Urlaub

Sommer, Sonne, Schabbesplatte

Auch beim Schwimmen gibt es Vorschriften. Viele orthodoxe Männer behalten das Oberteil an. Foto: Flash 90

Das Schuljahr in Deutschland ist vorbei, und auch jüdische Familien freuen sich auf einen schönen und erholsamen Urlaub.

Wenn wir uns die jüdische Bibel, den Tanach, anschauen, werden wir nirgendwo finden, dass unsere Vorväter, Propheten und Könige je Ferien machten. Doch die Erholung widerspricht der jüdischen Tradition nicht. Umso mehr, wenn diese Auszeit gesundheitsfördernd ist, denn im Judentum hat unser körperliches Wohlbefinden eine sehr hohe Priorität.
»Koschere« Kuren haben eine lange Tradition.

Schon Ende des 19. Jahrhunderts fuhren viele, auch orthodoxe Juden zu bekannten Kurorten, um sich dort zu erholen. Sehr populär war vor dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel der Kurort Marienbad im heutigen Tschechien. Dorthin kamen sogar große chassidische Rebbes und bekannte »litvische« Rabbonim, wovon viele Fotos zeugen. Und da es damals eine große Nachfrage nach »koscherer« Erholung gab, entwickelte sich entsprechend auch eine dichte Infrastruktur für die religiösen Gäste.

Auch in Europa gibt es mehrere koschere Hotels, vor allem in Österreich und der Schweiz.

Vergleichbare Angebote kann man heute vor allem in Israel oder in Amerika finden. Die Reisen dorthin sind für viele, besonders kinderreiche Familien jedoch zu aufwendig. Auch in Europa gibt es mehrere koschere Hotels, vor allem in Österreich und der Schweiz. Dort ist an alles gedacht, was sich eine traditionelle Familie nur wünschen kann: sehr hoher Standard des überprüften Essens, Möglichkeiten zum Beten und zum Toralernen, Kinderbetreuung und vieles mehr. Jedoch können sich einen solchen Urlaub nur ganz wenige Familien überhaupt leisten.

Deshalb bleibt für viele traditionelle Familien aus Deutschland, sich den Urlaub selbst zu organisieren. Und das kann sehr anspruchsvoll sein, wenn man auf der Sommerodyssee seine jüdischen Werte nicht über Bord werfen möchte.

Zeitraum für die gemeinsame Reise festlegen

Das Erste, womit die Urlaubsplanung beginnt, ist der Zeitraum für die gemeinsame Reise. Denn eine jüdische Familie berücksichtigt nicht nur die Schulferien, sondern auch die jüdischen Feier- und Trauertage. Und gerade im Sommer sollte eine Familienreise idealerweise erst nach den »drei Trauerwochen« unternommen werden, in denen wir uns gerade befinden. Besonders vom 1. bis 9. des jüdischen Monats Aw sind die Trauervorschriften für die zerstörten Tempel so intensiv, dass keine fröhliche und unbeschwerte Erholung möglich ist.

Wenn das Datum des Urlaubs feststeht, kann man sich auf die Suche nach einem passenden Ort für die Erholung machen. Dabei ist das Hauptkriterium bei vielen nicht nur die Nähe zum Strand, sondern vor allem zum nächsten Supermarkt mit Möglichkeiten zur koscheren Verpflegung. Um sich nicht den ganzen Urlaub nur von mitgebrachten Keksen zu ernähren, ist es unvermeidbar, eine eigene Küche zu haben. Deshalb wird es wohl kein Hotel werden, sondern eher eine Ferienwohnung oder ein Bungalow.

Ist die passende Unterkunft gefunden, kann die Vorfreude steigen. Jedoch sind damit die To-dos vor dem richtig »jüdischen Urlaub« noch nicht abgehakt. Fährt die Familie zum Ferienort mit dem Auto, so sollte der Wagen unbedingt vorher in die Werkstatt, um durchgecheckt zu werden. Damit erfüllt man das Toragebot »Hütet eure Seelen« – der Schutz des Lebens hat im Judentum hohe Priorität. Egal ob auf der deutschen Autobahn oder auf den Serpentinen einer Steilküste: Achtsames Fahren und Anschnallen ist nicht nur vernünftig und gesetzeskonform, sondern auch sehr »koscher«.

