Online-Seminar

»Ein reales, strukturelles Problem«

Keren Vogler, Präsidiumsmitglied von Makkabi Deutschland, im Webinar Foto: screenshot

In einem gemeinsamen Webinar haben sich der jüdische Sportverband Makkabi Deutschland und das Begegnungsprojekt des Zentralrats der Juden in Deutschland »Meet a Jew« dem Antisemitismus im Sport und Strategien im Umgang damit gewidmet.

Ein Teil dieser Strategie ist das Präventionsprojekt »Zusammen1 – Für das, was uns verbindet«, dessen Konzept vorab vorgestellt wurde. Über 25 Teilnehmer wählten sich am Mittwochabend in das nichtöffentliche Zoom-Meeting ein, darunter auch Makkabi-Deutschland-Präsident Alon Meyer, Marat Schlafstein, Referent für Jugend- und Gemeindearbeit beim Zentralrat der Juden, und Sabena Donath, Leiterin der Bildungsabteilung im Zentralrat.

Das Projekt »Zusammen1« möchte dem wachsenden Antisemitismus im Sport begegnen.

Zunächst schilderte Keren Vogler, Präsidiumsmitglied von Makkabi Deutschland, beispielhaft einige antisemitische Vorfälle, die Makkabi-Sportlern zugestoßen sind. So erzählte sie die Geschichte eines 12-jährigen Mädchens, deren Tennisschläger mit einem Dämpfer mit Davidstern-Abbildung ausgestattet war.

DAVIDSTERN Bei einer Meisterschaft in Ostdeutschland sei der Schläger während einer Pause zerstört worden. »Antisemitismus geschieht leider nicht nur auf den Fußballplätzen«, sagte Vogler.

»Ein Gros der Fälle passieren indes im Fußball«, betonte Lasse Müller hinsichtlich antisemitischer Vorfälle. Der Mitarbeiter und Bildungsreferent des Projekts »Zusammen1« zeigte anhand ausgewählter Beispiele die Erscheinungsformen des Antisemitismus im Fußball auf. 

Die Mehrheit der jüdischen Makkabi-Mitglieder war schon einmal von einem antisemitischen Vorfall betroffen.

Dazu gehöre zum einen der Antijudaismus in Form religiös begründeter Stereotype. Ebenso zähle der moderne Antisemitismus mit der Zuschreibung besonderer politischer und ökonomischer Macht und Verschwörungsmythen dazu. Post-Schoa-Antisemitismus und israelbezogener Antisemitismus sind weitere Erscheinungsformen, die Müller nannte und erläuterte.

MISSSTAND Luis Engelhardt, Projektleiter von »Zusammen1«, machte auf dem großen Nachholbedarf im organisierten Sport aufmerksam, was das Melden von Diskriminierungsvorfällen angeht.

»Das ist ein Missstand, den wir ändern müssen«, sagte Engelhardt. Die meisten Vorfälle, egal welcher Art, würden von den Fußball-Schiedsrichtern nicht gemeldet, bestätigte ein Teilnehmer im Webinar-Chat.

Luis Engelhardt und Lasse Müller stellten vorab einige Aspekte des Präventionsprojekts »Zusammen1 – Für das, was uns verbindet« vor. Dazu zählt auch eine sozialwissenschaftliche Befragung unter den Mitgliedern von Makkabi Deutschland.

ERFAHRUNGEN Die Studie zeigt unter anderem auf, dass die Mehrheit der jüdischen Makkabi-Mitglieder schon einmal von einem antisemitischen Vorfall betroffen war. »Es ist ein reales Problem, ein strukturelles Problem«, resümierte Müller diesbezüglich.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übernahm kürzlich die Schirmherrschaft für das Projekt »Meet a Jew«.

Das Projekt »Zusammen1« startet am 19. April 2021. Es hat sich zum Ziel gesetzt, dem wachsenden Antisemitismus im Sport zu begegnen. Makkabi Deutschland kooperiert in dem Projekt mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland. 

BEGEGNUNGEN »Meet a Jew« wurde Anfang 2020 vom Zentralrat der Juden in Deutschland aus zwei Vorgängerprojekten gegründet. Bundesweit engagieren sich über 300 Jüdinnen und Juden ab 14 Jahren ehrenamtlich in dem Projekt. In persönlichen Begegnungen an Schulen, Universitäten oder Sportvereinen geben sie individuelle Einblicke in ihren Alltag und einen Überblick über die Vielfalt des aktuellen jüdischen Lebens in Deutschland.

Ziel ist es, das oft abstrakte Bild von »den Juden« in der Gesellschaft aufzubrechen und einen lebendigen Austausch auf Augenhöhe zu ermöglichen. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms »Demokratie leben«. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übernahm kürzlich die Schirmherrschaft für das Projekt. ja

Lesen Sie mehr über dieses Thema in unserer Print-Ausgabe nächste Woche.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025

Auswärtiges Amt

Deutschland entschärft Reisehinweise für Israel

Nach Beginn des Gaza-Krieges hatte das Auswärtige Amt vor Reisen in Teile Israels gewarnt. Dies gilt so nicht mehr. Der Außenminister begründet das mit gewachsenem Vertrauen in den Friedensprozess

 04.11.2025

Würdigung

Margot Friedländer wird mit Sonderbriefmarke geehrt

Wie das Finanzministerium mitteilte, war die Sonderbriefmarke für Friedländer ein »besonderes Anliegen« von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil

 04.11.2025

B’nai B’rith

»Wie eine große Familie«

Delegierte aus 20 Ländern kamen zusammen, um sich eine neue Organisationsstruktur zu geben

von Ralf Balke  03.11.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an November-Pogrome

Zum 87. Jahrestag der NS-November-Pogrome von 1938 werden am Sonntag ganztägig die Namen der im Holocaust ermordeten Berliner Jüdinnen und Juden vorgelesen. Bei einem Gedenken am Abend wird Berlins Regierender Bürgermeister sprechen

 03.11.2025

Gedenkstätten

Gedenkzeichen für jüdische Ravensbrück-Häftlinge

Zur feierlichen Enthüllung werden unter anderem Zentralratspräsident Josef Schuster, die brandenburgische Kulturministerin Manja Schüle (SPD) und der Beauftragte für Erinnerungskultur beim Kulturstaatsminister, Robin Mishra, erwartet

 03.11.2025

Porträt der Woche

Zufluchtsort Musik

Naomi Shamban ist Pianistin, lebt in Dresden und hat eine Schwäche für Märchenfilme

von Alicia Rust  03.11.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Hund, Katze & Co

Beste Freunde

Wenn Tiere Familie werden: Gemeindemitglieder erzählen vom leisen oder lauten Glück, mit Vierbeinern zu leben

von Christine Schmitt  02.11.2025