Hamburg

»Die Mehrheit ist dafür«

Philipp Stricharz, 1. Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hamburg, zeigt auf ein historisches Foto der Bornplatzsynagoge. Foto: dpa

Die Jüdische Gemeinde in Hamburg widerspricht der Kritik am Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge. Einige Historiker und Vertreter der Kunst- und Kulturszene hatten in einer Stellungnahme das Engagement, die jüdische Gemeinschaft und ein vielfältiges jüdisches Leben sichtbar zu stärken, zwar begrüßt. »Der historisierende Wiederaufbau der Großen Bornplatz-Synagoge scheint uns dagegen aus vielen Gründen nicht der richtige Weg zu sein«, heißt es in dem Schreiben jedoch weiter.

Auf besondere Weise sei problematisch, »dass dadurch das Resultat verbrecherischer Handlungen unsichtbar gemacht und die Erinnerung an dieses Verbrechen erschwert wird«, so die Unterzeichner mit Blick auf die Zerstörung der Synagoge durch die Nationalsozialisten und den späteren Abriss.

mehrheit Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Philipp Stricharz, sagte dazu der Jüdischen Allgemeinen: »Unseren Wunsch nach einem Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge teilen überwältigend viele Menschen.« Die überwiegende Mehrheit der Hamburger, jüdisch oder nichtjüdisch, sei der Meinung, die Bornplatzsynagoge wurde der Jüdischen Gemeinde von den Nazis genommen, ihr Wiederaufbau solle ihr ermöglicht werden.

Würde man Plätze leer und Gebäude zerstört lassen, um an die Verbrechen der Nazis zu erinnern, würde es heute keine Schule und keinen Kindergarten in der ehemaligen Talmud-Tora-Realschule neben dem Bornplatz geben, so Stricharz.

Zur Forderung der Unterzeichner nach einem »breiten, offenen Diskurs über den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge« meinte der Gemeindevorsitzende: »Wir werden intensiv mit denjenigen, die unsere Gemeinde beim Wiederaufbau unterstützen, über das Wie des Aufbaus ins Gespräch gehen.«

unterstützer Dazu gehören vor allem der Bezirk Eimsbüttel, die Nachbarn am ehemaligen Bornplatz, die vielen Unterstützer der Initiative für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge und die Landes- und Bundespolitik. »Mir persönlich ist zunächst einmal wichtig, was die Hamburger Juden und deren demokratisch gewählte Vertreter wünschen«, so Stricharz.

Die Hamburgische Bürgerschaft hatte sich im Februar für den Neubau eines jüdischen Gotteshauses an der Stelle der 1906 eröffneten Bornplatzsynagoge ausgesprochen. Er soll sich architektonisch an dem Vorgängerbau orientieren. Unterstützt wird das Projekt unter anderem von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenminister Heiko Maas (SPD). Kürzlich hatte der Bundestag Mittel in Millionenhöhe für das Projekt freigegeben.

Mehrfach hatte die Historikerin Miriam Rürup, bislang Direktorin des Hamburger Instituts für die Geschichte der deutschen Juden und nun neue Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam, das Vorhaben kritisiert. Sie gehört zu den Unterzeichnern, wie unter anderem auch die Zeithistorikerin Ursula Büttner, die ehemalige Hamburger Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel sowie der Historiker Moshe Zimmermann. ja/kna

Antisemitismusverdacht

Ermittlung wegen Plakat »Juden haben hier Hausverbot« läuft

Ein antisemitischer Aushang in einem Flensburger Geschäft sorgt für Entsetzen. Politiker und Bürger reagieren deutlich. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein

 18.09.2025

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Kommentar

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025