Talmudisches

Vom Neujahr der Bäume

Was unsere Weisen über Tu Bischwat und über Früchte lehren

von Noemi Berger  14.01.2022 08:56 Uhr

Was haben die Bäume Besonderes getan, dass ihnen ein eigenes Neujahrsfest zukam? Foto: Getty Images/iStockphoto

Was unsere Weisen über Tu Bischwat und über Früchte lehren

von Noemi Berger  14.01.2022 08:56 Uhr

Der Talmud schreibt, dass es im Judentum vier Arten von Jahresanfängen gibt: den 1. Nissan (im März/April) für das Königtum – an diesem Tag wurden die Könige Israels gekrönt und ihre Regierungsjahre gezählt. Dann gibt es den 1. Elul (August/September) für die Zehntelabgabe des Viehs, den 1. Tischri (September/Oktober) für das landwirtschaftliche Jahr sowie als Gedenken der Erschaffung der Welt. Und dann ist da noch der 15. Schwat (Januar/Februar), das Neujahrsfest der Bäume, Tu Bischwat (Rosch Haschana 2a).

Man fragt sich: Was haben die Bäume Besonderes getan, dass ihnen ein eigenes Neujahrsfest zukam? Als die Bäume sahen, dass die Menschen Neujahr begehen, sagten sie: »Der Mensch ist wie ein Baum des Feldes, und auch der Baum ist wie der Mensch. Da wäre es doch nur natürlich, dass auch die Bäume ein Neujahr bekommen sollten!« Im Himmel nahm man die Bitte der Bäume entgegen und fragte sie: »Wann soll euer Neujahr sein?« Sie antworteten: »Wir brauchen Wasser, es soll also im Zeichen des Wassermanns sein, im Monat Schwat.«

PFLANZEN Wir lesen in der Tora: »Wenn ihr das Land in Besitz nehmt, sollt ihr Obstbäume pflanzen« (3. Buch Mose 19,23). Und im Midrasch sagt der Ewige: »Wenn ihr ein Land voller guter Dinge vorfindet, sollt ihr nicht sagen: ›Wir werden müßig sein und nicht pflanzen‹, sondern so wie ihr das Land betreten habt und dort Bäume gefunden habt, die von anderen gepflanzt worden sind, so sollt ihr auch für eure Nachkommen pflanzen« (Wajikra Rabba 25).

In der Erzählung von Adam und Chawa lesen wir von einem Baum der Weisheit: »Und die Schlange (…) sprach zu der Frau: ›Ja, sollte G’tt gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von den Früchten der Bäume im Garten?‹ Da sprach die Frau zu der Schlange: ›Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten (Eden), aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat uns G’tt gesagt: Esst nicht davon, rührt sie auch nicht an, damit ihr nicht sterbt!‹ Da sprach die Schlange zu der Frau: ›Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern G’tt weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden, und ihr werdet sein wie G’tt und werdet wissen, was gut und böse ist.‹ Da sah die Frau, dass von dem Baum gut zu essen wäre (…), weil er klug machte; und sie nahm von der Frucht und aß und gab auch ihrem Mann davon, und er aß« (1. Buch Mose 3, 1–10).

Was war das für eine Frucht, von der Adam und Chawa aßen? Nach einigen Meinungen handelte es sich um Feigen, nach anderen um Äpfel, nach wieder anderen um Granatäpfel und nach einer vierten Meinung um einen Etrog, einen Paradiesapfel (Midrasch Bereschit Rabba 15,7).

FEIGEN Indem wir an Tu Bischwat unter anderem Feigen essen, zeigen wir unsere besondere Beziehung zu Israel. Denn die Feige gehört zu den sogenannten sieben Arten des Landes, wie wir in der Tora lesen: »Ein Land des Weizens und der Gerste, des Weinstocks, des Feigenbaums und des Granatapfels, ein Land der Olive und des Honigs« (5. Buch Mose 8,8).

Im Talmud lesen wir auch in der Geschichte von Noach in der Arche von Feigen: Noachs Söhne wachten über die Tiere, damit sie sich nicht gegenseitig auffraßen. Noachs Sohn Schem wachte über die Haustiere, Cham über die Vögel und Jafet über die restlichen Tiere. Jedes Tier wurde mit einer anderen Feigensorte gefüttert (Sanhedrin 108b).

Nach anderen Angaben ernährten sich sowohl die Tiere als auch die Menschen in der Arche von getrockneten Feigen (Midrasch Bereschit Rabba 31,14). Hinzu kommt interessanterweise, dass Feigen die ersten Früchte waren, die später im Heiligtum als Zehntelabgabe dargebracht wurden.

So mag es also kein Zufall sein, dass auch das biblische Buch Mischle, die Sprüche König Salomos, die Feige erwähnen: »Wer seinen Feigenbaum pflegt, wird auch dessen Früchte ernten« (27,18).

Talmudisches

Nissan oder Tischri?

Die Rabbiner sind sich uneins darin, ob der 1. Nissan oder der 1. Tischri der wahre Moment der Schöpfung ist

von Vyacheslav Dobrovych  03.05.2024

Acharej Mot

Schau hin!

Die Tora lehrt, dass es uns nicht gleichgültig sein darf, wenn anderen Unrecht geschieht

von Rabbiner Alexander Nachama  03.05.2024

Tora

Lexikon der Tiere

In den fünf Büchern Mose werden viele verschiedene Arten genannt – einige bleiben ein Rätsel

von Chajm Guski  03.05.2024

Chol Ha-Moed

Grund allen Seins

Die 13 Middot, die »Gʼttlichen Eigenschaften«, enthalten universelle Verhaltensnormen für alle Menschen

von Rabbiner Joel Berger  26.04.2024

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 23.04.2024

Korban Pessach

Schon dieses Jahr in Jerusalem?

Immer wieder versuchen Gruppen, das Pessachopfer auf dem Tempelberg darzubringen

von Rabbiner Dovid Gernetz  22.04.2024

Pessach

Kämpferinnen für die Freiheit

Welche Rolle spielten die Frauen beim Auszug aus Ägypten? Eine entscheidende, meint Raschi

von Hadassah Wendl  22.04.2024

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 23.04.2024

Mezora

Die Reinheit zurückerlangen

Die Tora beschreibt, was zu tun ist, wenn Menschen oder Häuser von Aussatz befallen sind

von Rabbinerin Yael Deusel  18.04.2024