Koffer packen

Wenn die Zeit für die Reise kommt und die Koffer gepackt werden, wird es richtig herausfordernd. Viel Platz werden koschere Lebensmittel einnehmen, die in einem lokalen Supermarkt nicht zu erwerben sind. Doch heutzutage kann man dieses Problem elegant lösen: Dank der verschiedenen Online-Koscher-Shops kann man sich zum Beispiel Fleisch und Wein zum Urlaubsort liefern lassen. Besonders für Familien, die ohne Auto reisen, ist das sehr hilfreich.

Doch nicht nur an materielle Bedürfnisse sollen jüdische Reisende denken. Auch Gebetbücher, Tallit und Tefillin und andere rituelle Gegenstände wandern ins Gepäck.

Ich packe meinen Koffer und nehme mit: Tallit und Tefillin, Kerzen und koschere Lebensmittel.

Häufig geht der Sommerurlaub länger als eine Woche, und das bedeutet, dass mindestens ein Schabbat in »freier Wildbahn« gefeiert wird. Man möchte den siebten Tag genauso schön wie zu Hause begehen, und mit guter Vorausplanung ist dies auch möglich, selbst wenn in den meisten Fällen keine Synagoge und kein Minjan für das Beten in der Nähe vorhanden sind. Dabei ist an einiges zu denken: Kerzen und Streichhölzer zum Zünden am Freitagabend, eine Schabbesplatte, um Essen warm zu halten, Schabbat-Wasserkocher für Tee, Brettspiele für die ganze Familie, schöne Kleidung. Spezielle Gerichte wie Challot und Tscholent brauchen entsprechende Zutaten und Utensilien.

Am Schabbat dürfen wir keine Elektrik an- oder ausschalten. Das beinhaltet auch elektrische Schlösser an den Türen, deshalb sollte man schon während der Woche überlegen, wie man dieses Problem umgeht, um nicht die ganze Zeit im Hotelzimmer oder der Ferienwohnung eingesperrt zu bleiben.

So kann man das wohl Schönste am Schabbat im Urlaub genießen: lange Spaziergänge in der Ruhe der Natur oder auf der Strandpromenade. Die Auszeit mit der Familie sollten wir nutzen, um uns miteinander zu unterhalten und ausgelassen zu spielen. Mit ein wenig Kreativität und Erfahrung kann man sicherlich alle Herausforderungen umschiffen, sich erholen, den Kindern viel Freude bereiten und dabei auch sein Judentum voll ausleben.

Der Autor ist Militärrabbiner und betreut die Jüdische Gemeinde in Halle.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Balak

Stärke in Zeiten der Entscheidung

Wie eine uralte Prophezeiung Israels Wesen prägt

von Yonatan Amrani  11.07.2025

17. Tamus

Das ist erst der Anfang

Nun beginnt die jährliche Trauerzeit. Sie soll auf Größeres vorbereiten

von Rabbiner Raphael Evers  11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Talmudisches

Eifersucht: Das bittere Wasser

Unsere Weisen und ein altes Ritual

von Chajm Guski  10.07.2025

Nahost

»Öl ins Feuer des anwachsenden Antisemitismus«

Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt wirft der evangelischen Kirche moralisches Versagen vor und kritisiert eine Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »dämonisiert« werde

 05.07.2025

Chukat

Ein Tier, das Reinheit schafft

Wir können die Mizwa der Roten Kuh nicht verstehen – aber ihre Bedeutung erahnen

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  04.07.2025

Talmudisches

Die weibliche Idee hinter König David

Was Kabbalisten über Eschet Chajil, die tüchtige Frau, lehren

von Vyacheslav Dobrovych  04.07.2025