Amcha-Fotoausstellung

»Die Last, die an der Seele nagt«

Ein alter Mann stützt sich auf einen Gehstock, der Griff ist abgewetzt vom häufigen Gebrauch. Er schaut nicht unfreundlich, aber skeptisch in die Kamera. Mit diesem Foto von Helena Schätzle macht die Hilfsorganisation für Schoa-Überlebende, Amcha, auf ihre Ausstellung »Leben nach dem Überleben. Überlebende des Holocaust und ihre Familien in Israel« im Auswärtigen Amt Berlin aufmerksam.

Das Schicksal von Zwi Steinitz habe ihn besonders berührt, schreibt Außenminister Frank-Walter Steinmeier in seinem Grußwort. Zwi Steinitz ist einer der Protagonisten, die auf den Fotos von Helena Schätzle zu sehen sind: fröhliche Senioren, verlorene Gesichter, Generationen einer Familie, die heute in Israel leben. Daneben Aussagen von Überlebenden und Angehörigen als Begleitung, nicht als Beschreibung der Fotos.

Vertrauen Texte und Bilder zeigen Menschen, die es geschafft haben, sich zu öffnen. Sie haben, wie Martin Auerbach, nationaler klinischer Direktor von Amcha, erzählt, Vertrauen gefunden. »Der Therapeut muss Verständnis dafür haben, dass der Betroffene nur über das spricht, worüber er sprechen möchte«, sagt Auerbach in einem Einspielfilm. Tali Rasner, Leiterin von Amcha Tel Aviv, erklärt, wie es Zwi Steinitz ergangen ist: Er hatte einen Beruf, eine Familie, lebte ganz normal. Doch über seine Vergangenheit sprach er nie, an sie wollte er nicht erinnert werden, bis er zu Amcha kam.

Zwi schrieb zunächst nur einige Gedanken auf, dann wurde daraus ein Buch, das auf seinen Wunsch hin ins Deutsche übersetzt werden sollte. Schließlich kam er selbst nach Deutschland und sprach vor Jugendlichen über sein Schicksal. Er nannte den Therapieerfolg: »Zum ersten Mal befreite ich mich von der verborgenen Last, die an meiner Seele nagte.«

Die Fotos von Helena Schätzle zeigen fröhliche Familien in satten Farben, aber auch in sich gekehrte Gesichter: ein einzelner Mann auf einem Stuhl, eine Frau am Küchentisch sitzend, Decke und Kleid scheinen fast dasselbe Muster zu haben. »›Verbrecher! Mörder‹, schrie mein zorniger Vater dem Henker entgegen. Es war der letzte Schrei eines verzweifelten Kämpfers, der sich bewusst war, dass er nichts mehr zu verlieren hatte und dass der Tod bereits auf ihn wartete«, erinnert sich Zwi.

Auschwitz Niza schreibt: »Ich weigerte mich, ihm meine Tasche zu geben, da ich in ihr Waschutensilien hatte. Der Mann brach in lautes Gelächter aus: ›Du bist hier in Auschwitz! Hier bleibt nur eine von Zehntausenden am Leben.‹ Ich sagte: ›Wenn das so ist, dann werde ich die eine von den Zehntausenden sein‹, und behielt mein Täschchen in der Hand.«

Eine ältere Frau kuschelt sich in den Arm einer jüngeren, es könnten Mutter und Tochter sein. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt. Längst haben die Kinder die Schutzfunktion für ihre Eltern übernommen. Und doch schreibt Vered: »Meine Mutter konnte meine Welt nicht verstehen, meine Bedürfnisse. Wenn ich meine Puppe verlor und weinte, sagte sie: ›Warum weinst du so? Ich habe meine ganze Familie im Holocaust verloren, aber geweint wie du habe ich nie.‹«

Eindrucksvoll zeigen diese Fotos und Texte nicht nur, was Menschen in der Schoa erlebt, sondern auch, welche Aufgaben die Therapeuten von Amcha übernommen haben, um diesen Traumata zu begegnen. Die Ausstellung ist noch bis zum 9. März im Foyer des Auswärtigen Amtes in Berlin zu sehen.

Berlin

Chanukkia am Brandenburger Tor leuchtet ab Freitag

Zum zentralen Lichterzünden wird Bundestagspräsidentin Julia Klöckner erwartet

von Karin Wollschläger  09.12.2025

Frankfurt

Buzzer, Beats und Bonusrunden

Die Lokalmatadore des Jugendzentrums Amichai konnten das Jewish Quiz für sich entscheiden

 09.12.2025

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde und Erfurt feiern Chanukka

Die Zeremonie markiert den Auftakt der inzwischen 17. öffentlichen Chanukka-Begehung in der Thüringer Landeshauptstadt

 08.12.2025

Berlin

Jüdisches Krankenhaus muss Insolvenz anmelden

Viele Krankenhäuser stehen unter enormem wirtschaftlichem Druck. Ein Berliner Haus mit fast 270-jähriger Geschichte musste nun Insolvenz anmelden: Das Jüdische Krankenhaus will damit einen Sanierungsprozess starten

 08.12.2025

Chabad

»Eine neue Offenheit«

Seit 20 Jahren ist Heike Michalak Leiterin der Jüdischen Traditionsschule. Ein Gespräch über Neugier, das Abenteuer Lernen und die Ängste der Eltern

von Christine Schmitt  05.12.2025

WIZO

Tatkraft und Humanität

Die Gala »One Night for Children« der Spendenorganisation sammelte Patenschaften für bedürftige Kinder in Israel

von Ellen Presser  05.12.2025

Porträt der Woche

Mit Fingerspitzengefühl

Hans Schulz repariert Fahrräder und spricht mit seinen Kunden auch über Israel

von Alicia Rust  05.12.2025

Ratsversammlung

»Die Gemeinden sind das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft«

In Frankfurt kamen 90 Delegierte aus den Landesverbänden zusammen, um aktuelle Anliegen und Sorgen zu besprechen. Gastredner war Kulturstaatsminister Wolfram Weimer

von Katrin Richter  03.12.2025

Jewish Quiz

»Fast wie bei den Samstagabend-Shows«

Am Wochenende raten in Frankfurt über 500 Jugendliche um die Wette. Dabei geht es um mehr als bloße Wissensabfrage, betonen die Organisatoren der Veranstaltung

von Helmut Kuhn  03.12.2025