Chabad

Das Ziel vor Augen

Wenn Rabbiner Yehuda Teichtal seinen in der Arbeitswoche täglichen Abstecher zur Baustelle des »Pears Jüdischer Campus« in Berlin-Wilmersdorf macht, hat er zweierlei im Sinn: »Ich möchte mir von den Baufortschritten ein Bild machen und den wunderbaren Bauleuten vor Ort für ihre fantastische Arbeit danken«, sagt der Vorsitzende des Jüdischen Bildungszentrums Chabad Berlin.

»Ich möchte, dass alle Menschen, die an dem Neubau beteiligt sind, sich als Teil des Projekts verstehen können – denn unser neuer Bildungscampus wird ein Haus der Begegnung sein, offen für alle Strömungen des Judentums und alle Berlinerinnen und Berliner.«

Gemeinde Der Neubau des in Trägerschaft Stiftung Pears Jüdischer Campus geplante Bildungscampus in der Westfälischen Straße 15 nimmt Gestalt an: Seit der Grundsteinlegung im Sommer 2018 hat sich auf der Baustelle in der City West viel getan. Das neu gebaute Eingangsfoyer und die vielen verschiedenen Räumlichkeiten für Bildung, Kultur und Sport mit einer Gesamtfläche von rund 7000 Quadratmetern stehen in ihren Grundmauern. Auch die Heizungsanlage und die meisten Fenster sind schon eingebaut. Im Außenbereich des Grundstücks wird derzeit ein Park mit Sport- und Spielplatz gestaltet. »In den kommenden acht Wochen wird die Elektronik samt den technischen Gerätschaften eingebaut«, sagt Rabbiner Teichtal.

Charakteristisch für den Neubau sind die zahlreichen großzügigen Fensterfronten, die für viel Licht im Inneren sorgen, sowie die geschwungenen Rundungen sowohl an der Außenfassade als auch im Innenbereich. Von oben betrachtet ähnelt das Gebäude der Form eines menschlichen Fötus. Das ist ganz bewusst so, wie Bauherr Teichtal verrät. »Wie ein Fötus steht der Bildungscampus für die Neugeburt des jüdischen Lebens in Berlin und Deutschland.«

ZUSATZKOSTEN Bis Ende des Jahres soll der Neubau, in dem in Zukunft rund 500 Kinder Angebote von der Betreuung im Kita-Alter bis zum Abitur nutzen können, fertiggestellt sein. Die Eröffnung ist für April 2022 geplant. »Wenn jetzt alles klappt, können wir zu Pessach im kommenden Jahr eröffnen«, sagt der Berliner Gemeinderabbiner. Ursprünglich war die Eröffnung des neuen Bildungscampus bereits für Ende 2020 geplant.

Corona-Fälle unter Mitarbeitern einer Baufirma sowie Lieferschwierigkeiten bei Materialien sorgten für Verzögerungen. Auch der Kostenvoranschlag musste im Zuge der Baumaßnahmen noch einmal geändert werden. Sollte der Bildungscampus zunächst 18 Millionen Euro kosten, liegt das Gesamtbudget inzwischen bei rund 25 Millionen Euro, wie Teichtal sagt. »Die Materialkosten sind in der Corona-Pandemie gestiegen. Zudem haben wir uns dafür entschieden, den Bau um eine zusätzliche Etage zu erweitern«, erläutert er. Statt sechs wird das Gebäude nun sieben Stockwerke bekommen.

Der Grund: die große Nachfrage von Interessierten, die Campusräume in Zukunft nutzen zu wollen. »Wir haben so viele Anfragen von Firmen, Privatpersonen oder auch staatlichen Einrichtungen wie zum Beispiel der Bundespolizei bekommen, die die Räumlichkeiten für Büros oder Events nutzen möchten«, sagt Bella Zchwiraschwili, zukünftige Direktorin und Programmdirektorin des Pears Jüdischer Campus.

Statt sechs Etagen sollen wegen der großen Nachfrage nun sieben entstehen.

Das Kostenplus von sieben Millionen Euro will natürlich gedeckt werden. Rund 20 Millionen Euro habe man inzwischen sicher, sagt die Programmdirektorin. Finanziert wird das bundesweit einmalige Projekt aus einer Mischung an Zuwendungen. So hat der Bund zwei Millionen Euro zugesichert, das Land Berlin beteiligt sich mit rund 2,4 Millionen Euro aus den Töpfen des Sondervermögens Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA).

Hauptsponsor ist die britisch-jüdische Pears Foundation, nach der der Campus auch benannt ist. Weitere Großspenden kommen von der Stiftung Lebendige Stadt, der Berliner Sparkassenstiftung sowie von Unternehmen wie Siemens und dem Chemiekonzern Bayer. »Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich zeitnah noch weitere Sponsoren finden werden«, sagt Zchwiraschwili.

CROWDFUNDING Damit sich auch Privatpersonen als Teil des Bauvorhabens sehen können, hat die Programmdirektorin Anfang April eine neue Spendenkampagne unter den Hashtags #pjcampus und #BildeDieZukunft ins Leben gerufen. »Jedem Menschen wird durch die Teilnahme an dieser Kampagne die Möglichkeit gegeben, ein Teil des Pears Jüdischer Campus zu werden«, sagt sie.

Und so funktioniert es: Eine interessierte Einzelperson wird zum Teamleader und erstellt sein Team aus Familienmitgliedern, Freunden oder Kollegen. Als Unterstützungshilfe gibt es ein kostenfreies Toolkit mit Werbematerialien und Infos zum Campus-Projekt. Als Team legt man dann ein bestimmtes Spendenziel fest, das bis Ende November über die Crowdfunding-Website Charidy.com eingesammelt wird. »Es ist völlig gleich, ob man sich als Team 100 oder 10.000 Euro als Ziel vorgenommen hat«, sagt Zchwiraschwili. Das Schöne an dem Konzept sei, dass sich so jeder mit seinem für ihn individuell möglichen finanziellen Beitrag beteiligen könne.

Gipfeln soll die Kampagne dann in einem 48-stündigen Spendenmarathon am 14. und 16. November, bei dem alle Teams gemeinsam die letzten Spenden einsammeln. Man hoffe, dass durch die Aktion rund eine Million Euro zusammenkommen.

Rabbiner Teichtal findet die Kampagne großartig. »Es geht nicht einfach darum, Geld zu sammeln«, sagt er. »Mit der Spendenaktion hat jeder die Chance, unabhängig von der eigentlichen Finanzsumme, ein wichtiger, unentbehrlicher Baustein des Gesamtprojektes zu werden.« So sollen später alle Spender in einem gedruckten Journal sowie auf der Campus-Website namentlich genannt werden.

GRUNDGEDANKE Dieser Ansatz steht für Rabbiner Teichtal symbolisch für den Grundgedanken des Bildungscampus, Menschen unabhängig von ihrer Religion und ethnischen Herkunft zusammenzubringen. »Die jüdische Community wächst in ihrer Gesamtheit. Wir haben ein enormes Potenzial. Berlin bietet Platz für alle«, sagt Teichtal. Ausdrücklich bedanken möchte sich der Rabbiner beim Zentralrat der Juden in Deutschland für die Zusammenarbeit. »Ich bin sehr froh, dass Zentralratspräsident Josef Schuster Teil des Stiftungskuratoriums des Pears Jüdischer Campus ist«, sagt Teichtal.

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