Jugendkongress

Die Gesellschaft von morgen

»Die Welt im Umbruch«: Vier Tage lang beschäftigten sich unter diesem Motto mehr als 350 junge jüdische Erwachsene mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Sie kamen aus ganz Deutschland zum diesjährigen Jugendkongress der Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST) und des Zentralrats der Juden in Deutschland nach Berlin.

Zum Auftakt am vergangenen Donnerstagabend widmete sich Zentralratspräsident Josef Schuster dem Thema des Kongresses. Er sagte, die aktuelle Weltlage löse Unsicherheit aus: »Es sind Umbrüche, die uns zweifeln lassen, ob wir einer guten Zukunft entgegengehen.« Zugleich hänge viel von jedem Einzelnen ab, wie sehr Veränderungen ins eigene Leben eindringen. Wer im Judentum verwurzelt ist, lasse sich weniger von Globalisierungsängsten lenken. Er sei sich sicher, so Schuster, »dass die jüdische Gemeinschaft diese Umbruchzeiten nicht nur übersteht, sondern auch positiv zu gestalten vermag«.

»Wenn von der pluralistischen, multikulturellen Gesellschaft von morgen die Rede ist, müssen wir mit dabei sein«, sagte der neue JSUD-Präsident.

POLITIK Neben gemeinschaftlichen Erlebnissen wie Schabbatfeiern, Erkundungen Berlins, sportlichen Aktivitäten und der traditionellen großen Party am Samstagabend hatten die Teilnehmer vier Tage lang Gelegenheit, für sich selbst zu definieren, welche Themen ihnen wichtig sind. Was muss man zu den bevorstehenden Wahlen in Israel verstehen? Was bedeutet die Trump-Ära konkret für den jüdischen Staat? Wie sieht gute Berichterstattung in Zeiten der Digitalisierung aus? Das Programm war genauso divers wie seine Teilnehmer.

Um aktuelle Politik beispielsweise ging es am vergangenen Freitag, als sich »Bild«-Chef Julian Reichelt den Fragen der Teilnehmer stellte. Mit seiner Kollegin Ilanit Spinner vom Bayerischen Rundfunk diskutierte der Journalist über die Rolle der Medien in Zeiten von Social Media und »Fake News«.

Als zweites Highlight an diesem Nachmittag waren die israelischen Journalisten Amos Harel von der Tageszeitung »Haaretz« und Amit Segal vom TV-Sender Channel 2 News auf dem Jugendkongress zu Gast. Sie sprachen über die Situation in Israel vor den anstehenden Parlamentswahlen am 9. April.

Zum Abschluss des Jugendkongresses am Sonntag diskutierten Mitglieder des Europaparlaments mit Vertretern jüdisch-europäischer Organisationen über die Zukunft in Europa und die anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Avraham Infeld, ehemaliger Präsident von Hillel International, etwa stellte seine Perspektive auf das jüdische Leben der Zukunft dar.

Mit der Wahl eines neuen Vorstands der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) ging am Sonntagnachmittag der Jugendkongress zu Ende. Als neuer Präsident wurde auf der JSUD-Vollversammlung Mischa Ushakov gewählt. Seine Stellvertreter sind Anna Staroselski, Lars Umanski, Avital Greenberg und Ruben Gerczikow.

Das Programm war
genauso divers
wie seine Teilnehmer.

»Wenn von der pluralistischen, multikulturellen Gesellschaft von morgen die Rede ist, müssen wir mit dabei sein«, sagte der neue JSUD-Präsident. »Nur dann besteht die Möglichkeit, dass das Judentum eines Tages integraler Bestandteil wird.« »Die junge Generation ist längst aufgewacht«, sagte Zentralratspräsident Schuster. »Dies haben die großen Demonstrationen gegen rechts im vergangenen Jahr gezeigt, an denen auch viele junge Menschen teilgenommen haben.« Schuster betonte, dass er keinerlei Bedenken habe, dass die junge jüdische Gemeinschaft in der Lage sei, Umbrüche nicht nur auszuhalten, sondern selbst zu gestalten.

»Es ist gut und richtig, dass die jungen Menschen aufstehen«, sagte Schuster. Schließlich sei es primär auch die Studierendengeneration, die die Folgen heutiger Entscheidungen tragen müsse. Dass es nicht nur junge Leute gebe, denen alles egal sei oder die »mit kahl rasiertem Schädel rechtsextreme Parolen brüllen oder mit Drohgebärden vor Flüchtlingsheimen aufmarschieren«, sei ein ermutigendes Zeichen, unterstrich der Zentralratspräsident.  ja

Dialog

Freunde wie Berge

Juden und Kurden verbindet eine jahrtausendealte Freundschaft. Um ein Zeichen der Gemeinsamkeit zu senden und sich des gegenseitigen Rückhalts zu versichern, kamen sie nun auf Einladung der WerteInitiative in Berlin zusammen

von Katrin Richter  10.09.2025

Literatur

»Es wird viel gelacht bei uns«

Der Historiker Philipp Lenhard und die Schriftstellerin Dana von Suffrin über den von ihnen gegründeten Jüdischen Buchklub, vergessene Klassiker und neue Impulse

von Luis Gruhler  09.09.2025

Ausstellung

Lesen, Schreiben, Sehen, Handeln, Überleben

Im Literaturhaus München wird das Leben der amerikanischen Denkerin und Publizistin Susan Sontag gezeigt

von Ellen Presser  09.09.2025

München

Spur der heiligen Steine

Es war ein Sensationsfund: Bei Baumaßnahmen am Isarwehr wurden Überreste der früheren Hauptsynagoge entdeckt. Der Schatz wird nun vom Jüdischen Museum erforscht

von Michael Schleicher  07.09.2025

Dialog

Gemeinsam stark

Fatma Keser ist Mitbegründerin von »Pêk Koach – Jewish-Kurdish Women’s Alliance«. Der Frauenverein will jüdische und kurdische Perspektiven vermitteln

von Pascal Beck  07.09.2025

Fürth

Ruth Weiss ist gestorben

Sie engagierte sich ihr Leben lang gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Nun ist die in Franken geborene Schriftstellerin mit 101 Jahren gestorben

 05.09.2025 Aktualisiert

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  04.09.2025

Erfurt

Studiengang »Jüdische Soziale Arbeit« offiziell gestartet

Zentralratspräsident Josef Schuster: Die Einrichtung des Studiengangs ist ein starkes Zeichen für die Lebendigkeit jüdischen Lebens in Deutschland

 04.09.2025

Hannover

»Wir sind hier und wir bleiben hier«

Im September wird die Liberale Jüdische Gemeinde 30 Jahre alt. Gegründet wurde sie einst von drei Frauen. Ein Gespräch mit Geschäftsführerin Rebecca Seidler über Generationen, Sicherheit und eine große Portion Optimismus

von Katrin Richter  04.09.2025