Talmudisches

Rabbi Broka und die Spaßmacher

Junge Israelis bei einer Purim-Straßenparty in Jerusalem (2018) Foto: Flash 90

Talmudisches

Rabbi Broka und die Spaßmacher

Wer für die künftige Welt bestimmt ist

von Noemi Berger  14.12.2018 08:14 Uhr

Im Talmudtraktat Ta’anit 22a begegnen wir Rabbi Broka, einem frommen Mann, der öfters von dem Propheten Elijahu besucht wurde. Eines Tages gingen die beiden gemeinsam über den Marktplatz der Stadt, in der Rabbi Broka lebte. Rabbi Broka war beeindruckt von dem geschäftigen Treiben und dem Getümmel auf dem Markt. Er wandte sich an Elijahu und fragte ihn, ob einer dieser Menschen wohl dafür ausersehen sei, je die zukünftige Welt zu betreten.

Elijahu, dem die Geheimnisse des Jenseits offenbart wurden, durchsuchte den großen Marktplatz mit seinen Augen und schüttelte dann den Kopf. Nein, niemand auf dem Markt sei dafür bestimmt.

AUFGEREGT Als sie weitergingen, entdeckte Elijahu plötzlich zwei Männer und zeigte auf sie. »Siehst du die beiden dort? Für sie ist die zukünftige Welt bestimmt«, sagte er zu Rabbi Broka.

Ganz aufgeregt lief Rabbi Broka auf die beiden zu. Er wollte wissen, warum gerade sie es verdienten, unter den Glücklichen zu sein, die dazu bestimmt waren, ins Jenseits aufgenommen zu werden.

Er hielt sie mitten auf dem Marktplatz an und fragte sie, wer sie seien und was sie tun. Sie antworteten: »Wir sind Spaßmacher, Clowns.«

Vielen ist nicht bewusst, dass Freude ein wesentlicher Bestandteil des Judentums ist.

Rabbi Broka war verwirrt und fragte sich, warum von all den vielen Menschen gerade die beiden Spaßmacher dafür bestimmt waren, in die zukünftige Welt aufgenommen zu werden.

Doch als sie dem Rabbi erklärten, womit sie ihre Zeit verbrachten, wurde ihm alles klar. Sie sagten: »Wann immer wir jemanden sehen, der traurig oder betrübt ist, nähern wir uns ihm und versuchen, ihn zum Lachen zu bringen. Und wann immer wir zwei Leute sehen, die wütend aufeinander sind und streiten, gehen wir hin, scherzen und versuchen, sie miteinander zu versöhnen, ihre Stimmung aufzuhellen und wieder Frohsinn zwischen ihnen zu verbreiten.«

Als der Rabbi dies vernahm, ergriff ihn Ehrfurcht.

FREUDE Lachen kann Menschen Ansporn und Auftrieb geben. So wie diese Spaßmacher darauf hinwiesen, kann uns manchmal ein Lachen aus der Trauer oder aus der Wut heraus- und zur Freude hinführen.

Vielen ist nicht bewusst, dass Freude ein wesentlicher Bestandteil des Judentums ist. In der Tat, die Fähigkeit zur Freude ist eine jener Middot, Maßstäbe, die wir in unserem Leben wahrnehmen sollten. Auf Hebräisch kennen wir diesen Begriff der Freude als Simcha.

Gemäß unserer Tradition möchte G’tt, dass wir verantwortlich und moralisch handeln – aber gleichzeitig möchte Er auch, dass wir glücklich sind. Diese Aufträge mögen manchmal widersprüchlich erscheinen, aber sie können einander auch ergänzen. Wenn wir unserer Verantwortung nachkommen und Gutes tun, dann können wir eine große Freude und Glücksgefühle erleben, als G’ttes Partner in der Schöpfung Seiner Welt. Jeder von uns sollte alles tun, was möglich ist, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, aber wir dürfen nicht zulassen, dass die Zerrissenheit der Welt unseren Geist bricht.

Gemäß unserer Tradition möchte G’tt, dass wir verantwortlich und moralisch handeln.

Wie die zwei Spaßmacher uns lehren, kann Fröhlichkeit eine wichtige Rolle spielen bei der Suche nach einer Perspektive, die uns hilft, unseren Geist aufzurichten und zum Glück zurückzufinden.

PLAN Die Liebe, die Wunder der Natur, die Musik, der Tanz und die Gesellschaft guter Freunde können für alle ein Teil des Weges hin zur Freude sein. Unsere Tradition sagt uns, dass wir fröhlich sein sollen – wohl wissend, dass ein gütiger G’tt uns mit Seiner Liebe und nach Seinem Plan erschaffen hat.

Was ist eine bessere Quelle der Freude, als zu wissen: Jeder von uns wurde zu einem bestimmten Zweck erschaffen und wird von unserem Schöpfer geliebt.

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 26.08.2025 Aktualisiert

Re'eh

Freude, die verbindet

Die Tora zeigt am Beispiel der Feiertage, wie die Gemeinsamkeit gestärkt werden kann

von Vyacheslav Dobrovych  22.08.2025

Elul

Der erste Ton des Schofars

Zwischen Alltag und Heiligkeit: Der letzte Monat vor dem Neujahr lädt uns ein, das Wunderhafte im Gewöhnlichen zu entdecken

von Rabbiner Raphael Evers  22.08.2025

Talmudisches

Positiv auf andere schauen

Was unsere Weisen über den Schutz vor bösem Gerede und die Kraft positiver Gedanken lehren

von Diana Kaplan  21.08.2025

Naturphänomene

Entzauberung des Gewitters

Blitz und Donnergrollen wurden lange als Zorn der Götter gedeutet. Doch die Tora beendete diesen Mythos

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  21.08.2025

Fulda

Vor 80 Jahren - Schuldbekenntnis der Bischöfe nach dem Krieg

Sie stand im Zenit ihres Ansehens. Nach Kriegsende galt die katholische Kirche in Deutschland als moralische Macht. Vor 80 Jahren formulierten die Bischöfe ein Schuldbekenntnis, das Raum für Interpretationen ließ

von Christoph Arens  18.08.2025

Ekew

Nach dem Essen

Wie uns das Tischgebet lehrt, bewusster und hoffnungsvoller durchs Leben zu gehen

von Avi Frenkel  15.08.2025

Talmudisches

Granatapfel

Was unsere Weisen über das Sinnbild der Fülle lehren

von Chajm Guski  15.08.2025

Geschichte

Quellen des Humanismus

Wie das Gʼttesbild der jüdischen Mystik die Renaissance beeinflusste

von Vyacheslav Dobrovych  14.08.2025