Das Schmährelief an der Zerbster Kirchenruine St. Nicolai wird am 1. Juni durch ein Gegendenkmal ergänzt. Die Kirchengemeinde wolle so der judenfeindlichen Hassbotschaft der mittelalterlichen Plastik eine Botschaft der Toleranz und der Versöhnung entgegensetzen, teilte die Evangelische Landeskirche Anhalts am Mittwoch in Dessau-Roßlau mit.
Unterhalb der sogenannten »Judensau« an einem der Strebepfeiler im Kirchenschiff wird eine 125 Zentimeter hohe Stele des 1952 in Dessau geborenen Künstlers Hans-Joachim Prager platziert. Das Kunstwerk ist als Lesepult gestaltet und nimmt damit auf das Lesepult in jüdischen Synagogen Bezug. Die Stele mit dem Titel »Reflexion« ist der Gewinnerentwurf eines Gestaltungswettbewerbs, der Anfang des Jahres von der Zerbster Kirchengemeinde St. Nicolai und St. Trinitatis ausgeschrieben worden war. Insgesamt zehn Künstler hatten Vorschläge eingereicht.
Mahnende Stätte Die judenfeindliche Skulptur aus dem Mittelalter gehöre mit ihrer menschenverachtenden Aussage zum kirchlichen Erbe, sagte Pfarrer Lutz-Michael Sylvester: »Das müssen wir annehmen und damit angemessen umgehen.« Die Schmähplastik solle mithilfe des Gegendenkmals zu einer mahnenden Stätte werden und eine Anfang 2022 aufgehängte Informationstafel ergänzen. Auch der Gemeindekirchenrat will das Relief laut dem Ratsvorsitzenden Mario Gabler als Mahnung und Erinnerung an begangenes Unrecht erhalten.
Die Plastik wurde um das Jahr 1450 in einen Pfeiler der Zerbster Kirche St. Nicolai eingearbeitet. Sie zeigt ein Schwein, an dessen Zitzen Menschen saugen, die Juden darstellen sollen. epd