Dresden

Appell und Versprechen

Der Schlagersänger Roland Kaiser, die Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Nora Goldenbogen, der deutsche Regisseur und Kameramann Ernst Hirsch, Nora Lang, Gründungsmitglied der Arbeitsgruppe 13. Februar, und Frank Richter, Geschäftsführer der Stiftung Frauenkirche Dresden (v.l.) erhielten die Ehrenmedaille der Landeshauptstadt Dresden. Foto: dpa

Die Stadt Dresden hat die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Dresden, Nora Goldenbogen, mit der Ehrenmedaille für ihre Förderung der Gedenk- und Erinnerungskultur in der Landeshauptstadt und darüber hinaus ausgezeichnet. Mit großem persönlichem Eifer habe Goldenbogen sich für die Errichtung jüdischer Denkzeichen im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt eingesetzt, heißt es in der Würdigung.

Nora Goldenbogen ist seit 2003 Vorsitzende der jüdischen Gemeinde und Gründungsmitglied des Vereins Hatikva, der Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur Sachsen. Viele Jahre lang prägte sie als Leiterin und Bildungsreferentin die Arbeit des Vereins, der sich besonders in der außerschulischen Jugendarbeit engagiert.

Brücken Die Laudatio hielt Rabbiner Alexander Nachama. Er unterstrich, das Amt einer Gemeindevorsitzenden sei ein Ehrenamt, aber kein einfaches Amt. Der Rabbiner erinnerte daran, dass die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ein Segen für die jüdischen Gemeinden sei, aber in manchen Gemeinden auch zu Zerwürfnissen geführt habe. Das Aufeinanderprallen Zugewanderter und Alteingesessener war zu heftig.

Nora Goldenbogen habe es geschafft, in der Dresdner Gemeinde solche Grabenkämpfe zu verhindern. Streit gebe es natürlich trotzdem hin und wieder. »Aber Nora Goldenbogen bringt das Kunststück fertig, alle immer wieder an einen Tisch zu bringen. Das unterscheidet unsere Gemeinde von anderen«, sagte der Rabbiner.

So versöhnend und schlichtend die gebürtige Dresdnerin nach innen wirke, so unbeugsam sei sie, wenn es darum geht, öffentlich Position gegen Rechtsextremismus zu beziehen. »Auch wenn es manchmal einfacher wäre zu schweigen und auch, wenn sie Kritik einstecken muss, lässt sie sich nicht beirren«, betonte Nachama.

So lehnte es Nora Goldenbogen von Anfang an ab, sich auf Annäherungsversuche der Pegida-Bewegung, der selbst ernannten »Verteidigerin des christlich-jüdischen Abendlandes«, einzulassen. Vielmehr unterstütze sie Aktionen und Demonstrationen gegen die fremdenfeindliche Bewegung.

Rechtsruck
Sichtlich bewegt nahm die Gemeindevorsitzende die Ehrenmedaille entgegen, die Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) ihr überreichte. Anschließend trug sie sich in das Goldene Buch der Stadt ein. In ihrer Danksagung bemerkte sie bescheiden, die Ehrung sei nicht nur als Würdigung ihrer persönlichen Arbeit zu sehen, sondern gelte ebenso der jüdischen Gemeinde, die sich aktiv in das Leben der Stadt einbringe.

Goldenbogen nutzte ihre Dankesrede für einen Appell und ein Versprechen: »Es geht uns nicht nur um jüdische Geschichte und Erinnerungskultur, sondern auch um aktuelle Themen – wie die dringend nötige Auseinandersetzung mit rechtsextremem Gedankengut. Wir dürfen keinerlei Relativierung zulassen, sondern müssen dem Rechtsruck, wie auch immer er geartet sei, entgegentreten. In diesem Sinne betrachte ich die heutige Ehrung auch als Verpflichtung.«

Interview

»Ich kenne nichts Vergleichbares«

Ansgar Brinkmann über die Maccabiah, seine neue Aufgabe als Makkabi-Nationaltrainer und alte Legenden

von Helmut Kuhn  27.09.2023

Beschluss

Bornplatzsynagoge: Hamburg gibt Jüdischer Gemeinde Grundstück zurück

Gemeindechef: Der heutige Tag zeigt, dass Unrecht nicht siegt und das jüdische Hamburg eine Zukunft hat

 27.09.2023

Berlin

Herausragendes Engagement

Bürgermeister Kai Wegner ehrt Petra und Franz Michalski mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik

 27.09.2023

Halle

Gedenken am Jahrestag des Anschlags auf Synagoge

Es soll eine Schweigeminute geben - sowie ein Gebet für die Opfer

 27.09.2023

Hamburg

Scheinbare Gegensätze verbinden

Wie jüdische Biografien in der Reihe »Bridging the Gap« in Kunst umgesetzt werden

von Heike Linde-Lembke  27.09.2023

Porträt der Woche

Ein Leben für die Mode

Naomi Tarazi ist Designerin und stellt in diesen Tagen ihre neue Kollektion vor

von Gerhard Haase-Hindenberg  26.09.2023

Synagogen-Gemeinde Köln

Wann ist eine Frau eine Heldin?

Ein neuer Workshop für Mädchen widmet sich weiblichen jüdischen Vorbildern

von Imanuel Marcus  26.09.2023

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde erschreckt über Wahlergebnis

Die Stimmenzuwächse für die AfD sind bedrohlich, betont der Vorsitzende Schramm

 26.09.2023

Interview

»Das ist meine Mission«

Die 101-Jährige Margot Friedländer über ihre neue Stiftung, Erinnerungsarbeit und ein Vermächtnis

von Christine Schmitt  25.09.2023