont Alon Meyer. »Aber das Für überwiegt bei Weitem.«

Auch Meyer spricht von einem wichtigen Zeichen. »Wir wollen zeigen, dass jüdisches Leben sehr gut möglich ist.« Allerdings wisse er auch von einzelnen Verbänden aus dem Ausland, die nicht zu den Spielen reisen wollten. In einer Umfrage hatten vor einigen Monaten 85 Prozent der Juden in der EU gesagt, dass Antisemitismus das größte Problem für sie sei.

UNTERSTÜTZUNG Orbán habe die Spiele in seinem Land gewollt, sagt Meyer. Kurz nach den European Maccabi Games in Berlin 2015 habe die zuständige Ratsversammlung zu der Frage getagt, ob die nächsten Spiele in der Schweiz oder in Ungarn stattfinden sollten. Die Mehrheit habe sich für das osteuropäische Land entschieden. Ein Aspekt dabei sei gewesen, dass die Regierung das Turnier mit sieben Millionen Euro unterstützen wolle, so Meyer.

Sicherheitsbedenken gibt es bisher offenbar nicht. »Es ist nun einmal so, dass sich Juden dort, wo der muslimische Einfluss schwächer ist, etwas sicherer fühlen«, betont Meyer. In Berlin sei das anders gewesen.

Für die Sportler aus Deutschland wird es in Budapest eine Premiere geben: Zum ersten Mal will die jüdische Nationalmannschaft in den Farben Deutschlands auflaufen. Im November 2018 wurde das blau-weiße Logo durch schwarz-rot-gold ersetzt – »und damit eine neue Ära im Selbstverständnis der Juden in Deutschland eingeläutet«, erklärt Meyer. Dieser Schritt war in der jüdischen Gemeinschaft in der Vergangenheit umstritten und hatte zu Diskussionen geführt.

SELBSTBEWUSST Diese Debatten, die sich vor allem zwischen den Generationen abgespielt hätten, sei abgeflaut, sagt Meyer. In den Farben schwarz-rot-gold aufzulaufen, sei ein »gesunder Patriotismus«. Die Sportler wollten zeigen: Jüdisches Leben sei in Deutschland gut möglich, Juden zögen sich nicht zurück.

Der deutsche Makkabi-Verband bringt das jüdische Selbstbewusstsein, von dem Meyer spricht, mit diesem Satz auf den Punkt: »Die Koffer sind ausgepackt. Jüdisches Leben gehört zu Europa – der Antisemitismus nicht!«

Die Eröffnungsfeier der EMG kann im Livestream hier verfolgt werden.

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025