Talmudisches

Milch und Honig

»Eretz sawat Chalaw uDewasch« – »ein Land, in dem Milch und Honig fließen« (2. Buch Mose 3,8) Foto: Getty Images/iStockphoto

Talmudisches

Milch und Honig

Warum es Brauch ist, an Schawuot Milchprodukte und Honig zu essen

von Noemi Berger  25.05.2023 09:25 Uhr

Das Heilige Land, das der Herr Seinem Volk verheißen hat, wird in der Tora auf verschiedene Weise gepriesen. Eine der bekanntesten Redewendungen ist »Eretz sawat Chalaw uDewasch« – »ein Land, in dem Milch und Honig fließen« (2. Buch Mose 3,8). Damit soll betont werden, wie fruchtbar Israel ist.

Mosche hat Männer nach Kanaan geschickt, um das Land auszukundschaften. Als sie zurückkehren, berichten sie: »Wir kamen in das Land, in das du uns geschickt hast. Es ist wirklich ein Land, in dem Milch und Honig fließen« (3. Buch Mose 13,23).

Der mittelalterliche Kommentator Raschi beruft sich auf das talmudische Traktat Berachot (41b) und stellt fest, dass sämtliche Ausdrücke von »Dewasch« in der Tora den Dattelhonig meinen. Andere hingegen sehen Dewasch als Dattel- oder Bienenhonig. In der rabbinischen Literatur allerdings ist Dewasch immer Bienenhonig. Bei der Milch handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Ziegen- oder Kuhmilch.

BIENEN Es gibt andere Stellen im Tanach, wo sich Dewasch eindeutig auf Bienen­honig bezieht. Im Buch der Richter zum Beispiel löst Schimschon Dewasch, Honig, aus einem Bienenstock mit den Händen heraus und isst ihn (14,8).

In der Tat ist Bienenhonig in unserem jüdischen Ritualleben bekannt und beliebt. Neben dem Brauch, an Rosch Haschana Challa und Apfel in Honig zu tauchen, gibt es auch den Brauch, an Schawuot Honig zu essen (Kitzur Schulchan Aruch 103,7), da die Tora mit Dewasch verglichen wird (Schir Haschirim 4,11). Und es gibt die Tradition, dass ein kleiner Junge die mit Honig bedeckten Buchstaben ableckt, bevor er das Alefbet lernt, eine Handlung, die die Hoffnung zum Ausdruck bringt, das Toralernen möge für ihn süß sein.

KASCHRUT Die Zulässigkeit des Verzehrs von Bienenhonig scheint im Widerspruch zu einem allgemeinen Grundsatz der Kaschrut zu stehen: Das Produkt eines nicht koscheren Tieres ist üblicherweise nicht koscher. So sind zum Beispiel Kamelmilch, Straußeneier und die Rogen des Störs nicht koscher. Bienenhonig hingegen ist koscher.

Der Talmud (Bechorot 7b) nennt dafür zwei mögliche Gründe: Entweder liegt dies an einem biblischen Dekret, das sich auf das 3. Buch Mose (11,21) stützt und Honig von der allgemeinen Regel ausnimmt, oder es liegt daran, dass die Biene nicht wirklich Honig herstellt, so wie ein Kamel Milch produziert.

Damit etwas in der Halacha als tierisches Produkt gilt, muss es im Tier selbst produziert werden. Im Talmud heißt es, dass Honig nicht von der Biene »produziert« wird, sondern einfach Nektar ist, der von Pflanzen aufgesogen und in den Bienenstock abgegeben wird, um als Nahrung für den Winter gelagert zu werden. Diese talmudische Analyse deckt sich in der Tat mit der heutigen Wissenschaft. Der Schulchan Aruch (Jore Dea 81,8) entscheidet, dass Bienenhonig koscher ist.

Im Talmud (Ketubot 112a) heißt es, dass »Eretz sawat Chalaw uDewasch« uns nicht nur lehrt, welche Früchte im Land heimisch sind, sondern wir lernen auch etwas über die Qualität der Früchte. Dem Talmud zufolge bedeutet der biblische Satz: »Ein Land mit Früchten so fett wie Milch und so süß wie Honig.«

ZIEGEN In einer anderen talmudischen Geschichte lesen wir von einem Gelehrten, der nach Bnei Brak reiste und dort Ziegen unter Feigenbäumen grasen sah (Ketubot 111b). Der Feigenhonig tropfte von den Bäumen, während die Milch von den Ziegen tropfte, und die beiden Speisen vermischten sich. Als er dies bemerkte, verkündete er, dies sei das »Eretz sawat Chalaw uDewasch«.

Ob Bienen- oder Dattelhonig, Kuh- oder Ziegenmilch, die Tora lobt das Land für seine Fruchtbarkeit, wenn die Israeliten dort wohnen werden. »Eretz Chalaw uDewasch« bezieht sich auf tierische Produkte und Pflanzen, auf Hirten und Bauern. Die Bilder, die »sawat Chalaw uDewasch« heraufbeschwören, dienten nicht nur dazu, das Volk Israel vor seiner Ankunft von der Qualität des Gelobten Landes zu überzeugen, sondern sie spiegeln auch die Ergiebigkeit des Landes wider.

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