Judaistik

Verborgene Schätze

Insgesamt werden im vorliegenden Werk 325 Handschriften sorgfältig beschrieben. Foto: Sefer Verlag

Judaistik

Verborgene Schätze

Eine neue Publikation gibt einen Überblick über hebräische Handschriften in Schweizer Bibliotheken

von Yizhak Ahren  09.05.2019 10:32 Uhr

Mehr als 60 Jahre nach dem Tod von Rabbiner Joseph Prijs (1889–1956) ist jetzt ein umfangreiches, wichtiges und gewichtiges Werk aus seinem Nachlass veröffentlicht worden.

Der Herausgeber, Mosche Prijs, ein Enkel des Autors, erzählt die Entstehungsgeschichte dieses Buches. Sein Großvater, der in München als Gemeinderabbiner und auch als Dozent für Judaistik an der Münchner Universität wirkte, erkannte bereits im Jahr 1933 die Zeichen der Zeit und flüchtete mit seiner Familie in die Schweiz.

Das ursprüngliche Manuskript kommt in digitalisierter Form auf einer dem Buch beigefügten CD.

Von den dortigen Bibliotheken erhielt er den Auftrag, ihre hebräischen Manuskripte zu beschreiben. Diese wissenschaftliche Arbeit rechtfertigte seinen Aufenthalt in der Schweiz. Die lange Dauer des Projekts überraschte die Fremdenpolizei, denn sie hätte den Einwanderer gern ausgewiesen.

Bibliotheken Wie wir der Arbeit von Prijs entnehmen können, befinden sich zahlreiche hebräische Handschriften in der Basler Uni-Bibliothek, in der Zentralbibliothek Zürich, in der Bibliothèque de Genève und in der Burgerbibliothek Bern. Einzelne Handschriften liegen in der Zentralbibliothek Solothurn, im Benediktinerkloster Engelberg, in der Vadiana St. Gallen und in der Stadtbibliothek Schaffhausen.

Insgesamt werden im vorliegenden Werk 325 Handschriften sorgfältig beschrieben. Prijs’ Manuskript musste für den Druck erheblich gekürzt werden. In seinem Vorwort nennt der Herausgeber die Bearbeiter des Textes. Das ursprüngliche Manuskript wird dem interessierten Leser in digitalisierter Form auf einer dem Buch beigefügten CD zur Verfügung gestellt.

In jeder Hinsicht ist Prijs’ Buch beeindruckend. Wer hätte geahnt, dass sich so viele hebräische Handschriften in der Schweiz befinden? Alle Beschreibungen sind mustergültig, die Präzision des Autors ist bewundernswert. Um nur ein Beispiel zu nennen: Prijs unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Quadratschrift. Es gibt eine deutsche, eine französische, eine griechische, eine italienische, eine jemenitische, eine karaitische, eine provenzialische, eine spanische und eine syrische Quadratschrift. Ein Register ermöglicht es, ohne Mühe Beispiele für die verschiedenen Schriftarten zu finden.

Prijs unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Quadratschrift.

Archiv In der Schweiz hat man hebräische Handschriften aus allen Bereichen der Literatur gesammelt. Das vorliegende Buch ermöglicht Forschern den Zugang zu Schätzen, die in Archivräumen gelagert sind. Aus der Fülle des sorgfältig geordneten Materials seien hier nur wenige, beliebig ausgewählte Schriften genannt, die man in der Züricher Bibliothek einsehen kann.

Da finden sich Novellen zum Pentateuch von Rabbiner Jakob Kohen Poppers, der 1740 in Frankfurt am Main gestorben ist. Ebenfalls kann man dort Akten süddeutscher Rabbiner aus dem 16. und 17. Jahrhundert einsehen; unter anderem ein Responsum von Rabbiner Jesaja Horowitz an Rabbiner Götzlin. Und von dem Aufklärer Aharon Wolfsohn (1756–1835) findet sich ein Schauspiel in drei Akten: »R. Chanoch und R. Josefche«. Prijs bemerkte dazu: »Wohl Autograph.«

Judaisten Hervorzuheben ist auch eine Handschrift aus dem Jahr 1840, die sämtliche Bücher der Bibliothek von Rabbiner Isak Arje Wormser (1768–1847) verzeichnet, der als Baal Schem von Michelstadt bekannt ist. Für ein breites Publikum ist die Erfassung der hebräischen Handschriften in der Schweiz nicht bestimmt. Die im Sefer-Verlag erschienene neue Publikation dürfte hauptsächlich Judaisten und Fachhistoriker interessieren.

Joseph Prijs: »Die hebräischen Handschriften in der Schweiz«. Sefer, Basel-Bne Berak 2018, 39 und 432 S., 200 €

Konklave

Kommt der nächste Papst aus Jerusalem?

Wer wird der nächste Papst? Die geheimen Treffen im Vatikan lassen die Welt spekulieren. Als heißer Kandidat wird ein Patriarch aus Jerusalem gehandelt

 30.04.2025

Interview

»Der Dialog mit dem Vatikan ist regelrecht eingeschlafen«

Maram Stern über den künftigen Papst und den stockenden jüdisch-christlichen Dialog

von Tobias Kühn  29.04.2025

Halacha

Kann ein Jude die Beerdigung des Papstes besuchen?

Papst Franziskus wird diesen Samstag, an Schabbat, beerdigt. Observante Juden könnte das vor komplizierte Fragen stellen

von Vyacheslav Dobrovych  25.04.2025

Schemini

Offene Türen

Die Tora lehrt, auch Fremde freundlich zu empfangen

von Rabbiner Bryan Weisz  25.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  28.04.2025 Aktualisiert

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025

Geschichte

Waren wir wirklich in Ägypten?

Lange stritten Historiker darüber, ob die Erzählung vom Exodus wahr sein könnte. Dann kamen die Archäologen

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025