Neulich beim Kiddusch

Spucke am Finger

Am Finger lecken Foto: imago

Im Film About Schmidt gibt es eine Szene, die es leider nicht in den Hauptfilm schaffte, sondern nur im Bonus-Programm der DVD zu finden ist. Jack Nicholson sitzt im Restaurant neben seiner Frau und schaut ihr beim Essen zu. Sie schmatzt entsetzlich. In der Großbildaufnahme sieht man, wie ihre Zähne das Essen zermalmen. Der Restaurantbesuch ist der Beginn ihrer Entfremdung.

Jeder verheiratete Mensch kann mindestens ein Ekel-Moment seines Partners aufzählen. Bei mir war’s das Fingerlecken. Meine Frau hätte mich jedes Mal umbringen können, sobald ich genüsslich meinen Zeigefinger mit Spucke benetzte und die Zeitung umblätterte. Zuerst war ich sehr irritiert. Ich bestritt es sogar. Aber irgendwann legte ich die Gewohnheit ab und versuchte, die Zeitung trocken zu lesen. Mittlerweile kann ich das. Mehr noch: Nun ekle ich mich vor Menschen, die noch nicht so weit entwickelt sind wie ich.

Flashmob Zum Beispiel in der Synagoge. Aber noch schlimmer beim Toravorlesen. Jeder besitzt die gleiche Chumasch-Ausgabe. Es blättert also nicht einer die Seite um, sondern alle Beter gleichzeitig. Und was wird da geleckt! Schrecklich. Es ist als würde ein Flashmob stattfinden: Alle Männer und Frauen stecken zur gleichen Sekunde ihren Finger in den Mund. Mir dreht es den Magen um.

Ich versuche jedes Mal beim zweitletzten Wort auf der Seite die Augen zu schließen. Ich will nicht hinschauen, wenn alle schlecken. Aber manchmal hört sich das Geräusch dadurch noch lauter an. Also Augen auf, Ohren zu? Aber wie sieht denn das aus? Oder Augen und Ohren zu? Ich bitte Sie!

Gewiss, es gibt wichtigere Angelegenheiten. Aber leider verhält es sich wie mit dem kleinen, schwarzen Fleck auf einer weißen Leinwand. Man kann sich noch so gut auf das Weiße konzentrieren, der Fleck bleibt da und geht nicht so schnell weg.

Oh, hätte meine Frau mich doch bloß niemals auf meine dumme Angewohnheit aufmerksam gemacht! Jetzt blättere ich die Seiten von alten Siddurim schon nur noch in der Mitte um, weil da am wenigsten Spucke ist. Und wenn der Vorbeter mit der Tora an uns vorbeischreitet, gucke ich genau zu, wo die anderen Beter die Tora küssen. Dort setze ich meine Lippen freiwillig nicht hin.

Seit ein paar Monaten bleibe ich nach dem Gebet auch nur noch immer seltener zum Kiddusch. Dort gibt es nämlich große Glasschalen, die noch viel, viel häufiger als die Tora berührt werden: salzige Erdnüsse!

Inzwischen denke ich, dass ich langsam ein Problem habe. Kennen Sie einen Spezialisten?

Berlin

Koscher Foodfestival bei Chabad

»Gerade jetzt ist es wichtig, das kulturelle Miteinander zu stärken«, betont Rabbiner Yehuda Teichtal

 18.03.2024

Pekudej

Ort des Gebens

Die Tora lehrt, warum »das jüdische Haus« von so grundlegender Bedeutung ist

von Rabbiner Bryan Weisz  15.03.2024

Talmudisches

Die Eule – Symbol der kommenden Zeit

Was unsere Weisen über den nachtaktiven Vogel lehren

von Chajm Guski  15.03.2024

Kino

So jüdisch ist »Dune«

Das erfolgreiche Science-Fiction-Drama ist voller Referenzen

von Lorenz Hegeler  13.03.2024

Jerusalem

Angehörige israelischer Geiseln hoffen auf päpstliche Hilfe

Papst Franziskus möge sich weiter für ihre Angehörigen einsetzen, schreiben die Familien

 10.03.2024

Mainz

Rabbinerin Elisa Klapheck erhält Marie-Juchacz-Frauenpreis

Gewürdigt wird das Engagement der Chefin der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK)

 08.03.2024

Wajakhel

Gʼttliches Licht

Was die Schöpfung, das tragbare Heiligtum und die Zahl 40 miteinander zu tun haben

von Vyacheslav Dobrovych  07.03.2024

Talmudisches

Jeschajahus Tod

Was unsere Weisen über das Lebensende des Propheten lehren

von Rabbiner Avraham Radbil  07.03.2024

Vegetarismus

Die Tiere werden es uns danken

Das Judentum ist keine fleischlose Religion – die pflanzliche Ernährung aber ein Ideal

von Daniel Neumann  07.03.2024