Bielefeld

Die Würde im Tod

Rund 60 Interessierte aus ganz Deutschland nahmen an der Veranstaltung in Bielefeld teil. Foto: Heinz-Peter Katlewski

Zu einem Seminar über jüdische Perspektiven auf das Sterben waren von Donnerstag bis Sonntag 60 Teilnehmer aus ganz Deutschland nach Bielefeld gekommen. Die meisten von ihnen vertraten jüdische Gemeinden. Eingeladen hatten das Klinikum Bielefeld, die Allgemeine Rabbinerkonferenz, die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und die Jüdische Kultusgemeinde Bielefeld.

Zum ersten Mal hatten Rabbiner, Ärzte, Pflegekräfte und Ehrenamtliche in der jüdischen Sozialarbeit Gelegenheit, sich in Quellen zu vertiefen und darüber auszutauschen, wie aus der jüdischen Tradition heraus die Würde des Menschen zu verstehen und zu wahren sei, vor allem, ob und in welcher Weise der Sterbeprozess beeinflusst werden dürfe. Neun Rabbinerinnen und Rabbiner der liberalen und konservativen Richtung im Judentum nahmen an dieser Veranstaltung teil, außerdem nichtjüdische Ärzte und Mitarbeiter von Palliativstationen.

Anregung Die Anregung zu dem dreitägigen Symposium ging von dem Bielefelder Arzt Stephan Probst aus. Er ist Leitender Oberarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Klinikum Bielefeld und zudem stellvertretender Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld.

Gemeinsam mit dem Münchner liberalen Rabbiner Tom Kucera, einem promovierten Biochemiker, erarbeitete er zur Vorbereitung der Diskussion eine 260 Seiten starke Textsammlung. Darin waren zum Prozess des Sterbens, dem »Go-sess«, wie diese Phase in rabbinischen Quellen genannt wird, medizinische, halachische, ethische, philosophische und literarische Texte zusammengestellt.

Recht Auf dem dreitätigen Symposium wurden auch rechtliche Aspekte behandelt, etwa Patientenverfügungen, die eine künstliche Lebensverlängerung ohne Aussicht auf Genesung ausschließen. Die Teilnehmer sprachen über Erfahrungen mit Sterbenden in der Seelsorge und diskutierten ausführlich das Für und Wider eines assistierten Suizids.

Dass es für die Selbsttötung von Todkranken in den rabbinischen Quellen wenig Unterstützung gibt, war unstrittig. Da es aber sowohl im Talmud als auch in der nachbiblischen jüdischen Geschichte Beispiele für akzeptierte Selbsttötungen gibt, kamen die Rabbiner zu dem Schluss, dass sie nicht generell verurteilt werden dürften und die Halacha entsprechend angepasst werden müsse.

Lesen Sie mehr in der kommenden Ausgabe am Donnerstag.

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025