Düsseldorf

Abschied nach 33 Jahren

Michael Szentei-Heise (r.) mit Nachfolger Michael Rubinstein, der sein Amt zum 1. April antritt Foto: privat

Düsseldorf

Abschied nach 33 Jahren

Gemeindedirektor Michael Szentei-Heise geht in Rente

von Dieter Sieckmeyer  19.03.2020 09:30 Uhr

Es gibt wohl kaum jemanden, der in Düsseldorf so gut vernetzt ist wie Michael Szentei-Heise. Dementsprechend bunt war auch die Gästeliste, als sich der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde am vergangenen Mittwoch nach 33 Jahren in den Ruhestand verabschiedete. Die reichte von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) über den Karnevalswagenbauer Jacques Tilly bis zu Landgerichtspräsident Bernd Scheiff.

An die Beerdigung von Zentralratspräsident Paul Spiegel erinnert sich Szentei-Heise noch sehr genau.

Was waren Ereignisse in den vergangenen 33 Jahren, die Szentei-Heise am meisten bewegt haben? Der 65-Jährige braucht nicht lange nachzudenken: »Da fällt mir sofort die Beerdigung von Paul Spiegel ein. Dazu war auch der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble gekommen, der damals schon im Rollstuhl saß.« Man hatte einen Korridor geschaffen, damit Schäuble zur Trauerfeier bis in die erste Reihe fahren konnte.

Danach fragte Szentei-Heise den Innenminister, ob er einen Niederflur-Bus besorgen solle, damit Schäuble auch auf den Friedhof fahren kann. Der antwortete ihm: »Ich bin zwar für die Freiheit der Bürger in diesem Land verantwortlich, aber über meine eigene Freiheit entscheide ich schon lange nicht mehr.« Die werde von der Security bestimmt.

Wannsee-Villa Ein weiteres Erlebnis hatte Szentei-Heise in Berlin, als er am Wannsee an einer Tagung der Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST) teilnahm. »Da bin ich morgens am Wannsee spazieren gegangen und sah einen orthodoxen amerikanischen Juden, der von einem Ufer auf das andere starrte« – auf die Villa, wo 1942 der Holocaust organisiert wurde. Dieses Bild habe ihn sehr beeindruckt.

Szentei-Heise hat in den vergangenen Jahrzehnten aus einer kleinen jüdischen Düsseldorfer Gemeinschaft eine Gemeinde mit 7000 Mitgliedern gemacht, die drittgrößte in Deutschland. Die wird inzwischen als integraler Bestandteil der Stadtgesellschaft wahrgenommen, zumal Szenztei-Heise die Gemeinde auch geöffnet hat.

Karneval Bis in den Karneval, wo er zu den Initiatoren des Toleranzwagens gehörte, auf dem Vertreter verschiedener Religionen am Rosenmontagszug teilnahmen. Auch die Gründung des ersten jüdischen Gymnasiums in der Stadt gehört zu den Erfolgen des scheidenden Verwaltungsdirektors.

Szentei-Heise wird weiter als »Außenminister« Termine für die Gemeinde wahrnehmen.

Aus dem Leben der Jüdischen Gemeinde wird der 65-Jährige sich in Zukunft nicht ganz zurückziehen. Vor allem als »Außenminister« wird er weiter aktiv sein, weil das von der Gemeinde so gewünscht wurde.

Rückzugsort In den Wintermonaten wird man aber wohl auf seine Dienste weitgehend verzichten müssen. 65 Kilometer nördlich von Malaga hat er eine Wohnung gemietet. Schon seit vier Jahren hat er den Jahreswechsel regelmäßig in Andalusien verbracht. »Da erlebe ich den 1. Januar bei einem Glas Rosé auf dem Balkon. Bei 21 Grad.« Auch eine Perspektive.

Antisemitismusverdacht

Ermittlung wegen Plakat »Juden haben hier Hausverbot« läuft

Ein antisemitischer Aushang in einem Flensburger Geschäft sorgt für Entsetzen. Politiker und Bürger reagieren deutlich. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein

 18.09.2025

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Kommentar

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025