Brauch

Sieben Arten von Früchten

Datteln, Feigen, Nüsse: wichtige Bestandteile eines Tu-Bischwat-Seders Foto: Thinkstock

Tu Bischwat gilt in unserer jüdischen Tradition eher als kleines Fest. Die Überlieferung kennt vier Jahresanfänge: den 1. Nissan (Rosch Haschana für Könige), den 1. Elul (für die Zehntabgabe), den 1. Tischri (Rosch Haschana für uns Menschen) und den 15. Schwat (das Neujahr der Bäume). Die Zeit um den 15. Schwat ist in Israel eine ganz besondere: Wenn wir Europäer uns noch mitten im Winter befinden, geht die Regenzeit in Israel ihrem Ende entgegen, und das Land blüht sprichwörtlich auf.

Also werden in dieser Jahreszeit Bäume gepflanzt. Da wir diesen Brauch in der Diaspora im Januar nicht nachahmen können, unsere Verbundenheit mit Israel aber bekräftigen wollen, haben wir die Möglichkeit, stattdessen Geld zu spenden, damit in Israel Bäume gepflanzt werden. Viele Juden aus der ganzen Welt nutzen Tu Bischwat als Fest, an dem sie für den Jüdischen Nationalfonds (KKL) spenden, eine Organisation, die sich der Wiederaufforstung und Pflege von Israels Wäldern widmet.

Gerste Unsere besondere Beziehung zu Israel zeigen wir aber auch, indem wir einen Tu-Bischwat-Seder feiern und von den sieben Arten essen, so wie sie in der Tora beschrieben werden: »Ein Land des Weizens und der Gerste, des Weinstocks, des Feigenbaums und des Granatapfels, ein Land der Olive und des Honigs« (5. Buch Mose 8,8).

Die Tradition, nach dem Vorbild des Pessachseders auch einen Seder zu Tu Bischwat zu feiern, kennen wir aus Safed im Norden Israels. Kabbalisten haben dort im 16. Jahrhundert diesen Seder erstmals gefeiert. Es gilt wie an Pessach, die Zusammengehörigkeit der Kinder Israels mit dem Land Israel zu verbinden. Es gibt auch »Tu-Bischwat-Haggadot«, die durch den Abend führen.

Der Tu-Bischwat-Seder hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen. Als Gemeindeveranstaltung ist er vielseitig; oft ist er in der heutigen Zeit auch mit einer ökologischen Botschaft verbunden. Nach dem Vorbild des Pessachfestes werden die Teilnehmer angehalten, Teile aus der Tora und der rabbinischen Literatur zu lesen und dazu Früchte und Nüsse zu essen, die traditionell mit dem Land Israel verbunden sind.

Datteln Und so sieht, kurz gefasst, dieser Seder aus heutiger Tra­dition aus: Auf einem Tisch werden mehrere Teller aufgestellt, auf denen zum Beispiel Orangen, Granatäpfel, Bananen, Oliven, Datteln, Trauben, Äpfel, Birnen, Beeren und viele andere Früchte liegen – am besten Früchte, die man dieses Jahr noch nicht gegessen hat, um den Segensspruch »Schehechejanu« zu sagen: »Gelobt seist Du, unser G’tt, König der Welt, der Du uns am Leben erhalten und uns diese Zeit hast erreichen lassen«.

Dazu werden Rot- und Weißwein bereitgestellt, die einzeln, aber auch gemischt getrunken werden, um die Jahreszeiten zu symbolisieren – vier Becher Wein insgesamt. Zu jeder Art von Früchten werden Segenssprüche rezitiert und Lieder gesungen.
Die frühen Zionisten sahen in Tu Bischwat eine ideale Gelegenheit, um die Bepflanzung von Eretz Israel voranzutreiben.

Dieses Vorhaben war als Symbol für das er­neute Wachstum und die Blüte des jüdischen Volkes wichtig, das in das Heimatland seiner Vorfahren zurückgekehrt war. Tu Bischwat soll durch die Vermittlung jüdischer Quellen das Bewusstsein für und die Sorge um die Umwelt schärfen. Ein weiterer Brauch, der auf die Umweltsensibilität der jüdischen Tradition hinweist, ist es, überall dort Bäume zu pflanzen, wo Juden leben.

Geschichte

Wer war Kyros der Große?

Manche behaupten, Donald Trump sei wie der persische Herrscher, der den Juden die Rückkehr nach Jerusalem erlaubte. Was hinter dem Vergleich steckt

von Rabbiner Raphael Evers  30.10.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 29.10.2025

Vatikan

Papst bedauert Krise im Dialog mit Juden - verurteilt Antisemitismus

Seit Jahren ist der Dialog des Vatikans mit dem Judentum belastet. Nun hat Leo XIV. versucht, die Dinge klarzustellen - mit einem Bekenntnis zum Dialog und gegen den Antisemitismus

von Ludwig Ring-Eifel  29.10.2025

Schwielowsee

Shlomo Afanasev ist erster orthodoxer Militärrabbiner für Berlin und Brandenburg

Militärrabbiner gibt es bereits in Deutschland. Nun steigt der erste orthodoxe Rabbiner bei der Bundeswehr in Brandenburg ein

 29.10.2025

Rom

Eklat durch NS-Vergleich bei interreligiösem Kongress

Der Dialog zwischen katholischer Kirche und Judentum ist heikel. Wie schwierig das Gespräch sein kann, wurde jetzt bei einem Kongress in Rom schlagartig deutlich. Jüdische Vertreter sprachen von einem Tiefpunkt

von Ludwig Ring-Eifel  27.10.2025

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025

Schöpfung

Glauben Juden an Dinosaurier?

Der Fund der ersten Urzeitskelette stellte auch jüdische Gelehrte vor Fragen. Doch sie fanden Lösungen, das Alter der Knochen mit der Zeitrechnung der Tora zu vereinen

von Rabbiner Dovid Gernetz  23.10.2025

Noach

Ein neuer Garten Eden

Nach der Flut beginnt das Pflanzen: Wie Noachs Garten zum Symbol für Hoffnung und Verantwortung wurde

von Isaac Cowhey  23.10.2025

Rabbiner Noam Hertig aus Zürich

Diaspora

Es geht nur zusammen

Wie wir den inneren Frieden der jüdischen Gemeinschaft bewahren können – über alle Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten hinweg

von Rabbiner Noam Hertig  23.10.2025