Baden-Württemberg

Bildung gegen Antisemitismus

Barbara Traub Foto: Marco Limberg

Baden-Württemberg hat nun ein eigenes jüdisches Bildungszentrum. Vor Kurzem wurde in Heidelberg dessen offizielle Eröffnung gefeiert. Schon im kommenden Jahr sollen im ganzen Bundesland Kurse und Veranstaltungen angeboten werden, auch zwei feste Standorte, jeweils in Baden und in Württemberg, sind geplant.

Schon jetzt wird fleißig an den Inhalten gearbeitet: »Wir legen Halbjahresprogramme ähnlich den Angeboten der staatlichen Volkshochschule auf«, sagt Barbara Traub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs. Das Bildungszentrum richte sich vorwiegend an die nichtjüdische Bevölkerung. Traub hofft, es werde helfen, Antworten auf den Antisemitismus zu finden, wo bisher Sprachlosigkeit dominiere.

Wichtiger Partner der Arbeit des Jüdischen Bildungszentrums – auch mit finanzieller Unterstützung – ist das Land Baden-Württemberg. Bei der Eröffnung in Heidelberg sprach auch die Staatssekretärin des Kultusministeriums, Sandra Boser. Sie stellte die Frage, ob Bildung gegen Antisemitismus helfe. Studien hätten gezeigt, dass auch Menschen aus der bürgerlichen Mitte anfällig für Antisemitismus seien.

»Bildung hilft, sich vom eigenen Unwissen zu emanzipieren«: Doron Kiesel

»Bildung hilft, sich vom eigenen Unwissen zu emanzipieren«, betonte Doron Kiesel, Direktor der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden in Deutschland. Das, was in den vergangenen Wochen auf Deutschlands Straßen passiert sei, zeige aber, dass »etwas schiefgelaufen« sei, so Kiesel.

Als Ursache für den hiesigen Antisemitismus macht der Soziologe auch eine mangelnde Distanzierung von der Tätergeneration der deutschen Bevölkerung nach 1945 aus. Er forderte eine Wende in der Bildungsforschung und klare pädagogische Konzepte für die Schulen. Staatssekretärin Boser hofft, dass das Jüdische Bildungszentrum dazu beitragen werde, dass sich Menschen kritisch mit der komplexen deutsch-jüdischen Historie auseinandersetzen.

Und auch Rami Suliman, Vorstandsvorsitzender des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, betont die gemeinsame Geschichte, von der man noch viel lernen könne: »1700 Jahre Judentum in Deutschland – das müssen wir weiterhin pflegen, auch wenn der Gesamtgesellschaft doch manches fremd am Judentum geblieben ist«, sagte er bei der Eröffnung.

»Wir haben wohlwollende, engagierte Partner, mit denen wir die Schätze unserer gemeinsamen Geschichte bergen wollen«, ergänzte Barbara Traub. Sie verwies unter anderem auf Vereine für jüdische Kultur und Geschichte, Stolperstein-Initiativen, eine engagierte Lehrerschaft, interreligiöse Arbeitskreise und kirchliche Gruppen, die ihre eigenen Wurzeln besser verstehen wollen. An den zwei Standorten des Zentrums sollen Besucher auch mehr über das gegenwärtige Leben in den 18 Gemeinden in Baden-Württemberg erfahren und Juden und Jüdinnen aus dem »Ländle« begegnen.

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025

Lesen

Über eine Liebe nach dem Holocaust

Die österreichische Schriftstellerin Melissa Müller stellte im Münchener Literaturhaus ihr neues Buch vor

von Helen Richter  01.07.2025

Auszeichnung

Strack-Zimmermann erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Die FDP-Politikerin wird für ihre klaren Worte und ihr entschlossenes Handeln angesichts globaler Krisen geehrt

 29.06.2025

Erfurt

Ende eines Krimis

Seine Entdeckung gilt als archäologisches Wunder: Mehr als 25 Jahre nach dem Fund des Erfurter Schatzes sind vier weitere Stücke aufgetaucht

von Esther Goldberg  29.06.2025

Porträt der Woche

Heilsame Klänge

Nelly Golzmann hilft als Musiktherapeutin an Demenz erkrankten Menschen

von Alicia Rust  29.06.2025

Interview

»Wir erleben einen doppelten Ausschluss«

Sie gelten nach dem Religionsgesetz nicht als jüdisch und erfahren dennoch Antisemitismus. Wie gehen Vaterjuden in Deutschland damit um? Ein Gespräch über Zugehörigkeit, Konversion und »jüdische Gene«

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  29.06.2025

Solidarität

»Sie haben uns ihr Heim und ihre Herzen geöffnet«

Noch immer gibt es keinen regulären Flugbetrieb nach Israel. Wir haben mit Israelis gesprochen, die in Deutschland gestrandet sind. Wie helfen ihnen die jüdischen Gemeinden vor Ort?

von Helmut Kuhn  26.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025