Gedenken

Die Herzen schwer von Trauer

Ariel Kligman, Charlotte Knobloch und Alexander Shimanovskiy (v. l.) Foto: IKG München & Obb.

Gedenken

Die Herzen schwer von Trauer

Die IKG würdigte den Kampf der jüdischen Soldaten in der Roten Armee

von Ellen Presser  18.05.2023 11:07 Uhr

Auf dem Neuen Israelitischen Friedhof gibt es zwei Mahnmale für gefallene jüdische Soldaten. Das eine, genau gegenüber der Aussegnungshalle, ist den 180 jüdischen Kämpfern aus München gewidmet, die im Ersten Weltkrieg für ihr Vaterland fielen.

Seit 2010 gibt es in derselben Blickachse nach Osten mitten im Gelände ein weiteres Denkmal, geschaffen von dem aus Kiew stammenden Bildhauer Alexander Shimanovskiy. Es ist »Gewidmet, den im Kampf gegen das nationalsozialistische Regime gefallenen jüdischen Soldaten«.

Der Jahrestag des Kriegsendes wird alljährlich am 8. Mai vor Ort mit einer Gedenkstunde begangen. Mit der Zuwanderung aus den GUS-Staaten sind weitere Gedenktermine in den Jahreskalender der Israelitischen Kultusgemeinde eingegangen wie das »Gedenken derer, die im Kampf um die Befreiung ihr Leben verloren haben«. IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch ist, wie sie auch in diesem Jahr unterstrich, wichtig, »vereint an diesem Gedenkstein zu stehen«.

Dankbarkeit Und sie fuhr fort, die Herzen seien erfüllt von tiefer Dankbarkeit und schwer von Trauer: »Denn der Sieg war unter unvorstellbaren Opfern errungen worden.« Vor 90 Jahren habe ein deutsches Regime die Macht mit skrupelloser Entschlossenheit und brutaler Gewalt an sich reißen können, Tod und Zerstörung, wie sie fortfuhr, nicht nur über das eigene Land, sondern einen ganzen Kontinent gebracht, die Welt in einen verheerenden Krieg gestürzt und ein singuläres Menschheitsverbrechen begangen.

Knobloch ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass von 500.000 jüdischen Soldaten in der Roten Armee an die 200.000 umkamen, 30 Prozent davon jedoch nicht im Kampf fielen, sondern als Kriegsgefangene kaltblütig ermordet wurden. Sie alle würden unvergessen bleiben.

An die Veteranen unter der Zuhörerschaft richtete sich ihr Dank: »Ihr Sieg war unsere Befreiung, auch die meine. Sie schenkten uns das Leben und die Hoffnung auf ein Leben in Freiheit und Menschenwürde in einer demokratischen Gesellschaft.«

Vorstandskollege Ariel Kligman, der das Mahnmal-Projekt seinerzeit maßgeblich voranbrachte, erinnerte am »78. Jahrestag des großen Sieges über den Nationalsozialismus« an die Frontkämpfer, die in früheren Jahren mit ihren Orden und Medaillen in vorderster Reihe gestanden hätten und nicht mehr da seien. Von ihnen habe man lernen können, »mutig und treu, unbeugsam und sanft zu sein«. Das letzte Adjektiv ist nur auf den ersten Blick überraschend. Für die kämpfenden jüdischen Menschen ging es nämlich nicht ums Kriegführen an sich, sondern darum, Menschenleben zu retten, Frieden wiederherzustellen.

Gäste Anwesend waren außerdem die Rabbiner Shmuel A. Brodman und Avigdor Bergauz. Rabbiner Jan Guggenheim sprach das El Mole Rachamim. An der Kranzniederlegung seitens der IKG nahmen auch die Vorstandsmitglieder Eugen Alter und Vera Szackamer teil, mit einem Kranz vertrat der Vorsitzende Grigori Levitin den »Veteranenrat der IKG« und die Vorsitzende Nellya Hohlovkina den Verein »Phoenix aus der Asche«.

Am nächsten Tag fand die – wie jedes Jahr von der IKG-Sozialabteilung sorgsam vorbereitete – Befreiungsfeier im Jüdischen Gemeindezentrum statt, ein fröhliches Beisammensein für die Veteranen und ihre Angehörigen.

Hamburg

»Strong. Jewish. Here.«

Der Jugendkongress 2026 der ZWST setzt ein bewusstes Zeichen des Selbstbewusstseins und der Präsenz

von Imanuel Marcus  18.12.2025

Umbenennung

Medien: Berlin erhält Yad-Vashem-Straße

Ein neues Holocaust-Gedenken mitten im Berliner Regierungsviertel - Ein Teilabschnitt der Dorotheenstraße soll künftig den Namen der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem tragen. Die zweite Umbenennung in kurzer Zeit

 18.12.2025

Chanukka

Berliner Chanukka-Licht entzündet: Selbstkritik und ein Versprechen

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin am Mittwoch mit viel Politprominenz das vierte Licht an Europas größtem Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet

von Markus Geiler  18.12.2025

Sicherheit

»Keine jüdische Veranstaltung soll je abgesagt werden müssen«

Nach dem Massaker von Sydney wendet sich Zentralratspräsident Josef Schuster in einer persönlichen Botschaft an alle Juden in Deutschland: Lasst euch die Freude an Chanukka nicht nehmen!

von Josef Schuster  17.12.2025

Deutschland

»Das Licht wird nicht erlöschen«

Trotz des Terroranschlags in Sydney lassen es sich viele Juden in Deutschland nicht nehmen, öffentlich Chanukka zu feiern. Ein Stimmungsbild

von Christine Schmitt, Helmut Kuhn, Nicole Dreyfus, Ulrike Gräfin Hoensbroech  17.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Neuer Staatsvertrag für jüdische Gemeinden in Sachsen-Anhalt

Das jüdische Leben in Sachsen-Anhalt soll bewahrt und gefördert werden. Dazu haben das Land und die jüdischen Gemeinden den Staatsvertrag von 2006 neu gefasst

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025