Radebeul

Aller guten Dinge sind sieben

Im Judentum hat die Zahl sieben eine große Bedeutung, wird sie doch vor allem mit Vollkommenheit in Verbindung gebracht. Nicht nur der Schabbat, der siebte Tag der Woche, war diesmal ein Grund zum Feiern. In Radebeul bei Dresden versammelten sich mehr als 300 Jugendliche, Familien mit Kindern und Young Professionals zum siebten Jubiläum des »Grand Schabbaton« des Bundes traditioneller Juden (BtJ) im Zeichen des 70. Geburtstages des Staates Israel.

»Der Schabbaton ist schon etwas Besonderes«, sagt Teilnehmerin Evgenia, während sie stets ein Auge auf ihren kleinen Sohn wirft, damit er sich nicht im Hausgarten des Hotels verläuft. Evgenia ist mit ihrem Mann und Sohn aus Frankfurt angereist. »Es wäre schön, gäbe es diesen Schabbaton noch häufiger. Man kann seine Kinder hierher mitbringen und sich mit anderen Familien austauschen.« Das findet Evgenia sehr angenehm.

Kippa Am langen Wochenende rund um den arbeitsfreien Donnerstag erwartete die Teilnehmer ein Schabbaton mit vielen Events, Diskussionen und Ausflügen nach Dresden. Dies alles natürlich mit Mut zur Kippa! »Ich trage meine Yarmulke (Kippa) immer, egal was ich mache«, betont etwa Harry Rothenberg, Rechtsanwalt aus New York und einer der Gastredner des Schabbatons, seine Beziehung zum Judentum.

Mit viel Elan und kräftigen Worten berichtet Rothenberg von seinen Erfahrungen als religiöser Jude, der sich trotz – oder gerade wegen – seines Glaubens in seinem Beruf behaupten kann. Vor allem im Hinblick auf die Debatte um das Tragen der Kippa lautet sein Motto zum Schabbaton klar: Mut zur Kippa!

BTJ-Vorstand David Seldner sagt auch Ja: »Wir sind da und wollen auch normal leben!« Das nicht gerade tolerante Image Dresdens und des Bundeslandes Sachsen als Ort mit einer hohen Dichte an rechtsradikaler Gesinnung schreckt weder die Organisatoren noch die Teilnehmer ab. »Das spielt eher keine Rolle«, winkt David Seldner ab. »Der schlechte braune Touch hält uns trotzdem nicht ab.« »Hier in Radebeul ist die Location gut, und es gibt einen Eruw für die Familien«, bemerkt David Seldner. Die gute Auswahl lobten auch die Teilnehmer.

Die Tour auf den ConferenceBikes mit Dresdner Fremdenführern durch Radebeul machte den Teilnehmern großen Spaß. »Es war eine tolle sächsische Tour. Man konnte die Atmosphäre gut einfangen«, erzählt Ian aus Hamburg.

Eines der wichtigsten Themen beim Schabbaton ist der »Geburtstag« des Staates Israel. In gleich mehreren Vorträgen werden Israels Errungenschaften auf kulturell-religiöser und wirtschaftlicher Ebene erwähnt. Der ehemalige Gemeinderabbiner von Köln, Jaron Engelmayer, veranschaulicht, wie stark die Verbindung zum Judentum und das Bedürfnis zu lernen durch den Ausbau religiöser Lehrstuben geworden ist.

hightech Der Journalist und Wirtschaftskenner Matan Hodorov beeindruckt mit Zahlen über die Hightech-Branche und niedrige Arbeitslosenraten im jüdischen Staat. Allerdings werden auch Probleme wie die Wohnungsnot oder die Integration ultraorthodoxer Juden und israelischer Araber diskutiert.

Trotz aller Feierlichkeiten sind die Sorgen um die Sicherheit Israels zu spüren. Kann man vor dem Hintergrund der Gefahr durch das iranische Regime noch ruhig feiern und Witze machen? Dies ist das Stichwort für den Stand-up-Comedian Benji Lovitt. Lovitt stammt aus den USA und machte vor zwölf Jahren – während des zweiten Libanonkrieges – Alija.

In seiner Show offenbart er nicht nur die lustigsten Klischees über Israelis und Amerikaner, sondern verdeutlicht auch, wie wichtig das Lachen in schweren Zeiten ist. »Wenn die Situation schwierig ist, dann mache ich natürlich Witze. Dabei bekomme ich auf Facebook sogar mehr Likes!«, erzählt Benji Lovitt. Seine Freunde und Follower in den sozialen Medien muntert er dadurch auf und gibt ihnen Kraft. Humor ist für Benji Lovitt eine Antwort auf das Leid des jüdischen Volkes. »Das ist ein Teil meiner Identität.«

comedy Stand-up-Comedy ist derzeit in Israel sehr beliebt. Immer mehr Comedians halten ihr Programm auf Englisch und versuchen sogar, es in großen Städten wie New York auf die Bühne zu schaffen. Benji Lovitt sieht darin eine klare Linie jüdischer Lebensart. Doch er erntet auch Kritik. Witze über den Holocaust sind für manche ein No-Go. »Ich glaube nicht, dass meine Großmutter darüber lachen würde«, sagt eine Teilnehmerin, nachdem Benji Lovitt eine filmische Parodie auf die Hinrichtung Adolf Eichmanns gezeigt hat.

»Benji hat recht! Juden machten immer zu schwierigen Zeiten Witze«, findet Ian aus Hamburg. Dennoch schließt er sich den anderen Kritikern an, dass man beim Thema Holocaust differenziert agieren muss. Es braucht genügend Feinfühligkeit, um die Opfer nicht zu verletzen. Lovitt nimmt es gelassen: »Ich weiß einfach zu wenig über die deutsche Kultur.«

Eines hat der Schabbaton gezeigt: Trotz angespannter Situation lassen sich die Teilnehmer nicht aus der Fassung bringen. Nach einer stimmungsvollen Hawdala ging es zur Bar-Nacht, wo die Freude über den Sieg von Netta Barzilai beim ESC kaum noch Grenzen kannte. 70 Jahre Israel, sieben Jahre Grand Schabbaton, Jom Jeruschalajim und die Austragung des Eurovision Song Contest im kommenden Jahr in Israel. Zu feiern gibt es noch reichlich.

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