Geschichte

Der vergessene Exodus

Veranstaltungen, die historische Ereignisse der Vergessenheit entreißen wollen, sind wichtig. Wenn sie zudem einen Bezug zum aktuellen politischen Geschehen haben, wird das Ganze umso spannender. Der von der israelischen Botschaft in Berlin sowie dem World Jewish Congress am Donnerstag im Centrum Judaicum organisierte Abend mit der israelischen Sängerin und Schauspielerin Liraz Charhi sollte genau so eine werden.

Anlass ihres Auftritts war der Gedenktag an die Flucht und Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern sowie des Iran, der seit 2014 in Israel ein Gedenktag ist und jedes Jahr am 30. November begangen wird. Erinnern will man auf diese Weise an den Exodus von rund 900.000 Menschen, die in den Jahren zwischen 1948 und 1979, dem Beginn der sogenannten islamischen Revolution im Iran, zu Flüchtlingen wurden.

Polen »Wenn man fragt, wann der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen war, lautet die Antwort stets, dass dies nach dem Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 der Fall gewesen ist«, so Gideon Joffe. Doch das sei eine klassisch nichtjüdische Sicht, betont der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Denn aus jüdischer Perspektive war es mit dem Grauen noch lange nicht vorbei. »Es folgten die Pogrome in Polen, der Antisemitismus in der Sowjetunion und schließlich die Vertreibung von fast einer Millionen Jüdinnen und Juden aus großen Teilen der islamischen Welt.«

Nur ist die Erinnerung alles andere als präsent, wie Josef Schuster hervorhebt. »Vielleicht wollen viele sich dieses Themas nicht nähern, weil es ihre einfache Sicht auf den komplexen Nahostkonflikt stört«, so der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

»Heute Abend sprechen wir viel über die Vergangenheit«, erklärte Ron Prosor. Doch es soll auch um die Gegenwart gehen. »Doch wir wollen heute auch zeigen, dass Israel an der Seite der mutigen Frauen und Männer im Iran steht, die gegen das Regime der Mullahs auf die Straße gehen und Freiheit fordern«, so der israelische Botschafter. Und deshalb ist Liraz Charhi hier, bekannt als Mossad-Agentin Yael Kadosh aus der TV-Serie Teheran und zugleich eine bekannte Sängerin.

Rock Denn Liraz Charhis Eltern stammen ebenfalls aus dem Iran und mussten das Land verlassen. Und sie selbst fühlt sich – obwohl 1978 in Israel geboren – weiterhin der iranischen Kultur und Sprache eng verbunden. »Ich war immer ein großer Fan der psychedelischen Rock-Musik aus dem Iran«, erzählt sie. Aber das Ganze geschah nicht von heute auf morgen, sondern war ein langer Prozess. »Auf der einen Seite der schreckliche Mahmud Ahmadinedschad, auf der anderen diese wunderschöne Kultur.«

Bald schon begann Liraz Charhi, auf Persisch zu singen, was dazu führte, dass sie ebenfalls im Iran populär wurde. Und einige ihrer Lieder wurden aufgrund von Textzeilen wie »Bis wann werden wir schweigen, bis wann werden wir den Kopf einziehen?« nun zu Hymnen auf den aktuellen Demonstrationen gegen das Regime. Mittlerweile hat sie eine riesige Fan-Gemeinde im Iran – keine schlechte Bilanz für die Tochter von jüdischen Flüchtlingen. »Ich bekomme in den sozialen Medien unzählige Kommentare und Mails«, weiß sie zu berichten. »Bisher gab es nur zwei Hass-Nachrichten.«

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  15.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  14.09.2025

Hamburg

»An einem Ort getrennt vereint«

In der Hansestadt soll die Bornplatzsynagoge, die in der Pogromnacht von den Nazis verwüstet wurde, wiederaufgebaut werden. Ein Gespräch mit dem Stiftungsvorsitzenden Daniel Sheffer über Architektur, Bürokratie und Räume für traditionelles und liberales Judentum

von Edgar S. Hasse  13.09.2025

Meinung

»Als Jude bin ich lieber im Krieg in der Ukraine als im Frieden in Berlin«

Andreas Tölke verbringt viel Zeit in Kyjiw und Odessa – wo man den Davidstern offen tragen kann und jüdisches Leben zum Alltag gehört. Hier schreibt er, warum Deutschland ihm fremd geworden ist

von Andreas Tölke  13.09.2025

Porträt der Woche

Das Geheimnis

Susanne Hanshold war Werbetexterin, Flugbegleiterin und denkt über Alija nach

von Gerhard Haase-Hindenberg  13.09.2025