Dortmund

Bilbelgeschichte für kleine Leute

Experiment: Das Zebra erzählt die Purimgeschichte auf seine Weise. Foto: Thomas Jauk

Leises Klarinettenspiel dringt aus dem Hintergrund. Auf der Bühne müht sich eine Frau mit einem festgefahrenen Bauwagen ab. Die Schauspieler sind zunächst mit sich selbst beschäftigt, bis einer fragt: »Worauf wartet ihr? Eine Geschichte?« Der positive Bescheid der kleinen Gäste lässt nicht lange auf sich warten. »Unsere Geschichten« sollen dann erzählt werden. »Sie sind stets mit uns. Denn wir sind Juden.« Aber welche Geschichte aus dem reichhaltigen Angebot soll es denn sein? Es wird die Purimgeschichte. Unter den fünf Schauspielern bricht eine Feier aus. Es wird gesungen, getanzt, getobt, doch leider wissen sie gerade gar nicht, worum es bei Purim geht.

Traumhaft Sie müssen ihr Wissen ordnen, und so beginnt Erzählerin Tirzah Haase in ihrem Stück Stella das Zebra die Geschichte: Von der Wüste, in der die kleine jüdische Gruppe in einer unbestimmten Zeit gelandet ist, geht es zurück zur Erzählung aus dem Alten Testament. Doch viel weiter als bis zum großzügigen, aber nicht besonders klugen König Achaschwerosch kommt die Erzählerin nicht. Die fünf sind zu müde, entschlummern und stranden im Land der Träume. Hier lebt Stella, das Zebra, der hellste Stern im Volk der »Zebräher«. Sie ist ein glückliches Wesen, bis ein böser Wolf auftaucht.

»Es ist ein nicht ganz einfacher Stoff«, räumt Dramaturg Daniel Schindler ein. »Wir können nicht einfach die alttestamentarische Geschichte erzählen.« Und so wird sie in drei Ebenen aufgespaltet: die der Schauspielgruppe auf der Bühne, dem Erzählen der Purimgeschichte und schließlich in das Treiben um das Zebra Stella. So lassen sich auch Kinder ab sechs Jahren in das Thema Judentum einführen.

Universell »Wir wollten eine Kinderoper für Juden und Nichtjuden machen. Denn die Geschichte hat einen universellen, menschlichen Kern«, erklärt Schindler. Das Zebra, der Wolf und später der Löwe stellen als Schattenfiguren hinter dem Vorhang diesen Kern dar, der die Purimgeschichte für Kinder nachvollziehbar in ihren Alltag holt. Dennoch waren einige Lehrer skeptisch, ob der Stoff tatsächlich für Sechsjährige geeignet ist. Aber: »Wenn sie drin waren, dann ...«, setzt Daniel Schindler an und lächelt dann zufrieden.

Tatsächlich ist es ihm und dem Ensemble gelungen, dem jungen Publikum einen Einstieg in das Judentum zu ermöglichen, der in Schulen seit Jahrzehnten vergessen wird. »Ich selbst bin Christ, komme vom Land. In meiner Jugend wusste ich nichts vom Judentum und bin ihm nicht begegnet, bis ich die Schwarz-Weiß-Fotos der Schoa gesehen habe«, sagt Schindler.

Aktionsreich Stella das Zebra ist ein buntes Stück. Die Schauspieler pesen durch den Raum, Klarinette, Klavier und Geige werden oft mit Überschwang gespielt, die Stimmung ist meist ausgelassen. Und am Ende der Vorstellung gehen nicht wenige Kinder Hava Nagila summend nach Hause. Sie haben etwas Glück mitgenommen, bevor sie in ein paar Monaten oder in ein paar Jahren das Leid kennenlernen. »Es ist aber kein Kasperletheater«, betont Tirzah Haase, »sondern auch etwas zum Nachdenken.« Da Kinder in begrenzten Szenarien denken, könnten sie sich die Stücke aus der Geschichte mitnehmen, die sie jetzt verstehen. Und später tauchten im Alltag vielleicht andere wieder auf. Der Erfolg gibt Daniel Schindler, dem Ensemble und der Dortmunder Kinderoper recht, die Vorstellungen sind bestens besucht.

»Ist Esther jetzt glücklich?«, erkundigte sich das kleine Mädchen am Ende der Vorstellung bei seiner Mutter.

Weitere Vorstellungen: Kinderoper Dortmund, Hövelstraße/Ecke Hiltropwall 18., 21. und 22. November, jeweils 11 Uhr

Berlin

Gedenkort für früheres jüdisches Altenheim gefordert

Die Einrichtung stand dort, wo sich heute das Haus der Statistik befindet

 11.02.2025

Aufruf

Bündnis »Zusammen für Demokratie« startet bundesweite Aktion

Ein breites Bündnis setzt auf Banner mit klaren Botschaften - auch der Zentralrat der Juden in Deutschland macht mit

 11.02.2025

Düsseldorf

Jüdische Zukunft: Panel-Diskussion mit Charlotte Knobloch

Auf dem Podium sitzen auch Hetty Berg, Armin Nassehi und Philipp Peyman Engel

 11.02.2025

Pädagogik

»Synergien schaffen«

Shila Erlbaum über die nächste Fachtagung der Religionslehrer, didaktische Fragen und Feedback

von Katrin Richter  10.02.2025

Düsseldorf

Verlegerin der ersten Stunde

Gemeinsam mit ihrem Mann gab Lilli Marx das »Jüdische Gemeindeblatt für die Britische Zone« heraus. Nun zeigt eine Ausstellung die Lebensgeschichte der Publizistin

von Jan Popp-Sewing  09.02.2025

Porträt der Woche

Die Rohstoff-Rebellin

Viktoria Kanar hat eine Firma gegründet, um Textilabfall zu recyceln

von Gerhard Haase-Hindenberg  09.02.2025

Ortstermin

Warum ein syrischer Kurde in Freiburg ein israelisches Restaurant eröffnet hat - trotz allem

Eine Geschichte von Mut und Haltung

von Anja Bochtler  09.02.2025

Frankfurt

Sein Leben, ihre Bühne

Die WIZO lud zu einer Aufführung von Georg Kreislers Stück »Heute Abend: Lola Blau«

von Laura Vollmers  09.02.2025

Engagement

Süße Toleranz

»move2respect« heißt ein neues Projekt, das jüdische und muslimische Jugendliche zusammenbringt. Eine erste Begegnung gab es beim Pralinenherstellen in Berlin

von Frank Toebs  06.02.2025